Als die erste Atombombe fiel
in Japan abgehört wurde. Truman sagte unter anderem: »Ein amerikanisches Flugzeug warf eine Bombe über Hiroshima, einem wichtigen japanischen Militärstützpunkt, ab … Es war eine Atombombe.« Das Wort »Atombombe« kam auch in einem Flugblatt vor, das amerikanische Flieger über Japan abwarfen. Darin heißt es fast triumphierend: »Wir sind im Besitz des zerstörerischsten Sprengmittels, das je von Menschen ersonnen wurde. Eine einzige unserer Atombomben entspricht in ihrer Sprengwirkung der Bombenlast, die 2000 unserer mächtigen B-29-Bomber zu transportieren vermögen.«
Trotz dieses Hinweises wusste in der Bevölkerung niemand, welche Gewalt und Zerstörungskraft in einer einzigen Atombombe steckten. Dass sich bei ihrer Explosion unvorstellbar hohe Temperaturen bildeten, dass diese Sonnenglut die Luftmassen explosionsartig ausdehnte, dieses Wissen besaß damals nur eine Hand voll Wissenschaftler. Die unmittelbare Wirkung der Hiroshima-Bombe be-schreibt Hubertus Hoffmann in seinem 1980 erschienenen Buch Atomkrieg – Atomfriede :
»Der mörderischste Effekt ist der sonnengleiche Feuerball mit einer Temperatur von einigen Millionen Grad Celsius. Noch in einer Entfernung von 14 Kilometern entzündet die Wärmestrahlung ein Blatt Papier. Etwa 50 Prozent der Opfer von Hiroshima sind auf die thermischen (durch Wärme bewirkten, d.A.) Energien der Atomexplosion zurückzuführen. Die freigesetzte Hitze vernichtet Menschen und Gebäude durch direkte Strahlung und nachfolgende Feuerstürme. Während in Hiroshima 30 Prozent der betroffenen Bevölkerung durch Nuklearstrahlung getötet wurden, verloren 20 Prozent ihr Leben durch die Druckwelle.«
Der Explosion folgte ein ungewöhnlicher Niederschlag. Vom Himmel »regneten« kleine dunkle Kügelchen, die sich durch Wasserverdampfung im Explosionszentrum und anschließende Kondensation gebildet hatten. Die Menschen sprachen vom »schwarzen Regen«, der wie eine Pest auf sie herniederfiel. Dieser Niederschlag enthielt auch radioaktive Stoffe. In dem Buch Hiroshima and Nagasaki – The Physical, Medical and Social Effects of the Atomic Bombings, »Hiroshima und Nagasaki – Die physikalischen, medizinischen und sozialen Auswirkungen der Atombomben«, das von einer japanischen Autorengruppe 1979 zunächst in japanischer und zwei Jahre später in englischer Sprache herausgegeben wurde und die bislang umfassendste Bestandsaufnahme der beiden Atomexplosionen enthält, heißt es zu diesem Niederschlag:
»Der Regen war klebrig, und die Menschen glaubten damals, dass Öl abgeworfen worden sei. Ein schwarzes, fleckiges Muster entstand immer dort, wo ein Regentropfen hinfiel. Man sagte, dass der Fluss (in Hiroshima) so schwarz war, als ob chinesische Tinte abgeworfen worden wäre. Die Temperatur sank während des großen Regenfalls rapide und viele Menschen froren mitten im Sommer. Eine große Menge toter Fische wurde dort im Fluss gefunden, wo der ›schwarze Regen‹ niederging. Beim Vieh, das vom schlammigen Regen verseuchtes Gras fraß, wurde Durchfall festgestellt. Auch viele Einwohner in den Distrikten von Koi und Takasu, drei bis vier Kilometer westlich des Epizentrums, klagten über Durchfall.«
Wo ist Mutter?
Keiko Sasaki
Schülerin der 6. Klasse, damals sechs Jahre alt
Als ich sieben Jahre alt war, starb mein Vater in Osaka. Dann starb am 15. August meine Mutter an den Folgen der Atombombenexplosion. Danach waren wir nur noch drei: meine Großmutter, meine Schwester und ich, und es ist uns sehr schlecht gegangen. Meine Schwester war erst 17 und musste die Schule verlassen. Es fiel ihr sehr schwer, zu arbeiten. Das kam auch von der Bombe. Es war wirklich traurig ohne Vater und Mutter.
Zur Zeit des Bombenabwurfs lebte ich bei meiner Großmutter auf dem Land. Sie erfuhr von einem Mann, der aus Hiroshima geflüchtet war, dass die Bombe die Stadt völlig zerstört habe. Als sie das hörte, machte sie sich sofort auf den Weg nach Hiroshima.
Als sie nach einer Woche zurückkam, fragte ich sie: »Wo ist Mutter?«
»Ich habe sie auf dem Rücken mitgebracht«, antwortete meine Großmutter.
Ich war sehr froh und rief: »Mama!« Aber als ich näher hinschaute, sah ich, dass Großmutter nur einen Rucksack trug. Ich war enttäuscht. Meine Schwester und unsere Nachbarn aber begannen zu weinen. Ich verstand nicht, warum. Dann nahm meine Großmutter den Rucksack ab und holte ein paar Knochen daraus hervor und zeigte sie allen. Die Goldzähne meiner Mutter und ein Stück
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