Als Erzieherin gelassen und erfolgreich
Erzieherinnen wurde beschuldigt, Praktikantinnen und junge Erzieherinnen zu drangsalieren und ihnen in unverschämtem Ton Anweisungen zu geben. Sie forderte auf, wenn es darum ging, die Küche sauber zu machen, mischte sich in Elterngespräche ein und markierte mit Rotstift Fehler in den Berichten. Das Verhalten dieser Erzieherin wurde besonders von einer jüngeren Kollegin als
derart übergriffig empfunden, dass diese Weinkrämpfe bekam und die Einrichtung verlassen wollte.
Als ich mit der älteren Erzieherin sprach, wollte ich zuerst wissen, für welche Aufgaben sie tatsächlich zuständig war und für welche sie sich zuständig fühlte. Sehr bald stellte sich heraus, dass die Erzieherin gar nicht mehr genau wusste, welche allgemeinen Aufgaben sie hatte und ob es so etwas wie Schwerpunkte gab. Da sie die Dienstälteste war, agierte sie einfach drauf los, fühlte sich für alles zuständig und mischte sich aus dieser Haltung heraus in die Arbeitsbereiche aller Kolleginnen ein. Sie wollte es gut machen und engagiert den Überblick bewahren, was sie überforderte und stresste. Die älteren Kolleginnen im Team konnten sich dagegen wehren, die jungen aber noch nicht.
Für die Leiterin des Kindergartens war es eine große Überraschung, dass es hier nicht um Mobbing oder eine Abmahnung ging, sondern um Rollenklärung, Dienstpläne und Verantwortlichkeiten. Das Team setzt sich seitdem häufiger zusammen, die Rollen und Aufgaben werden besprochen und verteilt. So kehrte wieder Ruhe in das Team ein.
Ein Problem durch Rollenunklarheit bricht häufig zu einer ungünstigen Zeit des Miteinanders auf. Oft kommt es dann zu Entrüstung, Vorwürfen und Missverständnissen, die auf den ersten Blick wenig mit Rollen zu tun haben. Bei jeglicher Art von Konflikten lohnt es sich aber, sie unter dem Aspekt der Rollenklarheit zu beleuchten.
Die besondere Rolle: Leitungskraft
Im Coaching kristallisiert sich häufig heraus, dass selbst Leitungskräfte nicht wirklich wissen, welche Aufgaben ihre Rolle genau beinhaltet. Beförderungen »passieren« oder werden angeboten und die Frau, die eben noch Erzieherin im Team war, soll nun ihre Kolleginnen
»führen«. Ein Rollenwechsel hat damit stattgefunden und das manchmal nur partiell, da nicht selten die Leitungsfunktion noch zusätzlich zur Funktion als Erzieherin im Gruppendienst hinzutritt.
Wenn Sie eine leitende Funktion haben und gleichzeitig im Gruppendienst tätig sind, sollten Sie die unterschiedlichen Aufgaben sauber definieren und voneinander trennen.
• Wann sind Sie Leiterin und Vorgesetzte?
• Wann sind Sie Kollegin?
• Wann die Freundin?
In Teambesprechungen und darüber hinaus ist es für Ihre Kolleginnen hilfreich, wenn Sie klar formulieren, aus welcher Sicht Sie gerade sprechen.
»In meiner Funktion als Leitung ist es mir wichtig zu sagen...«
»Als Erzieherin kann ich verstehen, dass... Aber als Leitung muss ich...«
»Wenn ich aus der Sicht der Erzieherin und Kollegin jetzt spreche, dann fällt mir dazu ein...«
Wünschenswerterweise sollte jede Erzieherin und jede Leitungskraft ein Mal pro Jahr mit ihrer oder ihrem Vorgesetzten ihre Rolle und ihre Aufgaben besprechen. Mitarbeitergespräche sind ein sehr gutes Instrument, um berufliche Standorte zu betrachten, Weiterentwicklungen zu planen und schwelende Ängste und Konflikte rechtzeitig zu erkennen. Mitarbeitergespräche würdigen zudem die Arbeitskraft und es gehört zur Führungsverantwortung, diese Gespräche zu planen. Als Mitarbeiterin sind Jahresgespräche eine hervorragende Möglichkeit die eigene Rolle zu klären, zu erweitern und zu verändern.
Diese Fragen helfen Ihnen, Ihr Jahresgespräch vorzubereiten
• Wie erging es mir in den letzten zwölf Monaten in meinem Bereich?
• Worin fühle ich mich stark?
• Worin benötige ich Unterstützung?
• Welche Qualifizierung oder Weiterbildung wünsche ich mir?
• Wo will ich in einem Jahr stehen?
• Was erleichtert oder erschwert meine Kommunikation - auch mit meiner Führungskraft?
Ihr eigenes »Entwicklungsbuch«
In vielen Kindergärten gibt es Entwicklungsbücher über jedes Kind. In luxemburgischen Kindergärten sind diese Entwicklungsbücher regelrechte kleine Kunstwerke, die ein Kind das ganze Leben begleiten werden.
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