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Als die erste Atombombe fiel

Als die erste Atombombe fiel

Titel: Als die erste Atombombe fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ihres Ellbogenknochens waren dabei. Ich verstand immer noch nicht. Ein Jahr verging und noch ein Jahr, aber meine Mutter kam nicht nach Hause. Drei Jahre später war ich in der zweiten Grundschulklasse. Dann erst begriff ich, dass meine Mutter gestorben war. Seitdem vermisse ich sie sehr und besuche jeden Tag ihr Grab.
    Damals arbeitete meine Schwester beim Finanzamt und verdiente so viel, dass wir davon leben konnten. Aber wir fühlten uns sehr einsam ohne unsere Mutter. Alle anderen Kinder haben Väter oder Mütter. Ich frage mich, warum ich beide verlieren musste, und beginne zu weinen. Aber ich habe ja eine gute Großmutter und eine große Schwester. Später erfuhr ich, dass ich auch einen großen Bruder habe. Verwandte nahmen ihn zu sich, als er noch ein Baby war, darum wusste ich nichts von ihm. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich wie an dem Tag, als ich erfuhr, dass ich einen Bruder habe. Er wohnt in Kake, einer Kleinstadt nördlich von Hiroshima, und am Wochenende besucht er uns. Er ist sehr lieb zu mir. Wenn meine Mutter noch lebte, könnte er bei uns wohnen. Wenn ich daran denke, fehlt mir Mutter noch mehr. Wenn ich denke, dass wir alle zusammenleben könnten, wäre die Atombombe nicht gewesen, hasse ich die amerikanische Armee. Aber dann denke ich, na ja, jetzt ist ja alles vorbei, und fühle mich wieder besser.
    Ich bin jetzt noch einsamer, weil meine Schwester geheiratet hat und nach Tokio gezogen ist. Es ist wirklich schade, dass sie nicht noch länger zur Schule gehen konnte, aber so ohne Mutter … Es muss für meine Großmutter sehr schwer gewesen sein, uns beide aufzuziehen.
    Wenn ich am 15. August den Mond anschaue, erinnere ich mich an so viele Dinge, und Tränen steigen mir in die Augen. Ich werde gut für meine Großmutter sorgen, damit sie lange lebt. Ich denke oft, wenn Mutter noch bei uns wäre, müsste meine Großmutter nicht so viel arbeiten. Ich will versuchen stark zu sein, was auch geschehen mag, um mit allen Schwierigkeiten in der Zukunft fertig zu werden.

    (Abb. 6)



Momentaufnahmen des Todes
    oder: Die verzweifelte Suche nach Eltern und Geschwistern
    Bis zum 6. August 1945 war Hiroshima von Luftangriffen weitgehend verschont geblieben. Lediglich zwölf Bomben hatten die Hafenstadt seit dem Beginn des Pazifischen Krieges im Dezember 1941 getroffen. Das war erstaunlich, zumal Hiroshima als Marinestützpunkt von Anfang an eine wichtige Rolle spielte. Von den Kais starteten japanische Kriegsschiffe zu ihren Eroberungsschlachten in Südostasien. Zeitweise waren in den Kasernen der Stadt 100000 Soldaten stationiert. Mehrere große Rüstungsbetriebe, die vor allem koreanische Zwangsarbeiter beschäftigten, sorgten für den Nachschub an Kriegsmaterial.
    Auch wenn die amerikanischen Bomber meistens einen Bogen um die Stadt Hiroshima machten, die Folgen des von rechtsradikalen, eroberungssüchtigen Militärs angezettelten Krieges mussten die Menschen hier wie anderswo tragen. Vor allem in den letzten Kriegsjahren wurden die Lebensmittel knapp. Täglich brachte der Krieg neues Leid über Familien, die ihre Söhne an die Front geschickt hatten und vergebens auf ihre Wiederkehr warteten. Der Tagesablauf hatte schon längst nicht mehr seinen normalen Rhythmus; vielmehr bestimmte der Krieg fast alle Lebensumstände. So mussten sogar Frauen und alte Männer sich regelmäßig an Luftschutzübungen beteiligen. Außerdem gab es eine Miliz, zu der selbst Jugendliche herangezogen wurden. Ähnlich dem deutschen Volkssturm sollten diese Einheiten die japanische Abwehr stärken, aber meistens verfügten sie über nicht mehr als einen fanatischen Willen und einige Bambusspeere.
    Um den Feuerschutz in Hiroshima zu verbessern, hatte das militärische Oberkommando zu einer drakonischen Maßnahme gegriffen. Es ließ drei Brandschneisen durch die ganze Stadt ziehen. Über 70000 Häuser, die zumeist aus Holz bestanden, wurden abgerissen. Insgesamt 90000 Menschen waren gezwungen, die Stadt zu verlassen und in der Umgebung eine neue Unterkunft zu suchen.
    Allerdings, ohne den Befehl zur Evakuierung wäre die Zahl der Opfer beim Atomangriff noch größer gewesen. Über 100000 Menschen starben sofort im atomaren Feuer, das die Amerikaner über Hiroshima entfachten. Für zehntausende begannen qualvolle Stunden, die in den meisten Fällen ebenfalls mit dem Tod endeten. Jene tödliche Sekunde der Explosion hinterließ unheimliche Spuren; auf einer Brücke und an den wenigen Gebäuden, die nicht

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