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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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darauf achtete, dass ihre ungeschützte und empfindliche Kopfhaut nicht der gleißenden Sonne ausgesetzt war.
    Eines der Besatzungsmitglieder kümmerte sich besonders um sie. Giorgos sprach nur Griechisch, aber es entging ihm nie, wenn Evangeline, konzentriert über das halb zusammengesetzte Puzzle einer hölzernen Meereslandschaft von Renoir gebeugt, ganz für sich dasaß. Sie ließ sich bereitwillig ablenken, wenn der muskulöse junge Grieche neben ihr auftauchte und ihr, indem er seine Finger an die Lippen führte und dazu schmatzende Geräusche machte, liebenswürdig bedeutete, dass er ihr gerne ein Erfrischungsgetränk oder Honiggebäck des Schiffskochs bringen würde.
    Eines Nachmittags, als die anderen an Land gegangen waren, um einen fünfhundert Jahre vor Christi Geburt erbauten Tempel zu besichtigen, hatte Evangeline ihren Lieblingsstuhl in die Nähe der ausziehbaren Bootsleiter gerückt und machte es sich im Schatten gemütlich. Als Giorgos die Leiter heraufgeklettert kam, wollte sie ihm schon einen Gruß zurufen, da bemerkte sie, dass er nicht allein war. Im Nachmittagsschatten konnte Giorgos Evangeline nicht erkennen, seine ganze Aufmerksamkeit war auf die Gestalt konzentriert, die ihm die Stufen vom Wasser herauf folgte. An der Spitze der Leiter erschien eine junge Frau. Sie trug ein zweiteiliges Kleidungsstück aus rosa Gingham, wie es noch in keiner von Evangelines Modeillustrierten je abgebildet war. Eine Art Büstenhalter, der ein Paar beneidenswert fester Brüste umhüllte, war durch einen flachen, milchschokolade
braunen Bauch von dem dazu passenden Höschen getrennt. Giorgos half der jungen Frau an Deck. Seine nasse grüne Badehose umschmiegte die Konturen seines beeindruckenden Unterkörpers.
    Mit dem Zeigefinger auf den Lippen gab Giorgos dem Mädchen ein Zeichen, leise zu sein. Er musste sich sichtlich bemühen, nicht in Gelächter auszubrechen. Als das triefende Paar zusammen auf dem festen Grund des Schiffes stand, ließ die halb nackte Frau die Spitze ihrer himbeerfarbenen Zunge über die Lippen gleiten und wrang das Wasser aus dem salzig-nassen Stoff ihres Badehöschens. Die Tröpfchen fielen wie funkelnde Perlen aufs Deck. Ihre Vorführung wurde von Giorgos mit einem anerkennenden Luftkuss belohnt.
    Evangeline konnte nicht wegsehen, als das Pärchen Hand in Hand unter Deck verschwand. Evangeline starrte den beiden nach. Plötzlich rührte sich ihr gegenüber etwas. Lady Diana, eingemummt in eine Decke, hatte sich ebenfalls im Schatten eingerichtet, auf dem Tisch neben sich eine Schale Joghurt und ein Thermometer. Sie sah zu Evangeline herüber und lächelte breit. Evangeline, der diese Einladung zu einer Verschwörung schmeichelte, erwiderte ihr Lächeln.
    Ein Matrose polierte den Handlauf neben der Leiter, die Giorgos und seine Freundin soeben heraufgeklettert waren. Evangeline glaubte, Mays Bruder zu erkennen. Bei der Jungfernfahrt der Queen Mary hatte May ihn ihr gezeigt.
    »Sam?«, sagte sie fragend.
    »Oh, Miss Nettlefold, was für eine nette Überraschung!« Sam wusste, dass seine Schwester die füllige Amerikanerin sehr gern hatte und diese nach dem Unfall mit dem Hund zu May sehr freundlich gewesen war.
    »Sam, was in aller Welt tun Sie hier?«, fragte sie.
    Er erklärte, er sei einer von mehreren Matrosen der Glow Worm und der Grafton , die an Bord gebracht worden seien, um bei der heutigen Abendgesellschaft auszuhelfen.
    »Ach, Sie kommen von den ›Kindermädchenbooten‹, wie Lady Diana sie nennt?«, fragte Evangeline und blickte, ermutigt von deren jüngster Freundlichkeitsbezeigung, lächelnd zu Lady Diana hinüber.
    Doch Sam wirkte, als sei ihm unbehaglich zumute. Ihm stieg die familientypische Röte ins Gesicht.
    »Ach so, ja. Das ist gut. Und es ist sehr kahl hier. Ich meine kühl.« Sam murmelte nur noch. »Tut mir leid, Miss Nettlefold. Ich hoffe, Sie entschuldigen mich. Ich muss weiter.«
    Als Evangeline in ihr Zimmer, die vormalige Bibliothek, ging, um sich zum Abendessen umzukleiden und über die Kunst erotischer Erregung nachzudenken, versuchte sie, aus Sams Bemerkungen schlau zu werden. Erst als sie im Spiegel nach möglichen Anzeichen eines Sonnenbrands Ausschau hielt, wurde ihr der Sinn seiner Worte klar. Ihr Spiegelbild entsetzte sie. Als ungestüm angeklopft wurde, öffnete sie einem grinsenden Giorgos die Tür, der etwas in die Höhe hielt, das wie ein kleines, schlaffes schwarzes Nagetier aussah.
    »Lady Diana. Sie finden«, erklärte er und überreichte ihr

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