Als die Tiere den Wald verließen
so wild entschlossen angerannt, daß selbst die Hunde zurückwichen. Der Fuchs rannte geradewegs zwischen die ungeduldigen Beine der Pferde. Der Anblick des Tieres, das direkt auf sie zukam, hatte die Hunde aus der Fassung gebracht. Aber jetzt, wo der Fuchs ihnen den Rücken zuwandte, faßten sich die Hunde wieder. Das Horn wurde geblasen, die Hunde bellten, und die Reiter bereiteten sich auf die Verfolgung vor. Keiner blieb da, um abzuwarten, daß die Füchsin aus dem Unterholz auftauchte. Sie waren nicht mehr daran interessiert, im Hinterhalt zu lauern. Jetzt zählten nur noch der Rausch der Geschwindigkeit, geschicktes Reiten, das Gefühl des Windes, der in ihre Gesichter schlug, donnernde Hufe: all die Aufregung und das Vergnügen der Verfolgung.
Der Fuchs hielt sich eng an die Bäume und lief um den Wald herum. Er fühlte sich stark und kräftig. Er war sicher, daß kein Hund ihn jemals erreichen würde. Er würde ihnen zeigen, was es bedeutete zu rennen.
Trotzdem würde er es ihnen nicht leichtmachen und auf dem offenen Land bleiben. Wie die Füchsin sah er, daß die Bäume ihm helfen konnten, die Hunde - und vor allem die Pferde mit ihren Reitern - aufzuhalten. Durch eine große Lücke zwischen den Bäumen rannte er in den Wald hinein.
Natürlich hielt der Jagdleiter die Hunde davor zurück, ein zweites Mal in den Wald zu rennen. Er wollte nicht das gleiche noch einmal erleben. Aber er wußte nicht, welche Richtung er einschlagen sollte, denn er hatte keine Ahnung, wo der Fuchs den Wald wieder verlassen würde. Es war nicht möglich, den ganzen Wald zu umzingeln.
Schließlich wurde ihm klar, daß er keine andere Wahl hatte: er mußte die Hunde wieder in den Wald schicken, denn er sah sonst keine Möglichkeit, den Fuchs dazu zu bringen, den Wald zu verlassen. Also rannten die Hunde mit anhaltendem Gebell wieder in das Wäldchen hinein. Aber der Jagdleiter hatte die Runde verloren. Seine Unschlüssigkeit hatte dem Fuchs einen wertvollen Vorsprung verschafft. Er hatte inzwischen den Wald durchquert, hatte ihn auf der anderen Seite wieder verlassen und rannte jetzt so schnell er konnte auf den steilen Abhang zu, den er vor sich sah.
Die Füchsin, die natürlich die heldenhafte Tat des Fuchses beobachtet hatte, merkte, daß die Luft rein war. Sie kroch aus dem dichten Unterholz und rannte ins Freie, Sekunden, bevor sich die Hunde, die ihr ins Gestrüpp gefolgt waren, ebenfalls befreiten. Jetzt war die Meute in zwei Gruppen aufgeteilt. Jede der Gruppen verfolgte einen Fuchs, und keine der beiden wußte von der Existenz eines zweiten Fuchses. Eine derartige Situation wäre für jeden Jagdleiter ein Problem gewesen. Und so war auch dieser Jagdleiter langsam der Meinung, daß dies ein sehr schlechter Jagdtag sei. Aber nicht alles sollte so kommen, wie es sich der Fuchs vorgestellt hatte. So stark er auch war, so machte er doch einen schwerwiegenden Fehler, als er auf den grasbewachsenen Hang zulief, der vor ihm lag. Dieser Hang war steiler, als er gedacht hatte, und schon nach kurzer Zeit wurde der Fuchs müde. Sein Herz klopfte wie wild, seine Beine zitterten, und sein Atem wurde immer schwerer.
Jetzt holten die Hunde wieder auf. Sie hatten den Wald verlassen und konnten nun nach ihrer kurzen Ruhepause schneller rennen. Hätte der Fuchs keinen so großen Vorsprung gehabt, so hätte er sich in einer hoffnungslosen Lage befunden, denn die Hunde waren zäher, und es fiel ihnen leichter, den Hang emporzurennen.
Jetzt begann der Fuchs zum erstenmal zu befürchten, er könne eingeholt werden. Bei dem Gedanken daran, was das bedeutete, gerann ihm das Blut in den Adern. Er hatte nur wenig mehr als die Hälfte des Hanges geschafft, und nun konnte er außer dem üblichen Gebell auch den rauhen Atem der Hunde hören. Dann, wie im Traum, hörte er die geliebten, fast vergessenen Stimmen, die von der Bergspitze zu ihm herunterschallten. Der Dachs, der Maulwurf, das Wiesel, der Hase, der Waldkauz, der Turmfalke, die Kreuzotter, die Kröte und alle übrigen Freunde hatten von Anfang an die Jagd mit fast unerträglicher Spannung verfolgt. Doch erst jetzt hatten sie gemerkt, daß das arme Tier, das da gejagt wurde, ihr geliebter Fuchs war. Sie hatten ihn für tot gehalten, und jetzt, wo er fast wieder bei ihnen war, schwebte sein Leben in größerer Gefahr als jemals zuvor.
Es dauerte eine kleine Weile, bis der benommene Fuchs merkte, daß das, was ihm seine Sinne sagten, Wirklichkeit war. Er hatte seine Freunde
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