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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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aufstellen. Wenn du dich mit deinem gesunden Tierverstand um unser Fressen kümmerst, dann bin ich sicher, daß wir jeden Tag satt werden.«
»Ich danke dir herzlich, Fuchs«, sagte der Dachs. »Aber ich bitte euch alle inständig, eure Mägen morgen gut zu füllen, bevor wir uns treffen. Wir wissen nicht, wann wir das nächste Mal etwas zu fressen bekommen. So, gibt es noch irgendwelche Punkte, die wir noch nicht besprochen haben?«
»Ja!« quiekte eine der Feldmäuse. »Zugunsten der kleineren Tiere möchte ich darum bitten, daß wir alle heute nacht gemeinsam den Schwur erneuern. Ich bin sicher, daß uns wohler wäre, wenn wir wüßten, daß sich jeder durch einen feierlichen Schwur dazu verpflichtet hat, den anderen zu helfen.«
»Ein ehrenhafter Gedanke«, stimmte der Dachs zu. »Wir werden diesen neuen Schwur den Schwur zum gegenseitigen Schutz aller nennen. Wir müssen alle schwören, daß für die Dauer unserer Reise die Sicherheit der Gruppe - das heißt die Sicherheit jedes einzelnen - im Vordergrund steht. Kreuzotter, ich glaube, es wäre angebracht, wenn du den Schwur als erste ablegen würdest.«
»Ich schwöre«, sagte die Kreuzotter resigniert, aber in Wirklichkeit dachte sie immer noch an die eßbaren Frösche. Ein Tier nach dem anderen leistete den Schwur. Selbst die Kleinen wiederholten die Worte, die ihre Eltern gesprochen hatten, und sie waren stolz, daß sie von diesem feierlichen Akt nicht ausgeschlossen wurden. »Ich glaube, es wäre auch gut«, sagte der Dachs anschließend, »wenn jede Tiergruppe einen Gruppenführer wählen würde, der sie dann bei allen Besprechungen vertritt, die wir zur Planung unserer Reise abhalten müssen. Diese Gruppenführer können sich dann morgen beim Fuchs melden, wenn wir uns zu einem letzten Gespräch vor unserem Aufbruch treffen.« »Wenn morgen nacht die Turmuhr zwölf schlägt, bin ich unter der großen Buche an der Hecke. Dort treffen wir uns alle«, sagte der Fuchs.
Der Dachs sah sich noch einmal nach allen Seiten um. Niemand meldete sich mehr zu Wort. »Hiermit schließe ich die zweite Versammlung im Farthing-Wald«, verkündete er.
Langsam gingen die Tiere durch den Gang hinaus ins Freie. Die Kreuzotter bildete den Abschluß, und da sie Hunger hatte, löschte sie unterwegs die Lichter.

5
Abschied vom Farthing-Wald
    Den ganzen Tag über arbeiteten sich die Planierraupen auf ihrem Pfad der Zerstörung vorwärts. Büsche, junge Bäume und Gestrüpp, alles fiel dem grausamen Angriff der gierigen stählernen Kiefer zum Opfer. Erhabene und würdevolle alte Bäume wurden von bösartigen Sägen erbarmungslos niedergemäht. Meter um Meter mußte der Wald den menschlichen Räubern weichen; und in Löchern und Gängen, in den übriggebliebenen Wipfeln und im Farn hockten die Tiere, lauschten, schauderten und sehnten die Dunkelheit herbei. Der Dachs hörte in seinem kühlen Bau, wie das Donnern und Krachen immer näher und näher kam. Aber er wagte es nicht, sich zu rühren. Der Fuchs in seiner Höhle am Fuß des Hügels hechelte vor Hitze und wartete darauf, daß die Kirchturmuhr fünf schlug, was, wie er gelernt hatte, das Ende des Lärms und das Weggehen der Männer ankündigte.
    Die Eichhörnchen hüpften von Baum zu Baum und sahen zu, wie hinter ihnen alte Freunde mitsamt den Wurzeln ausgerissen wurden. Der Maulwurf grub sich tiefer und tiefer in die Erde ein und versuchte einen Punkt zu erreichen, wo er die schrecklichen Erschütterungen nicht mehr spürte.
    Unter den Hecken lagen die Igel wie Nadelkissen verborgen, während die Kröte und die Eidechsen sich im Unterholz versteckten. Der Waldkauz, der auf dem höchsten Ast seiner Lieblingsulme saß, sträubte die Federn und schloß seine großen, runden Augen vor dem Sonnenlicht, während der Fasan und seine Gefährtin in dem undurchdringlichen Efeu im dichtesten Teil des Waldes kauerten und sich so ruhig verhielten wie die Feldmäuse.
    Die Kreuzotter hatte sich auf einen Baumstumpf gelegt, um die Sonne zu genießen, aber als die Maschinen immer näher kamen, war sie wie der Blitz im dichten Farnkraut verschwunden.
    Nur der Turmfalke, der hoch über dem Wald schwebte, konnte den Vormarsch der Menschen und ihrer Maschinen beobachten. Beim Zusehen wurde ihm klar, daß es richtig gewesen war, sich den anderen Tieren anzuschließen, denn es dauerte sicher nicht mehr lange, bis alles unter ihm verwüstet war - und dann folgten Backstein und Beton.
    So vergingen die schrecklichen Stunden, und erst als der Abend kam

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