Als die erste Atombombe fiel
Atombombe« erstmals nicht isoliert veröffentlicht 3 , sondern durch Hinweise, Informationen, Interviews und Kurzreportagen ergänzt. Die Schilderungen selbst sind von einer Dichte und Direktheit, wie sie in den Zeugnissen von Erwachsenen selten zu finden sind; gelegentliche kleine Ungenauigkeiten bei Zahlen- und Faktenangaben ändern daran nichts. Die Strahlen der Atombombe haben sich diesen Kindern und Jugendlichen unauslöschlich eingeätzt und lebenslange Brandzeichen hinterlassen, auch nachdem die sichtbaren Wunden bei den meisten vernarbt und verheilt sind.
(Abb. 1) Hiroshima, 6. August 1945: Die Atombombe explodiert über der Industrie- und Hafenstadt und bewirkt innerhalb von Sekunden Tod und unbeschreibliches Elend für hunderttausende von Menschen. Der Atompilz wird zum Symbol einer Zerstörungskraft ungeahnten Ausmaßes.
Die Berichte der »Kinder von Hiroshima« sind in einer konkreten Nachkriegssituation Japans entstanden, und zwar unter dem Eindruck des Krieges im benachbarten Korea, der 1950 begann und die Gefahr eines neuen Atomangriffs heraufbeschwor. Allein diese Vorstellung ließ viele Atombombenopfer verzweifeln, trieb sie in den Freitod. Auch einige der »Kinder der Atombombe«, die ihre entsetzlichen Erlebnisse für Professor Osada aufgeschrieben hatten, haben später ihr Leben freiwillig beendet.
Ihre Zeugnisse wirken auf mich wie grelle Warnzeichen. Das Hiroshima von 1945 ist das letzte Halteschild vor dem Abgrund; wird dieses Gefahrensignal missachtet, dann werden die Menschen sich selber zugrunde richten. Die Kinder von Hiroshima müssen zu Wort kommen, damit dieses Zeichen wieder sichtbar wird. Das ist die Absicht dieses Buches, an dem übrigens mehrere mitgewirkt haben: einige der heute erwachsenen »Kinder der Atombombe«, mit denen ich in Hiroshima gesprochen habe; Patienten und Ärzte im Atombomben-Krankenhaus von Hiroshima, die ich befragen durfte; Berufskollegen in Hiroshima, die mir bei meinen Recherchen geholfen haben; besonders aber Professor Yoichi Fukushima aus Tokio, der Sprecher des Komitees der »Kinder von Hiroshima«, sowie Kumiko Yasui und Yumiko Takada, beide aus Tokio, die mich bei der Vermittlung von Kontakten und beim Dolmetschen unterstützt haben.
Hermann Vinke
Tokio, im Mai 1982
3 1964 erschien im DDR -Verlag Volk und Welt, Berlin, eine von Edith Rau ins Deutsche übertragene Auswahl der japanischen Ausgabe von 1951. Eine Lizenzausgabe ist im Röderberg-Verlag Frankfurt a.M. unter dem Titel Kinder von Hiroshima. Japanische Kinder über den 6. August 1945 erschienen.
Für eine Friedenserziehung in den Schulen
Erklärung von Yoichi Fukushima, Sprecher des Komitees der »Kinder von Hiroshima«
Die japanische Originalausgabe des Buches Genbaku no Ko , »Die Kinder der Atombombe«, erschien im Herbst 1951, sechs Jahre nach dem Abwurf der Atombombe über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki. Im Jahr zuvor hatte der Koreakrieg begonnen. Der Friedensvertrag zwischen den Alliierten (mit Ausnahme der damaligen UdSSR ) und Japan wurde am 8. September 1951 in San Francisco unterzeichnet, doch erst am 28. April des nächsten Jahres erhielt Japan seine Unabhängigkeit zurück.
Den Mut von Professor Arata Osada, dieses Buch unter solchen Umständen herauszugeben, muss man noch heute bewundern. Unter der Besatzungsmacht wurde nämlich jede Äußerung gegen die Unmenschlichkeit von Atombomben massiv unterdrückt. Selbst bei einem möglichen Einsatz von Atomwaffen im Koreakrieg, den Professor Osada mit großer Besorgnis verfolgte, war es sehr schwierig, den Abwurf der Atombombe zu kritisieren.
Erst seit dem Frühjahr 1954, als die Japaner am 1. März in der Nähe des Bikini-Atolls zum dritten Mal tragische Erfahrungen mit Atombomben machen mussten 4 , entstand in der japanischen Bevölkerung eine starke Bewegung gegen Atom- und Wasserstoffbomben. Die erste internationale Konferenz zur Ächtung der Atom- und Wasserstoffbomben fand am 6. August 1955 statt, also genau zehn Jahre nach der Tragödie von Hiroshima.
Professor Osada stellte dem Buch »Die Kinder der Atombombe« ein Vorwort voran, das vom 6. August 1951 datiert ist. Im ersten Abschnitt beschreibt er die Situation in Hiroshima sechs Jahre nach der verheerenden Explosion. Er weist darauf hin, dass sich »die Verhältnisse in Hiroshima nicht mit denen in irgendeiner anderen Stadt der Welt, die im Krieg zerstört wurde, vergleichen lassen«. Das lag nicht nur an der Zerstörung der Stadt. Viel
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