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Alraunes Todeskuß

Alraunes Todeskuß

Titel: Alraunes Todeskuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Zeit.
    Der Mann ahnte nichts. Er hatte seinen Wagen leergeräumt und würde wieder zu seiner Firma fahren, wo er erneut Ladung aufnahm. Die nächste Tour würde ihn in den Londoner Norden bringen, wo sein Arbeitgeber noch eine Filiale besaß, nicht weit von dem Kunden entfernt.
    Von dort würde er die Lebensmittel zu einer Großküche schaffen.
    Danach hatte er Feierabend.
    Alraune wartete und lauerte.
    Zuerst ihn, dann sie.
    Als sie an die Frau dachte, verzog sie die Lippen. Die Zunge aber blieb im Mund. Die Alraune würde eine günstige Gelegenheit abwarten, vom Boden aus auf den Sitz springen und den Mann überraschen. Er würde nicht mal schreien, sie kannte das, und sie würde ihm den Kuß geben.
    Ampelstopps wechselten sich mit dem Kreisverkehr ab, für den London bekannt ist.
    Die Alraune wußte nicht, wo sie sich befanden. Sie kannte London auch nicht, aber sie würde Maria Anzaro finden, das stand fest. Sie wußte, wo sie arbeitete, sie wußte auch, wo sie wohnte, ihr Bruder hatte viel geredet.
    Wieder mußte der Fahrer anhalten. Sein leises Fluchen wies darauf hin, daß es kein normaler Stopp war, sonst hätte er auch nicht die Scheibe nach unten gedreht und seinen Kopf aus dem Fenster gestreckt. Er sprach mit einem anderen Mann und fragte, weshalb sich die Fahrzeuge hier stauten.
    »Ein Unfall«, wurde ihm gesagt.
    »Scheiße. Dauert es lange?«
    »Keine Ahnung.«
    »Okay.« Der Mann mit dem Zopf drehte sich wieder herum und stöhnte auf. Erneut griff er nach einer Zigarette. Die Augen der Alraune, die alles mitgehört hatte, glänzten. Besser hätte sich das Schicksal nicht auf ihre Seite stellen können. Das war genau der richtige Augenblick, um sich zu zeigen.
    Sie blieb trotzdem vorsichtig, als sie nach vorn kroch. Wenn sie nach links schaute, sah sie die Beine des Fahrers. In den Schuhen bewegte er seine Füße. Das Leder warf kleine Wellen, er schlug den Takt der Musik mit, die er leiser gestellt hatte.
    Sie stieß sich ab.
    Ein Sprung reichte aus, und sie hockte auf dem Sitz, die Knie gegen den Stoff gepreßt, die Arme vorgestreckt, den Kopf gedreht, um die Reaktion des Fahrers zu erleben.
    Der hatte zunächst nichts mitbekommen. Oder wußte nicht so recht, was passiert war. Daß sich etwas verändert hatte, daran glaubte er schon, denn er saß plötzlich unbeweglich auf seinem Sitz und hielt die Zigarette wie einen kleinen Speer zwischen den Fingern. Er schaute zu, wie die Asche abfiel. Zwischen seinen Beinen landete sie auf dem Boden. Erst dann drehte er den Kopf nach links.
    »Hier bin ich«, sagte die Alraune flüsternd, als sie sah, daß der Mann an ihr vorbeischaute.
    Der Fahrer schrak zusammen.
    Dann blickte er neben sich auf den Sitz.
    Darauf hatte die Alraune gewartet. Sie liebte es, die Reaktionen auf ihr Erscheinen im Gesicht der Menschen zu sehen. Sie weidete sich an dem Schrecken, der Überraschung, dem Nicht begreifen und dem anschließenden Spaß.
    Er starrte auf sie nieder. Ein Mann, der nicht wußte, was er sagen sollte.
    Der kalkbleich geworden war und auf dessen Stirn die Schweißtropfen ein Muster bildeten. Er schüttelte kaum merklich den Kopf, schloß dann, als die Starre sich etwas gelöst hatte, die Augen, öffnete sie wieder und mußte erkennen, daß das Bild geblieben war.
    Neben ihm saß eine winzige splitternackte Frau!
    Nun hatte er bestimmt nichts gegen nackte Frauen, aber nicht in diesem Fall. Das war eigentlich nicht zu fassen, denn er kannte die Puppe nicht.
    Er wußte nicht, wer sie ihm in den Wagen gestellt hatte. Bestimmt einer von seinen Freunden, um ihn zu schocken, denn die Puppe sah verflucht echt aus.
    Als würde sie leben…
    Er schauderte, als er daran dachte, doch seine Gedanken drifteten in eine andere Richtung. Er hätte die Puppe vorhin beim Einsteigen sehen müssen. Die wäre ihm aufgefallen, aber da war der Sitz leer gewesen.
    Jetzt nicht mehr.
    Wie kam sie dorthin?
    Plötzlich durchrieselte ihn ein kalter Schauer. Es war so etwas wie eine Vorwarnung, daß dieses Auftauchen der Puppe irgendwie nicht mit rechten Dingen zuging. Sie saß neben ihm, als wäre sie buchstäblich vom Himmel gefallen. So etwas war nicht möglich. Weder vom Himmel gefallen, noch aus der Hölle gestiegen. Sie war einfach da, sie war nackt, und sie schaute ihn aus kleinen Augen an.
    Der Fahrer wußte nicht, was er tun sollte. Er hatte die Scheibe nicht ganz in die Höhe gekurbelt, den Motor aber abgestellt. Zwar hörte er Geräusche von außen an seine Ohren dringen, sie

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