Als Erzieherin gelassen und erfolgreich
spannungsreiche Situation schauen.
Konflikte mal aus einer anderen Perspektive gesehen
Als Erzieherin, ich will es mal salopp ausdrücken, schmoren Sie mit Ihren Kolleginnen ein wenig im eigenen Saft, kann das sein? Ich kenne viele Teams, in denen manche Kolleginnen schon seit Jahrzehnten zusammenarbeiten. Einerseits kennt man sich, andererseits ist es ein wenig so wie mit der Familie: Gelegentlich wäre man sich auch gerne mal wieder »los«. Die Strukturen sind eingefahren, neue Kolleginnen bringen »Unruhe« mit, vielleicht sogar Besserwisserei.
Besonders Frauen suchen eher den Gleichklang, das Miteinander und die Harmonie, weil das Streben nach Gemeinsamkeiten und Kooperation in unserer Frauengeschichte verankert ist und so seit den Anfängen unserer Art zum Überleben der menschlichen Rasse beigetragen hat. Männer können Disharmonie oft sehr viel besser aushalten (und Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel). Wer hat das nicht schon einmal in einer Beziehung erlebt, dass der Partner nach einem Streit sich schnell und scheinbar unbelastet anderen Aufgaben zuwendet, während man selbst, als Frau, noch über den Vorwürfen und Streitpunkten kocht und brütet? Ich glaube, dass weder das eine noch das andere sehr hilfreich ist. Konflikte müssen bearbeitet werden und das kann auch mit Leichtigkeit geschehen.
Durch den Mangel an männlichen Erziehern werden Konflikte in Kitas meist »weiblich« gelöst, also oft nach gleichen Mustern. Es mangelt an frischem Wind, Herausforderungen und zuweilen auch an unbequemen Zeiten, wie man sie im Arbeitsteam mit Männern erlebt. Nun können Sie sich weder einen männlichen Kollegen basteln noch einen kidnappen, aber es bleibt dennoch die Frage: Wie können Sie die männliche Sicht und neue Herausforderungen in Ihre Arbeit und persönliche Weiterentwicklung integrieren? In einem Interview mit Rainer, 50 Jahre, einem früheren Kollegen im Heimbereich, der heute als Erzieher im Kindergarten tätig ist, wird sichtbar, von welchen »männlicheren« Herangehensweisen sich Erzieherinnen anregen lassen könnten.
Interview
Rainer: »Je kleiner die Kinder, desto weniger arbeiten Männer mit ihnen. Ich werde also gebraucht!« (lacht)
Christine: »Wie ist die Zusammenarbeit mit deinen Kolleginnen? Siehst du Unterschiede?«
Rainer: »Frauen müssen alles intensiver ausdiskutieren. Mir ist das manchmal zu viel. Ich würde das dann gerne abkürzen, zügiger abwickeln. Mir ist die Zeit dann zu schade, um noch mal um das Problem zu kreisen. Aber sicher hat es auch Vorteile, nicht immer so männlich schnell zu sein, sondern sich die Dinge von allen Seiten zu betrachten. Aber an sich ist unsere Kommunikation sehr gut. Wie unterstützen uns gegenseitig.«
Christine: »Merkst du einen Unterschied zu deinen Kolleginnen in Bezug auf die Eltern?«
Rainer: »Ja, die Väter kommen gerne auf mich zu. Die suchen das Gespräch von Mann zu Mann.«
Christine: »Und bei den Kindern?«
Rainer: »Die Jungs kommen auch eher zu mir. Die suchen das Reibende, wollen kämpfen, mit mir toben. Die Mädchen suchen das auch gelegentlich.«
Christine: »Raufen deine Kolleginnen auch mit den Kindern?« Rainer: »Nein, eher nicht. Obwohl ich diese Körperlichkeit sehr wichtig finde. Beim Raufen kommt man mit den Kindern wirklich noch mal neu in Kontakt. Da verändert sich etwas, kommt in Bewegung. Nicht nur bei den Kindern, auch mir ist das ganz wichtig. Ich finde, Erzieher, egal ob Männer oder Frauen, die nicht raufen, verpassen was.«
Christine: »Fällt dir noch ein Unterschied ein?«
Rainer: »Ja. Manchmal braucht es eine maskuline Herangehensweise. Ein: ›So wird’s jetzt gemacht. Fertig aus.‹ Es braucht auch die weibliche, einfühlsame, aber die ist ja in Kindergärten und Grundschulen meist eh schon überrepräsentiert.«
Christine: »Hast du dir einen männlichen Bereich im Kindergarten ausgewählt?«
Rainer: »Ich arbeite in der Holzwerkstatt, aber das machen Frauen auch. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Angebot naturwissenschaftlicher Experimente. Das ist sehr spannend.«
Christine: »Was findest du an deiner Arbeit anstrengend?«
Rainer: »Die Lautstärke und die ständige Verfügbarkeit.«
Christine: »Wie sehen deine Perspektiven aus?«
Rainer: »Es gibt kaum welche. Ich möchte in keine Leitungsfunktion und der Tariflohn ist jetzt schon ausgereizt. Die momentane Situation ist auch so, dass viele Erzieher auf ihren Stellen bleiben, weil ein Wechsel nur finanzielle
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