Als Mrs Simpson den König stahl
Tempels an dieser berühmten antiken Stätte erreicht. Als sie die riesige offene Fläche des Parthenons betrat, den eine uralte Zivilisation zur Ehre der jungfräulichen Göttin Athena erbaut hatte, bemerkte sie Lady Diana. Rasch ging
sie auf die elegante Gestalt mit dem Strohhut zu, wollte sie doch die Gelegenheit nutzen, den Perückenvorfall ein für alle Mal hinter sich zu lassen. Doch sie war nicht schnell genug. Lady Dianas Mann kam ihr zuvor. Das Paar stand Seite an Seite, mit dem Rücken zu Evangeline, und stellte eine Einheit dar, die unverkennbar intimer Natur war. Evangeline wandte sich ab und blickte aufs Meer. Die Farbe des Wassers erinnerte sie an das Funkeln der Saphirbrosche, die Wallis so oft trug. Saphir war ihr liebster Edelstein.
»Passt gut zur Farbe meiner Augen, findest du nicht, Vangey?«, hatte Wallis sie einmal mit einem koketten Lächeln gefragt.
Evangeline versuchte, nicht mehr an die Frau zu denken, die sie seit ihrer Schulzeit verwirrt und beeinflusst hatte, und fragte sich, ob sie wohl die richtigen Worte finden könnte, um die visuelle Kraft Griechenlands heraufzubeschwören oder etwas von der außergewöhnlichen Schönheit Athens zu vermitteln. Sie wusste genau, wen sie so verzweifelt mit ihren Bemerkungen beeindrucken wollte.
Die Aussicht auf warme Bäder und festes Land unter den Füßen überzeugte Evangeline, dass das Ende des Urlaubs keinen Augenblick zu früh gekommen war. Als sie zum letzten Mal von Bord der Nahlin gingen, war es bereits September. Evangeline und Wallis setzten ihre Reise nach Paris fort, während der König allein nach London zurückkehrte. Er hatte vor, die letzten beiden Wochen des Monats in Balmoral zu verbringen, und hoffte, mit dieser Entscheidung seine Mutter, Königin Mary, zu erfreuen, die es streng mit der Tradition hielt, besonders was den jährlichen Urlaub der königlichen Familie in Schottland betraf. Die Beziehung zu seiner Mutter hatte sich in den letzten Monaten verschlechtert, da Mary ihre Missbilligung seiner Beziehung zu der Amerikanerin immer deutlicher zum Ausdruck brachte. Ihr Sohn hoffte, den Schaden beheben zu können, obwohl er sich nicht darauf freute, ins »wirkliche Leben« zurückzukehren.
»Wieder rein in Nadelstreifenhosen und -mäntel. Zurück in die Schule«, sagte er grimassierend, als er sich von Wallis und Evangeline verabschiedete.
Sobald Wallis mit Evangeline im Meurice eintraf, einem Hotel, in dem sie schon während ihrer früheren Besuche bei ihrem Pariser Damenschneider logiert hatte, erlag sie einem Zustand äußerster Müdigkeit. Sie hatte geplant, den Salon ihres Lieblingscouturiers Mainbocher in der Avenue Georges V aufzusuchen, verkündete jedoch unter vielen Entschuldigungen, sie brauche ein, zwei Tage, um sich auszuruhen und ihre Gesundheit wiederzuerlangen. Der Urlaub schien sie eher ermattet als ihr Auftrieb gegeben zu haben. Ihr breites Lächeln war erschlafft, sie selbst wirkte noch dünner als sonst. Ihre Schlagfertigkeit und Ausgelassenheit hatten im Laufe der vergangenen zwei Wochen merklich nachgelassen und waren immer häufigeren Zornesausbrüchen gewichen, die meist dem König selbst galten.
»Ich befinde mich in einem solchen Sturm, Vangey. Ich muss einen Haufen Korrespondenz erledigen und einen schwierigen Brief schreiben. Wirst du mir verzeihen, Liebling, wenn ich dich heute Abend dir selbst überlasse? Sollte jemand nach mir fragen, sagst du einfach, ich hätte eine Erkältung. Ich fühle mich ja auch wirklich ziemlich mies. Schätze, ich hab's ein bisschen übertrieben.«
Bei ihrer Ankunft im Hotel warteten mehrere große Umschläge auf sie, adressiert in der Handschrift ihrer Tante Bessie. Auch Evangelines Bruder hatte ein kleines Päckchen mit ausgeschnittenen Zeitungsartikeln aus Baltimore und New York geschickt, darunter ein Foto von einer Szene an Bord der Nahlin : Wallis' manikürte Hand, die sanft auf dem nackten Unterarm des Königs ruhte. Gott weiß, bei welcher Gelegenheit das Foto entstanden war, aber die Intimität des Paares ließ sich nicht leugnen. In einer beigefügten Notiz teilte ihr Bruder ihr mit, bei einem New Yorker Verlag sei bereits eine Biographie über Wallis in Arbeit. Titel: Von Baltimore nach Balmoral .
Den nächsten Tag über weigerte sich Wallis, jemanden zu sehen. Sie blieb in ihrem Zimmer und bestellte beim Etagendienst kalte Forelle, Salat oder Maiskolben, die sie halb verzehrt auf Tabletts vor ihrer Zimmertür abstellte, sodass jeder, der vorbeiging, sie
Weitere Kostenlose Bücher