Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
Vom Netzwerk:
zufrieden. Spielte er ihm bloß was vor? »Dann hab ich euch wenigstens nicht nur zu einem Sonnentag auf Staatskosten verholfen.«
    »Passt schon«, wiegelte Birne ab. Er saß seinem Chef gegenüber und musterte ihn genau. Sein Auge schien blau und mächtig.
    »Wie gefällt es dir bis jetzt bei der Polizei?«
    Birne hatte Angst vor einer Fangfrage, dass er sich mit einer falschen Antwort um diesen Job brachte, den er, ehrlich gesagt, nicht als das Schlechteste empfand, was ihm bisher passiert war im Leben, das ihn, wenn er auch das ehrlich zugab, nicht ausschließlich mit Scheiße beworfen hatte.
    »Alles noch ein bisschen ungewohnt. Oder?«, unterbrach Trimalchio Birnes Erwägungen.
    »Ja, kann man so sagen.«
    »Ich denk oft an mich, wenn ich dich so seh , so unsicher und doch so instinktiv richtig, wenn du verstehst, was ich meine. Hast du die Bullen«, Trimalchio machte Anführungszeichen in der Luft, »früher, als junger Mensch, ebenso wie ich verachtet? Dir gedacht, dass du nie so einer werden willst, so ein Spießer und Stiefel des korrupten Staats?«
    »Ja, schon.«
    »Und jetzt erlebst du uns als Menschen mit Leichen im Keller, die gelegentlich mal einen über den Durst trinken.«
    »Sozusagen.«
    »Weißt du, was mich zum echten Bullen«, wieder Anführungszeichen, »gemacht hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du willst es nicht wissen.«
    »Doch, schon.«
    Trimalchio saugte demonstrativ viel Luft in seine Lungen, ließ ein bisschen davon ausströmen und zögerte dann noch einen Moment mit der Antwort: »Als ich meinen Ersten umgelegt habe.«
    »Nicht wahr?«
    »Doch.« Pause. »Das war damals eine eigenartige Geschichte, ich habe psychologische Unterstützung bekommen. Passt aber alles wieder.«
    »Gott sei Dank.«
    »Ich hatt einen Kameraden.« Trimalchio summte die ersten fünf Takte des gleichnamigen Liedes.
    Birne fand das übertrieben, er hatte verstanden, dass die Geschichte verarbeitet war, dass sie als Anekdote erzählt werden konnte, er brauchte dazu kein Lied, das offenbarte ihm nicht, ob ihn das Folgende interessieren würde.
    »Wir kannten uns von der Schule – von der Polizeischule – und surften auf derselben Welle, hatten dieselben Interessen, waren hoch motiviert und hatten praktisch ununterbrochen gebrochene Herzen auf dem Gewissen.« Süffisantes Grinsen. »Wir waren gemeinsam auf Streife und hinterher auf Tour, nichts konnte uns trennen, nicht einmal, als wir uns zufällig in dieselbe verliebten. Großzügig überließen wir sie dem anderen und am Ende stand sie allein da. Sie hatte versucht, uns beide zu besitzen, und sich dabei verrannt. Sie tröstete sich mit einem Ausländer.«
    Birne merkte auf.
    »Einem Ausländer, der seine Hände in einer keimenden Mafiazelle hatte. Tatsächlich hatten wir die Dame in einer Kneipe aufgelesen, in die uns ein dienstlicher Besuch in Sachen Drogenschnüffelhund geführt hatte. Wir waren wenig erfolgreich, merkten uns aber den Laden – heute gibt es ihn nicht mehr, heute ist da was Fades drin – für einen nächtlichen Ausflug. Wir hatten ja auch Erfolg, die Dame – sie war schön, eine erschreckend schöne Frau – machte uns beide verrückt und weckte in uns beiden die Hoffnung, sie aus diesem Loch, in das sie gerade unglücklich gefallen war, wieder herausziehen zu können. Aber wenn zwei Jäger aktiv sind, passiert es leicht, dass das Häschen wieder in der Grube landet. Dir brauch ich das nicht zu erzählen. Ihr nächster Herr war ein Dicker mit einer gebrochenen Nase und einer polierten Glatze. Der fühlte sich mächtig. Der meinte, der könnte die Polizisten, die ihre Finger schon mal an seiner Lady hatten, aufmischen und sich so nicht nur Respekt beim Fräulein verschaffen, sondern auch ein bisschen freie Hand bei den Geschäften. Wir waren eine Nacht lang unterwegs, wir hatten unsere Wege, der letzte führte uns in eine Disco mit einem Publikum, das eigentlich zu jung war für uns; das störte uns wenig, wir wollten nur noch ein Bier, dann vielleicht auf die Straße kotzen und danach so schnell wie möglich in unsere Betten. Mehr nicht. Nichts aufreißen, reiner Männerabend, auch mal nicht schlecht. Und dann waren wir draußen an der frischen Luft und ein paar Meter gegangen, wir gewöhnten uns an das neue Element, da traf mich – ja, ich glaube, mich traf es als Ersten – ein Schlag von hinten auf den Kopf. Das war nicht nur eine Männerfaust damals, da steckte was dran, ein Schlagring, irgendwas Fieses. Ich ging in die Knie, verlor

Weitere Kostenlose Bücher