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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
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soundso viel Pfund schwer, lässt sich mit einem Seil diesen verdammten Berg raufhieven und nachher wieder runter. Wahrscheinlich weil ich mit den Totenscheinen die Fünfzigtausend-Dollar-Marke erreichen müsste, bevor ich aufhören kann. «Was zum Teufel hat deine Frau sich dabei gedacht, auf einem verdammten Berggipfel krank zu werden?», frage ich.
    «Tut mir ehrlich leid», sagt er. Er lässt das Seil los, lässt es einfach fallen und hat sich schon dem Haus zugewandt. Hier oben gibt es noch ein wenig Tageslicht, es hat die Farbe von Schwefelhölzern. Die Bretter sehen aus wie Schwefelstreifen. Cash blickt nicht auf. Vernon Tull sagt, er bringt jedes Brett ans Fenster, damit sie es sieht und sagen kann, ob es gut so ist. Der Junge holt uns ein. Anse sieht sich nach ihm um. «Wo ist das Seil?», fragt er.
    «Wo du es gelassen hast», sage ich. «Aber lass das Seil, ich muss ja wieder runter. Ich habe nicht die Absicht, mich hier oben vom Sturm packen zu lassen. Ich würde viel zu weit fliegen, wenn ich erst mal damit anfange.»
    Das Mädchen steht neben dem Bett und fächelt. Als wir eintreten, wendet ihre Mutter den Kopf und sieht uns an. Sie ist während dieser letzten zehn Tage schon tot gewesen. Ich nehme an, weil sie so lange als ein Teil von Anse gelebt hat, kann sie diesen Unterschied nicht mehr machen, wenn’s überhaupt ein Unterschied ist. Ich erinnere mich, als ich jung war, habe ich geglaubt, der Tod sei ein physisches Phänomen; heute weiß ich, dass er nurmehr eine Sache des Geistes ist – und des Geistes eines jeden, der den Verlust erleidet. Die Nihilisten sagen, er sei das Ende, die Fundamentalisten, er sei der Anfang, wo er doch in Wirklichkeit nichts anderes ist als der Auszug eines alleinlebenden Mieters oder einer Familie aus einer Wohnung oder einer Stadt.
    Sie sieht uns an. Nur ihre Augen bewegen sich. Es ist, als berührten sie uns, nicht mit der Kraft des Sehens oder des Wahrnehmens, sondern wie der Wasserstrahl aus einem Schlauch uns trifft, der Strahl im Augenblick des Auftreffens, losgelöst von der runden Ausströmöffnung, als wär das Wasser nie im Schlauch gewesen. Sie sieht Anse überhaupt nicht an, sie sieht mich an, dann den Jungen. Unter der Decke ist sie nicht mehr als ein Bündel dürrer Stöckchen.
    «Na, Miss Addie», sage ich. Das Mädchen hört nicht auf zu fächeln. «Wie geht’s dir, Schwester?», frage ich. Ihr Kopf liegt abgezehrt auf dem Kissen, dem Jungen zugewandt.
    «Du hast dir eine feine Zeit für meinen Besuch ausgesucht, und Sturm sollte ich auch gleich mitbringen.» Dann schicke ich Anse und den Jungen hinaus. Sie sieht dem Jungen nach, als er das Zimmer verlässt. Sie liegt reglos, nur ihre Augen bewegen sich.
    Er und Anse sind auf der Veranda, als ich hinauskomme; der Junge sitzt auf den Stufen, Anse steht neben einem Verandapfosten, lehnt sich aber nicht dagegen, seine Arme hängen herunter, seine Haare stehen zerzaust und verfilzt in die Höhe wie bei einem in Desinfizierlösung getauchten Hahn. Er wendet den Kopf, blinzelt.
    «Warum hast du mich nicht früher gerufen?», frage ich.
    «Eins ist zum andern gekommen», sagt er. «Der Mais – die Jungen und ich wollten ihn noch einbringen, und Dewey Dell hat ja gut für sie gesorgt, und Leute sind vorbeigekommen und wollten helfen und so, und da hab ich gedacht …»
    «Das verdammte Geld», sage ich. «Hast du je erlebt, dass ich einen gedrängt habe, wenn er gerade nicht zahlen konnte?»
    «Das ist es nicht, ich wollte nicht das Geld sparen», sagt er. «Ich hab bloß immer gedacht … Sie muss sterben, muss sie doch, oder?» Der unselige kleine Bengel sitzt auf der obersten Stufe und sieht kleiner aus denn je im schwefelgelben Licht. Das ist das Elend mit diesem Land: alles, das Wetter, einfach alles, zieht sich zu lange hin. Wie unsere Flüsse, so unser Land: trüb, träge, gnadenlos, das Leben der Menschen formend und prägend nach seinem unerbittlichen, düster brütenden Bild. «Ich hab’s gewusst», sagt Anse. «Hab’s die ganze Zeit gewusst. Sie war nicht davon abzubringen.»
    «Und hat verdammt recht», sage ich. «Mit einem lächerlichen bisschen …» Er sitzt auf der obersten Stufe, klein, reglos, in verwaschener Latzhose. Als ich rauskam, hat er erst zu mir aufgesehen, dann zu Anse. Jetzt sieht er keinen von uns mehr an. Sitzt nur da.
    «Ham Sie’s ihr schon gesagt?», fragt Anse.
    «Wozu», sage ich, «wozu zum Teufel?»
    «Sie weiß es. Ich wusste, wenn sie Sie sieht, dann weiß

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