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Als meine Mutter ihre Kueche nicht mehr fand

Als meine Mutter ihre Kueche nicht mehr fand

Titel: Als meine Mutter ihre Kueche nicht mehr fand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joern Klare
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von den Pflegenden oft enorm viel Geduld herauszufinden, was gewollt und gewünscht wird. Doch auf dieser Grundlage kann die Lebensqualität dieser Menschen positiv beeinflusst werden.
    Ich erzähle ihm von den Diskussionen mit meiner Mutter über das Geld in ihrem Portemonnaie, das regelmäßig verschwindet. Er nickt.
    – Das sind schwierige Fragen und immer wieder auch Gratwanderungen. Ihrer Mutter ist das ja offensichtlich wichtig, was ja nachvollziehbar ist. Oft ist das ein Abwägungsproblem. Aber erst einmal hat Ihre Mutter selbst bei verminderter Zurechnungsfähigkeit das Recht, einen Wunsch zu äußern, und den, wenn möglich, auch erfüllt zu bekommen.
    Gerade weil sie so viel Zuwendung brauchen, sagt Remmers, gelten Menschen mit Demenz als »teure Patienten«.
    – Aber ist dieses gewünschte Maß an Zuwendung in unserem Pflegesystem überhaupt möglich?
    Ich denke bei meiner Frage an das Heim meiner Mutter und die anderen Heime, die ich mir bisher angesehen habe, Institutionen, in denen der Anteil der Menschen mit Demenz an die achtzig Prozent reicht. Wobei der offiziell geschätzte Anteil für Deutschland etwas niedriger liegt. Laut Statistischem Bundesamt haben gut zwei Drittel der 700000 Pflegebedürftigen in den insgesamt gut 10000 deutschen Heimen eine Demenz.
    – Ja, das ist eine schwierige Situation. Eine Demenzerkrankung ist mittlerweile der häufigste Grund für die Aufnahme in ein Pflegeheim. Früher waren die Leute, die in ein Heim zogen, jünger und gesünder. Heute gehen die meisten diesen Schritt erst, wenn die Einschränkungen zu Hause nicht mehr kompensiert werden können. Dazu kommt, dass sich die Krankheitsszenarien verändert haben. Heute werden immer mehr Menschen mit chronischen Krankheiten alt, die man behandeln, aber eben nicht heilen kann. Dies ist einer der Gründe, warum die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen ist, wir aber auch mehr und mehr pflegebedürftige Menschen haben.
    – Was bedeutet das konkret?
    – Die berufliche Belastung für das Pflegepersonal wird immer höher. Zudem steigen die fachlichen Anforderungen, denen die berufliche Qualifikation häufig nicht mehr gerecht wird. Dabei ist die psychische, emotionale und physische Belastung der Pflegekräfte enorm hoch. Gerade im Demenzbereich fehlen oft die positiven und bestätigenden Rückmeldungen, die für die Motivation der Pflegenden wichtig sind.
    Allerdings liegt der aktuelle Mindestlohn für die insgesamt gut 600000 meist weiblichen Pflegekräfte in den westdeutschen Bundesländern bei überschaubaren 8,75 Euro, in Ostdeutschland bei noch überschaubareren 7,75 Euro. Eine Studie, erstellt im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbunds, spricht davon, dass 84 Prozent der Beschäftigten in Altenpflegeberufen verständlicherweise über unzureichende Gehälter klagen, 72 Prozent kritisieren die »zu hohe, belastende Arbeitsintensität«, und 51 Prozent können sich nicht vorstellen, gesund durch ihr weiteres Erwerbsleben zu kommen. So wechselt eine Pflegekraft im Durchschnitt nach neuneinhalb Jahren das Arbeitsfeld. Aktuell sind im Pflegebereich mehr als 12000 Vollzeitstellen unbesetzt. Nach einer Modellrechnung des Statistischen Bundesamtes könnten es im Jahr 2025 mehr als 100000 sein. In Japan, wo die Gesellschaft noch rasanter altert als bei uns, entwickelt Toyota mittlerweile »intelligente, freundliche und sanfte« Pflegeroboter, die bewegungsbehinderten Menschen als Koordinations- und Bewegungshilfe dienen oder bei der Umbettung und dem Transport helfen. 2013 sollen sie auf den Markt kommen.
    Remmers sieht das Problem in einem größeren Kontext.
    – Berufe, die etwas zum ökonomischen Wachstum beitragen, genießen grundsätzlich einen viel höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Man darf nicht vergessen, dass wir eine sogenannte Exportnation sind, die sich in erster Linie um ihr Bruttoinlandsprodukt sorgt. Diese Gewichtung ist auf Dauer verhängnisvoll.
    Ich denke an die Versorgung meiner Mutter, die mit mehr Pflegekräften besser sein könnte. Ich frage mich, wie dieses Heim wohl aussehen wird, wenn ich es in dreißig Jahren brauchen würde. Schlafsäle? Keine Unterstützung mehr bei Freizeitaktivitäten? Wer selbst nicht aufstehen kann, muss im Bett bleiben, und freundliche Mitarbeiter verabreichen Psychopharmaka und bieten an, beim Sterben zu helfen? Remmers sagt, bei den sich abzeichnenden Entwicklungen sei es absolut unklar, wie die Situation aussehen wird, wenn ich mal in die Lage meiner

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