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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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wenn es ein Hascher ist.«
    Ich erschrak. Sie hatte mich gemeint und ich kannte die Ausdrucksweise der Leute gut genug, um zu verstehen, dass sie mich – wie ich so dastand mit offenem Mund und geschlossenen Augen – für ein Trottelchen hielt.
    Ich war daher froh, als wir weiterkamen. Nun gingen wir schon fremde Wege. Hinter dem Orte Krieglach steht ein Kreuz mit einem Marienbilde und mit einer hölzernen Hand, auf welcher die Worte sind: »Weg nach Maria Zell.«
    Wir knieten vor dem Kreuze nieder, beteten ein Vaterunser um Schutz und Schirm für unsere Wanderschaft. »Das rührt mich an«, sagte mein Vater plötzlich und richtete sein feuchtes Auge auf das Bild, »sie schaut so viel freundlich auf uns herab.« Dann küsste er den Stamm des Kreuzes und ich tat’s auch und dann gingen wir weiter.
    Als wir in das Engtal der Veitsch einbogen, begann es schon zu dunkeln. Rechts hatten wir den finsteren Bergwald, links rauschte der Bach und ich fühlte ein Grauen vor der Majestät und Heiligkeit dieses Zeller Weges. Wir kamen zu einem einstöckigen Wirtshaus, wie solche in den Wäldern der Räubermärchen stehen – doch über der Tür war trotz der Dämmerung noch der Spruch zu lesen: »Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden!« – Aber wir gingen vorüber.
    Endlich sahen wir vor uns im Tale mehrere Lichter. »Dort ist schon die Veitsch«, sagte mein Vater, aber wir gingen nicht so weit, sondern bogen links ab und den Bauernhäusern zu und wir schritten in eines der Häuser und mein Vater sagte zur Bäuerin: »Gelobt sei Jesu Christi, und wir zwei täten halt von Herzen schön bitten um eine Nachtherberg’; mit einem Löffel warmer Suppe sind wir rechtschaffen zufrieden und schlafen täten wir schon auf dem Heu.«
    Ich hatte gar nicht gewusst, dass mein Vater so schön betteln konnte. Aber ich hatte auch nicht gewusst, dass er auf Wallfahrtswegen nur ungern in ein Wirtshaus einkehrte, sondern sich Gott zur Ehr’ freiwillig zum Bettelmann erniedrigte. Das war ein gutes Werk und schonte den Geldbeutel.
    Die Leute behielten uns willig und luden uns zu Tische, dass wir aßen von allem, was sie selber hatten. Dann fragte uns der Bauer, ob wir Feuerzeug bei uns hätten, und als mein Vater versicherte, er wäre kein Raucher und er hätte sein Lebtag keine Pfeife im Munde gehabt, führten sie uns in den Stadl hinaus auf frisches Stroh.
    Wir lagen gut und draußen rauschte das Wasser. Das mutete seltsam an, denn daheim auf dem Berg hörten wir kein Wasser rauschen.
    »In Gottes Namen«, seufzte mein Vater auf, »morgen um solch’ Zeit sind wir in Maria Zell.« Dann war er eingeschlafen.
    Am andern Morgen, als wir aufstanden, leuchtete auf den Bergen schon die Sonne, aber im Schatten des Tales lag der Reif. Als wir durch das lange Engtal hinwanderten, an Wiesen und Waldhängen, Sträuchern und Eichenbäumen hin, über Brücken und Stege, an Wegkreuzen und Bauernhäusern, Mühlen, Brettersägen und Zeugschmieden vorbei, trugen wir jeder den Hut und die Rosenkranzschnur in der Hand und beteten laut. Des schämte ich mich anfangs vor den Vorübergehenden, aber sie lachten uns nicht aus; an der Zeller Straßen ist’s nichts Neues, dass laut betende Leute daherwandern. Mein Vater betete überhaupt gern mit mir; er wird gewiss immer sehr andächtig dabei gewesen sein, aber mir kamen im Gebete stets so verschiedene und absonderliche Gedanken, die mir sonst sicherlich nicht eingefallen wären. War ich im Beten, so interessierte ich mich für alles, woran wir vorüberkamen, und wenn sonst schon gar nichts da war, so zählte ich die Zaunstecken.
    Heute gab mir vor allem das Ding zu sinnen, das mein Vater in seiner Tasche hatte und das im Rockschoß hin und her schlug. – Für einen Wecken ist’s viel zu schwer. Für eine Wurst ist’s zu groß. –
    Ich war noch in meinen Erwägungen, da blieb mein Vater jählings stehen und das Gebet unterbrechend rief er aus: »Du verhöllte Sau!«
    Ich erschrak, denn das war meines Vaters Leibfluch. Er hatte sich ihn selbst erdichtet, weil die anderen ja alle sündhaft sind. »Jetzt kann ich schnurgerade zurückgehen«, sagte er.
    »Habt Ihr denn was vergessen?«
    »Das wär mir ein sauberes Kirchfahrtengehen«, fuhr er fort, »wenn man unterwegs die Leut’ anlügt! – Hast es ja gehört, wie ich gestern erzählt hab, ich hätt mein Lebtag keine Pfeifen im Maul g’habt. Jetzt beim Beten ist’s mir eingefallen, wie ich dort den Holzapfelbaum sah, dass wir daheim auch einen alten

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