Als ich im Sterben lag (German Edition)
anzusehen, ums Bett herum und aus dem Zimmer.
Sie will hinausgehn, dorthin, wo Peabody ist, und wo sie im Dämmerlicht stehn und seinen Rücken mit einem solchen Ausdruck ansehn kann, dass er ihre Augen spüren, sich umdrehen und sagen wird: Ich würde mich nicht allzu sehr grämen. Sie war alt und überdies krank. Hat mehr gelitten, als wir wussten. Sie wär nicht mehr gesund geworden. Vardaman wird schon groß, und dann bist du ja da, um für alle zu sorgen. Versuch, es dir nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Ich denke, du gehst jetzt und machst was zu essen. Es braucht nicht viel zu sein. Aber sie müssen jetzt essen. Und sie sieht ihn an und sagt: Sie könnten so viel für mich tun wenn Sie nur wollten. Wenn Sie nur wüssten. Ich bin ich und Sie sind Sie und ich weiß es und Sie wissen es nicht und Sie könnten so viel für mich tun wenn Sie nur wollten und wenn Sie wollten könnte ich es Ihnen sagen und dann brauchte niemand es zu wissen außer Ihnen und mir und Darl
Pa steht übers Bett gebeugt, regungslos, mit hängenden Armen und krummem Rücken. Er hebt die Hand an den Kopf, fährt sich mit den Fingern durchs Haar, lauscht auf die Säge. Er wischt sich die Hand – Handfläche und Handrücken – am Schenkel ab und legt sie auf ihr Gesicht und dann auf die Wölbung der Decke, unter der ihre Hände sind. Er zieht an der Decke, wie er es Dewey Dell tun sah, und will sie bis zum Kinn hinauf glatt streichen, bringt sie stattdessen aber wieder in Unordnung. Abermals versucht er, sie glatt zu streichen; linkisch, die Hand unbeholfen wie eine Klaue, fährt er über die Falten, die er gemacht hat, und die sich unter seiner Hand störrisch und überall gleichzeitig immer von neuem bilden, sodass er schließlich aufgibt, die Hand fallen lässt und sie wieder – Handrücken und Handfläche – an seinem Schenkel reibt. Das Raspeln der Säge dringt stetig ins Zimmer. Pa atmet ruhig, mit einem leisen Kratzen im Hals, und schiebt den Priem am Gaumen entlang. «Gottes Wille geschehe», sagt er. «Jetzt bekomme ich meine Zähne.»
Der Hut hängt Jewel lose um den Hals und lässt wie durch eine Rinne das Wasser auf den durchweichten Tragsack laufen, den er sich um die Schultern gebunden hat, während er im Straßengraben steht, knöcheltief im fließenden Schlamm, und mit einem immer wieder wegrutschenden zwei mal vier Zoll großen Brett, einen verrottenden Balken als Stütze, die Achse anzuheben versucht. Jewel, sage ich, sie ist tot, Jewel. Addie Bundren ist tot
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Vardaman
Dann fange ich an zu rennen. Ich renne nach hinten und komme an die Ecke der Veranda und bleibe stehn. Dann fange ich an zu weinen. Ich kann fühlen, wo der Fisch im Staub gelegen hat. Jetzt ist er in Stücke geschnitten, in lauter Stücke aus Nicht-Fisch, Nicht-Blut an meinen Händen und meiner Latzhose. Vorher war es nicht so. Da war’s noch nicht passiert. Und jetzt hat sie so viel Vorsprung, dass ich sie nicht einholen kann.
Die Bäume sehn aus wie Hühner, wenn sie sich an heißen Tagen plustern im kühlen Staub. Wenn ich von der Veranda springe, bin ich da, wo der Fisch war, der jetzt ganz in Stücken ist, in lauter Stücken aus Nicht-Fisch. Ich kann das Bett hören und ihr Gesicht und die andern, und ich kann fühlen, wie der Fußboden erzittert, wenn er über die Dielen geht, er, der gekommen ist und es getan hat. Der gekommen ist und es getan hat, als sie ganz gesund war, aber er ist gekommen und hat es getan.
«Der fette Mistkerl.»
Ich springe von der Veranda und renne. Das Scheunendach stößt jäh aus der Dämmerung heraus. Wenn ich springe, kann ich mitten hindurch, wie die rosa Dame im Zirkus, hinein in den warmen Dunst, ohne warten zu müssen. Meine Hände halten sich fest an den Büschen; unter meinen Füßen rollen Steine und Erdklumpen weg.
Dann kann ich wieder atmen, im warmen Dunst. Ich gehe in die Box zum Pferd und versuche, es anzufassen, und dann kann ich weinen, dann kotze ich das Weinen aus mir raus. Sobald es aufhört auszuschlagen, kann ich, dann kann ich weinen, ich kann losheulen, das Heulen kann losheulen.
«Er hat sie umgebracht! Er hat sie umgebracht!»
Das Leben im Pferd läuft unter seiner Haut entlang, unter meiner Hand, läuft durch die Flecken im Fell, der Geruch steigt mir in die Nase, wo die Übelkeit zu heulen anfängt, das Heulen rauskotzt, und dann kann ich atmen und kotzen. Es macht eine Menge Lärm. Ich kann riechen, wie das Leben unter meinen Händen hervor an meinen
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