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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Holzapfelbaum gehabt haben und dass ich unter dem Holzapfelbaum einmal ‘glaubt hab, ‘s ist mein letztes End’. Totenübel ist mir gewesen, weil ich mit dem Riegelberger-Peter das Tabakrauchen hab lernen wollen. – Das ist mir gestern nicht eingefallen und so hab ich unsern Herbergvater angelogen und deswegen will ich jetzt frei wieder zurückgehen und die Sach’ in Richtigkeit bringen.«
    »Nein, zurückgehen tun wir nicht«, sagte ich und in meinen Augen wird Wasser zu sehen gewesen sein.
    »Ja«, rief der Vater, »was wirst denn sagen, wenn du unsere liebe Frau bist und einer kommt von weit her zu dir, dass er dich verehren möcht, und bringt dir eine großmächtige Lüg’ mit?!«
    »Gar so groß wird sie wohl nicht sein«, meinte ich und sann auf Mittel, das Gewissen meines Vaters zu beruhigen. Da fiel mir was ein und ich sagte Folgendes: »Ihr habt nur erzählt, dass Ihr Euer Lebtag keine Pfeife im Mund gehabt hättet. Das kann ja wohl wahr sein. Ihr habt bloß das Rohr und von dem nur die Spitze im Mund gehabt.«
    Darauf schwieg er eine Zeit lang und dann sagte er: »Du bist ein verdankt hinterlistiger Kumpel. Aber verstehst, das Redenverdrehen lass ich dir nicht gelten, und auf dem Kirchfahrtweg schon gar nicht. Ich hab’s so gemeint, wie ich’s gesagt hab, und der Bauer hat’s so verstanden.«
    »So müsset es halt gleich beichten, wenn wir nach Zell kommen«, riet ich – darauf ging er ein und wir zogen und beteten weiter.
    Beim Radwirt hielten wir an, mussten uns stärken. Wir hatten nun die Radsohl’ zu übersteigen, den Sattel der Beitschalpe, die mit ihren Wänden schon lange auf uns hergestarrt hatte. Die Wirtin schlug die Hände zusammen, als sie den kleinwinzigen Wallfahrer vor sich sah, und meinte, der Vater werde mich wohl müssen auf den Buckel fassen und über den Berg tragen; wenn ich nicht brav Wein trinke und Semmeln esse.
    Hinter dem Wirtshause zeigte eine Hand schnurgerade den steilen Berg hinan: »Weg nach Maria Zell.« Aber ein paar Hundert Schritte weiter oben stand ein Kruzifix mit der Inschrift »Hundert Tag’ Ablass, wer das Kruzifix mit Andacht küsset, und fünfhundert Tag’ vollkommenen Ablass, wer Gelobt sei Jesus Christus sagt«.
    Auf der Stelle erwarben wir uns sechshundert Tage Ablass.
    Dann gingen wir weiter, bald auf Fahrwegen, bald auf Fußsteigen, und nach einer Stunde waren wir oben.
    Wir setzten uns auf den weichen Rasen und blickten zurück in das weite Waldland, über die grünen Berge hin und bis in die fernen blauen. Und zwischen den blauen heraus erkannte mein Vater jenen, auf welchem unser Haus stand. Dort ist die Mutter mit dem kleinen Brüderlein, dort sind sie alle, die mit ihren Gedanken bei uns sind auf unserem Weg nach Zell. Wie müssen die Leute jetzt winzig sein, wenn schon der Berg so klein ist wie ein Ameisenhaufen! –
    Es war die Mittagsstunde. Wir vermeinten vom Veitschtale herauf das Klingen der Glocke zu hören.
    »Ja«, sagte dann mein Vater, »wenn man’s betrachtet, die Leut’ sind wohl recht klein gegen die große Welt. Aber schau, mein Bübel, wenn schon die Welt so groß und schön ist, wie muss es erst im Himmel sein?«
    Ich habe die Frage nicht beantwortet.
    Wir erhoben uns und gingen den ebenen Weg, der hoch auf dem Berge dahinführt, und ich sah schaudernd zur schroffen Steilwand der Veitsch empor, die schier drohend, als wollte sie niederstürzen, auf uns herabstarrte. Endlich standen wir vor einem gemauerten Kreuze, in dessen vergitterter Nische ein lieber, guter Bekannter war. Der heilige Nikolaus, der alljährlich zu seinem Namenstage mich mit Nüssen, Äpfeln und Lebzelten beschenkte, anstatt dass ich ihm es tat. Und von diesem Kreuze sahen wir hinab auf die Zeller Seite. Doch wir sahen noch lange nicht Zell; wohl aber ein so wildes, steinernes Gebirge, wie ich es früher nicht gesehen hatte. Ein Gebet beim Nikolo und wir stiegen hinab in die fremde, schauerliche Gegend.
    Wir kamen durch einen finsteren Wald, der so hoch und dicht war, dass kein Gräslein wuchs zwischen seinen Stämmen. Mein Vater erzählte mir Raub- und Mordgeschichten, welche sich hier zugetragen haben sollen, und ein paar Tafeln an den Bäumen bestätigten die Erzählungen. Ich war daher recht froh, als wir in das Tal kamen, wo wieder Wiesen und Felder waren und an der Straße wieder Häuser standen.
    Wir waren bald in der Wegscheide, wo sich drei Wege teilten, der eine geht nach Veitsch und nach Neuberg, der andere nach Seewiesen und den dritten weist

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