Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
werden.
Die Bild- Zeitung rechnet nach: Bis zu 100 Mark mehr im Monat würden die Bundesbürger für Branntwein und Sekt ausgeben müssen.
Der Kanzler rechnet auch nach: »Damit jemand auf eine Mehrbelastung von 100 DM kommt, müsste er pro Monat 131 Flaschen Korn oder Weinbrand trinken. Wenn er kein Schnapstrinker ist, sondern es auf die Sektsteuer bezieht, müsste er 153 Flaschen Sekt im Monat trinken.«
Als Helmut Schmidt einmal …
… fast eine grönländische Friedensbewegung gegründet hätte
Bonn, 10. Oktober 1981. 250 000 Menschen demonstrieren auf der größten Kundgebung nach dem Krieg gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen. Es sprechen: Heinrich Böll, Petra Kelly und Uta Ranke-Heinemann. Musik kommt von den Bots, die ihre Friedensschnulze »Das weiche Wasser« vortragen.
Vor allem junge Menschen sind gegen die neuen Atomwaffen auf deutschem Boden.
Was sie nicht wissen: Helmut Schmidt, dem sie die neue Rüstungsrunde anlasten, war schon gegen die Stationierung, als ein Teil der jetzigen Demonstranten noch gar nicht geboren war: »Landgestützte Raketen gehören nach Alaska, Labrador, Grönland oder in die Wüsten Libyens und Vorderasiens, keineswegs aber in dicht besiedelte Gebiete.«
Helmut Schmidt hat diese These 1961 in seinem Buch Verteidigung oder Vergeltung formuliert und auch bei der Verhandlung des NATO-Doppelbeschlusses im Dezember 1979 wieder vertreten. Aber die Amerikaner waren dagegen: »Zu teuer.«
So kommt es, dass an diesem 10. Oktober 1981 junge Menschen in Bonn in den Genuss von Petra Kelly und den Bots kommen und auf Grönland die Eskimos einfach weiter fischen gehen.
Als Helmut Schmidt einmal …
… Bet-Training empfahl
»Angst« ist das Modewort der frühen Achtzigerjahre. Auf Friedensdemonstrationen schnallen Eltern ihren Kindern Pappplakate um, auf denen steht: »Ich habe Angst.« Es ist das definitive, sich jeglicher Rationalität entziehende Argument, dass alles anders werden muss. Sofort.
»Fantasie an die Macht«, skandieren sie. An der Macht ist aber Helmut Schmidt. Und der hat keine Angst.
Keine Angst vor Atomraketen und Atomkraftwerken, keine Angst vor Computern, keine Angst vor Reagan. Und er hat auch keine Angst vor der neuesten, von Psychologen diagnostizierten definitiven Angst, nämlich der »Angst vor der Angst«.
Interessanterweise tun sich beim Angsthaben besonders die Christen hervor: die marschieren auf Friedensdemos mit blauen Halstüchern vorneweg und zitieren die Bergpredigt. Schmidt-Vertrauen haben die schon lange nicht mehr. Gottvertrauen allerdings auch nicht.
Der Kanzler kennt auch den Grund: Die »Patent-Ethiker« und »Bergpredigt-Pazifisten« würden »andere mit ihrer Angst infizieren, weil sie nicht beten können«.
Beten tut Schmidt allerdings selbst selten. »Beten Sie?«, wird der Altkanzler 2011 gefragt und mit der Antwort zitiert: »Ich führe keine Selbstgespräche.«
Als Helmut Schmidt einmal …
… die Ölkrise hatte
1975. Wahlkampf in Schleswig-Holstein. Die autofreien Sonntage sind zwei Jahre her. Der Bericht des Club of Rome über die »Grenzen des Wachstums« befindet sich seit nunmehr drei Jahren in den Bücherregalen von SPD-wählenden Studienräten. Wachsen tun nur noch deren Bärte, aber nicht mehr die Prosperitätsraten. Der Kanzler muss reagieren und ein bisschen Bescheidenheit demonstrieren, ohne fatalistisch zu werden.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Kiel macht Schmidt den Befreiungsschlag: Der Kanzler verkündet, nun habe auch er aus der Energiekrise gelernt. Er sei von einem Opel Commodore auf einen Opel Rekord umgestiegen. Der Commodore verbraucht schon mal fünfzehn Liter. Der Opel Rekord nur um die zwölf.
Doch die Stimmung im Saal bleibt schlecht: Schließlich ist der Benzinpreis gerade auf rekordverdächtige 84 Pfennig gestiegen.
Als Helmut Schmidt einmal …
… an der japanischen Seele scheiterte
Seit 1975 ist Japan, ein neuer Star der Weltökonomie, der die deutsche Kamera-, Uhren-, Unterhaltungs- und Motorradindustrie zermalmt hat, beim Weltwirtschaftsgipfel dabei. Dort hat seit 1974 Helmut Schmidt das Sagen. All die Andreottis und Callaghans und Gerald Fords kommen und gehen. Helmut Schmidt bleibt und führt das große Wort: Vor allem der Amerikaner Jimmy Carter muss sich vom Kanzler ökonomische Vorträge anhören, gespickt mit volkswirtschaftlichen Begriffen, von denen der Erdnussfarmer aus Georgia noch nie gehört hat. Schmidt ist der Meinung, dass er, der deutsche
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