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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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bleiben, wenngleich Philip ihr versichert hatte, er werde bei den Abendgesellschaften auf dem Lande auch als alleiniger Gastgeber zurechtkommen. Die meiste Zeit werde er ohnehin in London verbringen, allerdings stets in der Nähe eines Telefons, für den Fall, dass Joan zu sich kam. Sein Optimismus war beeindruckend. Auch nach Myrtles Besuch lag Joan noch immer im Krankenhaus. Sie hatte kaum einen Gesichtsmuskel bewegt und war furchtbar dünn. In Wahrheit war Philip über den unveränderlichen Zustand seiner Frau so verzweifelt, dass seine Besuche immer seltener wurden.
     
    Am 10. August 1936 traf die königliche Reisegesellschaft in Jugoslawien ein. Nachdem man aus dem Orient-Express in den Hofzug des jugoslawischen Königs umgestiegen war, hatten die Reisenden nun die Küste erreicht, von wo aus sie den letzten Abschnitt der Reise antreten wollten. Während eines kurzen diplomatischen Zwischenaufenthalts, um Prinz Paul die Aufwartung zu machen, warteten am Bahnhof zwei gut informierte Fo
tografen in der Hoffnung, ein Bild knipsen zu können, das die gemeinsamen Urlaubspläne des Königs und Mrs Simpsons bestätigen würde. Die Warterei wurde ihnen mit einer einzigen Aufnahme gelohnt, die sie für ein hübsches Sümmchen an so viele europäische Zeitungen wie möglich zu verkaufen beabsichtigten.
    Die Nahlin , ein hundert Meter langes Schiff, dessen angenehm schlichte Umrisse sich im klaren Wasser der Adria spiegelten, lag im Hafen von Šibenik an der dalmatinischen Küste vertäut. Das Schiff, das die königliche Gesellschaft für die nächsten vier Wochen aufnehmen sollte, glänzte weiß vor dem Hintergrund der sanft bewaldeten Berge. Der Anblick verschlug den handverlesenen Passagieren den Atem.
    »Du meine Güte!«, rief Evangeline aus, überwältigt von einem seltenen Verlangen nach literarischer Eloquenz. »Welch ein Glück wird es sein, wenn wir uns sonnen in dem Glanze ewiger Seligkeit!«
    Sie hatte den Eindruck, es könnte sich um ein Zitat von William Shakespeare handeln, denn genau so klang es. Sie wünschte, Julian wäre dabei gewesen, um es von ihren Lippen zu hören, statt sich auf den hedonistischen Spielplätzen Berlins zu tummeln. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass er der hohlköpfigen Lottie bald überdrüssig sein würde und sich sicherlich auch gegen Mays hartnäckige Vorschläge für Radtouren entschiedener zur Wehr setzen würde.
    Die Gäste des Königs, hin und her gerissen zwischen der Schönheit des Schiffes und dem unerwarteten Anblick der fremden Menschenmenge auf der anderen Seite des Hafens, konnten ihre Unruhe nicht verhehlen. Alle fragten sich insgeheim, worauf sie sich da eingelassen hatten. Der Kapitän der Nahlin schätzte, dass sich die Menge der in ihrer Nationaltracht prächtig anzusehenden Schaulustigen auf bestimmt zwanzigtausend belief, angelockt von den mit Fotos ausgeschmückten jüngsten Zeitungsmeldungen. Es war sofort offensichtlich, dass sich die
Bevölkerung von Šibenik weniger für den König als für dessen Begleiterin interessierte.
    Nach einigen Tagen, die sie vollkommen ungestört und in glitzernden Gewässern kreuzend verbracht hatten, legten die Ferienreisenden in einem kleinen Hafen auf einer der griechischen Inseln an. Vor Ort wurde bestätigt, dass das Pseudonym des Herzogs von Lancaster (in Wirklichkeit einer der Nebentitel des Königs) gelüftet worden sei. Mit einer Miene, in der sich Bedrückung mit Missbilligung zu einem grimmigen Ausdruck paarte, setzte der Erste Kammerherr des Königs, Sir John Aird, seinen Dienstherrn davon in Kenntnis, dass eine zunehmende Anzahl amerikanischer und europäischer Publikationen über die königliche Kreuzfahrt berichte und das Interesse an der persönlichen Beziehung des Königs zu Mrs Simpson von Tag zu Tag wachse. Die Zeitungen hatten nicht nur die Reiseroute enthüllt, sondern auch die Namen der »Gäste des britischen Königs« bekannt gegeben, darunter »eine geschiedene Frau aus Baltimore«.
    Das Paar, an dem sich die wilden Spekulationen entzündeten, teilte sich das eine Ende der Jacht, während die Kabinen am anderen Ende den Gästen zugewiesen wurden. Obwohl die frühere Bibliothek tatsächlich ziemlich modrig war, tröstete sich Evangeline damit, dass sie sich glücklich schätzen durfte, überhaupt an Bord zu sein. Alle ihre früheren Hoffnungen, der romantische Aspekt der Kreuzfahrt könnte sich auch auf sie beziehen, wurden bald zunichtegemacht. Die Gästeliste setzte sich aus verschiedenen

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