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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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Sicherheit unserer Gruppe. Das darfst du mir nicht verübeln!«
»Willst du, daß wir vom Elend eines anderen Geschöpfes profitieren?« fragte der Maulwurf. »Nein. Ich will lediglich, daß wir alle fliehen können«, sagte der Turmfalke mit einem verwirrten Blick. »Ist das falsch?«
»Das darfst du dem Turmfalken nicht übelnehmen«, sagte der Dachs. »Er denkt an uns, und das ist auch richtig so. Er versteht nicht, was da geschieht.« »Was willst du damit sagen?« fragte der Turmfalke. »Der andere Fuchs ist... ein Weibchen«, erklärte der Dachs ein wenig verlegen. »Es ist die Freundin unseres Fuchses.«
»O nein! Wie schrecklich!« rief der Turmfalke. »Fuchs, es tut mir leid! Das habe ich nicht gewußt.« Der Fuchs konnte nicht antworten. »Schon gut«, antwortete der Dachs für ihn. »Du wußtest es ja nicht. Der Fuchs nimmt es dir nicht übel. Aber ich fürchte, er ist völlig erschöpft.«
»Komm her, Dachs«, flüsterte der Turmfalke und winkte ihn beiseite. »Ob es nun seine Freundin ist oder nicht«, fuhr er fort, als sie außer Hörweite waren, »ich muß es noch einmal sagen - man wird sie fangen! Sie wird es nicht schaffen, hier am Hang ihren Vorsprung zu behalten, nachdem sie schon so weit gerannt ist. Ihr müßt hier weg! Verstehst du nicht? Es ist nicht mehr viel Zeit.«
»Ich verstehe«, sagte der Dachs ernst. »Aber ohne den Fuchs können wir nicht weg. Und er wird niemals mitkommen und sie im Stich lassen. Er hat offensichtlich sein Herz an die Füchsin verloren, der arme Kerl. Schau ihn dir nur an!«
»Dann war der Tag, an dem dies geschah, ein Unglückstag für uns«, meinte der Turmfalke und schaute zu dem unglücklichen Fuchs hinüber. »Denn das bedeutet, daß wir vermutlich ihr Schicksal teilen werden.« »Du hast in allem, was du gesagt hast, völlig recht«, stimmte der Dachs zu. »Aber wir müssen jetzt zum Fuchs halten, komme was wolle.« Sie kehrten zu den anderen zurück. Angeführt von der Füchsin kam die Jagdgruppe immer näher. Den Fuchs hielt es nicht in seinem Versteck. Er stand auf und ging zum Rand des Gebüsches, um ihre letzten, heldenhaften Bemühungen zu beobachten. Die anderen Tiere standen hinter ihm.
Die Füchsin war näher, als er erwartet hatte. Sie hatte völlig erschöpft den Kopf gesenkt, ihre Zunge hing schlaff aus dem offenen Maul. Der Fuchs konnte hören, wie sie keuchend nach Luft schnappte. Er schauderte. Irgendwie bewegten sich ihre Beine weiter. Mechanisch und ohne zu überlegen rannte sie. Die ersten Hunde waren nur noch ein paar Meter hinter ihr, in ihren funkelnden Augen lag Mordlust. Erstaunlicherweise rannte die Füchsin immer noch. Die Hunde kamen näher. Sie schaute mit glasigem Blick auf. Doch der Fuchs wußte, daß sie ihn gesehen hatte. Ein paar Sekunden lang wurde sie merklich schneller. Die wütend knurrenden Hunde fielen etwas zurück, aber inzwischen waren die ersten Reiter mit ihnen auf gleicher Höhe, angeführt vom Jagdleiter.
Trotzdem wurde der Vorsprung der Füchsin immer größer. Die Hunde, die rasch müde wurden, schienen sich geschlagen zu geben. Ihre Anstrengungen waren vergeblich.
Die Füchsin kam immer näher. Schon bald war sie nur noch ein paar Meter entfernt.
Und dann sah der Fuchs mit Entsetzen die hinterlistige Natur des Menschen. Nach dem Gesetz der Natur hatte die Füchsin das Rennen gewonnen. Wenn man von den Menschen Gerechtigkeit erwarten konnte, dann hatte die Füchsin es verdient zu entkommen. Aber der Jagdleiter war anderer Ansicht.
Als er sah, daß die Hunde sich geschlagen geben mußten, nahm er selbst die Sache in die Hand und gab seinem Pferd die Sporen. Nach seinen Regeln gab es keine Gnade. Er ritt hinter der Füchsin und hob den Peitschenknauf, um ihr einen Schlag zu versetzen und sie den Hunden zu überlassen. Er lehnte sich zur Seite und zügelte sein Pferd, um besser zielen zu können. Plötzlich fuhr aus dem Gras ein schimmernder Kopf auf. Es war die Kreuzotter. Mit funkelnden roten Augen schnellte sie vorwärts und versenkte ihre Giftzähne tief in den linken Vorderfuß des Pferdes. Das Pferd stieß einen Schmerzensschrei aus und bäumte sich auf. Der Jagdleiter stürzte zu Boden. Er rührte sich nicht mehr.
Im nächsten Augenblick hatte die Füchsin den Fuchs erreicht, und alle Tiere zogen sich wieder ins Gebüsch zurück. Die Hunde wurden von den anderen Reitern, die eben aufgetaucht waren, zurückgerufen. Die Jäger umringten besorgt ihren Kameraden, der in seiner leuchtend roten Jacke im grünen Gras

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