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Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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ich mit den anderen gemacht habe?« Er fuhr mit dem Finger langsam an seinem Hals entlang. In jeder anderen Situation hätte Birne ihn sofort ausgelacht. »Ich fick euch und wenn ihr mich langweilt, dann …«, wieder fuhr er sich mit der Hand am Hals entlang. Peinlich bescheuert. »Es ist wie ein Fluch, ich bin hier in einer Parallelwelt, weit weg von den Menschen, ab und zu hol ich mir einen, doch keiner kommt freiwillig und keiner ist jemals zurückgekehrt.«
    »Wie beim Teufel«, fiel Birne dazu ein.
    »Ja, wie beim Teufel«, stimmte der Entführer zu, schmunzelte dabei, weil ihm der Vergleich gefiel und seine Stimmung hob. Er stand auf, ging zum Gasherd, nahm einen dort hängenden hellblauen Lappen und entfernte die Essensreste von der Hand. Nina beobachtete ihn dabei stumm und mit Angst im Blick. »Wollt ihr jetzt was?«
    »Gern«, sagte Birne. Nina hasste ihn dafür.
    Der Mann setzte sich und fütterte Birne mit Tortellini. Langsam, ließ ihm Zeit zu kauen und zwischendurch eine Frage zu stellen: »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Ben. Nenn mich Ben.«
    »Ich bin Birne.«
    »Nur Birne?«
    »Einfach Birne.«
    »Also gut.«
    »Willst du auch was?«, fragte Birne. Nina schüttelte nur entsetzt den Kopf.
    Ben erklärte: »Da musst du dir nichts denken. Die sind am Anfang immer so, die Frauen, meinen, sie kommen bald wieder frei, schließlich ist das Deutschland und die Polizei auf Zack. Dann essen sie nichts, aber morgen, spätestens übermorgen, hat sie sich mit der Lage abgefunden, dann will sie was.«
    »Ich esse doch auch.«
    »Du bist ein Mann, einen Mann habe ich noch nie gehabt, das kann ich nicht beurteilen.«
    Verständlich, dass Nina das unheimlich war, das Dümmste, was jetzt noch passieren konnte, war, dass Birne sich mit dem Irren solidarisierte und sie dann zwei Peiniger hatte, die dann weiß der Teufel – schon wieder der Teufel – was mit ihr anstellten.
    »Wie viele hast du denn entführt?«
    »Mal überlegen«, murmelte Ben. »Ewig mach ich das ja noch nicht. Es gab da mal, nennen wir es – einen Arbeitsunfall, seitdem bin ich daheim und dann habe ich angefangen. – Sagen wir 17.«
    »17?«
    »Ungefähr. Müsst ich jetzt richtig überlegen.«
    »Und alle hier?«
    »Nein, niemals, die brächte ich hier nicht unter. Ich hab ein Haus in einer Siedlung mit großem Keller.« Er lachte.
    »Wo?«
    Er lachte erneut. »Das möchtest du gern wissen.«
    Birne bemühte sich, die gute Laune auszukosten. »Sind alle anderen 17 tot?«
    Ben wurde ernst: »Was willst du von mir?«
    »Nichts. Reden.«
    »Pass auf, dann rede ich jetzt mit dir: Vergiss die Polizei, die wird euch nicht helfen, ich kenn die von allen Seiten, die sind nur an dir interessiert, wenn sie Geld holen können und wenn du kein Geld mitbringst, dann vergiss die Polizei.«
    Birne fand, dass das Quatsch war und erwiderte: »Warte ab, warte ab.«
    »Einen Scheißdreck. Willst du mir drohen.« Ben war zornig, nahm den fast leeren Blechtopf und schlug ihn mit großer Gewalt auf Birnes Kopf. Es wurde dunkel um ihn.

     

     

8. Scheißpuff
    »Gut, dass Sie kommen. Ich wollte mich schon an Sie wenden.«
    Sie befanden sich in einem schmucklosen Büro, das aufgeräumt war. Ein dicker, kleiner Mann mit einer großen runden Nase und kleinen Augen schaute zu ihnen herüber. Er trug eine Goldkette und ein buntes Hemd, unter dessen beiden obersten, nicht geschlossenen Knöpfen, schwarzes Brusthaar hervorquoll. Das Haupthaar hatte er im Laufe der 50 Jahre, die er unter der Sonne unterwegs war, zum Großteil verloren. Er entsprach ziemlich genau Tanjas Vorstellungen von einem Bordellbetreiber. Hätte man behauptet, dass er ein, zwei krumme Sachen am Laufen habe, sie hätte es sofort geglaubt. Jetzt behauptete er, sie erwartet zu haben. Die Polizei. Wieso?
    »Es gab gestern Auseinandersetzungen in unserem Lokal, ich kann nicht genau sagen, worum es ging. Auf jeden Fall wurde ein Angestellter von mir tätlich angegangen, ein Auto entwendet und eine unserer Angestellten ist verschwunden. Ich will nicht ausschließen, dass sie entführt wurde.«
    »Wieso haben Sie nicht gleich die Polizei verständigt?«
    »Weil ich, wenn ich ehrlich bin, nicht allzu viel davon erwarte. Sie wissen, in welchem Ruf wir bei Ihnen stehen – völlig zu Unrecht natürlich.«
    »Lassen wir das mal beiseite. Wär’s möglich, dass wir mit dem betroffenen Angestellten reden?«
    »Schlecht. Er ist nicht im Haus, ihn hat das gestern mitgenommen, er wollte sich einen Tag ausruhen.

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