Als Mutter verschwand
hatte solche Sehnsucht danach.
Du weiÃt gar nicht, wie sehr ich das alles hier vermisst habe, den Hof, den Maru, den Blumengarten, den Brunnen. Irgendwann habe ich mich an einer StraÃe hingesetzt und in den Staub gemalt, was mir eingefallen ist. Und es war das Haus. Ich habe das Tor gemalt, den Blumengarten, den Sims mit den Tontöpfen, den Maru. Das Einzige, woran ich mich erinnern konnte, war dieses Haus, das alte Haus, das schon vor langer Zeit verschwunden ist, das Haus mit der traditionellen Küche und dem hinteren Garten mit dem groÃblättrigen Pestwurz und dem Schuppen gleich am Schweinestall. Das blaue Zinkblechtor mit der abblätternden Farbe. Die kleinere Tür im linken Torflügel und der Briefkasten rechts daneben. Dass das ganze Tor geöffnet werden musste, kam selten vor, aber die eingesetzte Tür mit der Holzklinke war immer offen. Wir haben sie nie abgeschlossen. Auch wenn wir nicht zu Hause waren, kamen die Nachbarskinder herein und spielten bis Sonnenuntergang in unserem Hof. In der Hauptarbeitszeit, wenn alle den ganzen Tag auf dem Feld waren, ist meine kleine Tochter nach der Schule immer auf das Fahrrad geklettert, das in seinem Ständer unterm Dattelpflaumenbaum stand, und auf der Stelle geradelt. Wenn ich dann nach Hause kam, saà sie auf der Kante vom Maru. Sie hat »Mama!« gerufen und ist mir in die Arme gesprungen. Als mein zweitältester Sohn einmal von zu Hause weggelaufen war, stellte ich Essen für ihn auf die wärmste Stelle des FuÃbodens und lieà beide Torflügel weit offen. Wenn jemand über die Schüssel stolperte, stellte ich sie schnell wieder richtig hin. Wenn mich der Wind mitten in der Nacht geweckt hat, bin ich nach drauÃen gegangen und habe schwere Steine an die Torflügel gelegt, damit der Wind sie nicht zuschlagen konnte. Ich habe immer gehorcht, ob das Tor ein Geräusch machte.
Der Kleiderschrank ist zugefroren, ich kriege ihn nicht auf. Aber er müsste leer sein. Als meine Kopfschmerzen so schlimm wurden, wollte ich zu diesem Mann gehen, den ich lange nicht mehr gesehen hatte. Ich dachte, vielleicht würde es dann besser. Aber ich bin nicht hingegangen. Ich habe den Wunsch unterdrückt und stattdessen meine Sachen durchgesehen. Ich habe gefühlt, dass ich irgendwann demnächst nichts mehr erkennen würde. Ich wollte aufräumen, solange mir meine Sachen noch vertraut waren. Ich habe die Kleider, die ich nicht mehr trug, aber auch nicht hatte wegwerfen können, in ein Tuch eingeschlagen und drauÃen auf dem Brachland verbrannt. Die Unterwäsche, die mir Hyong-Chol vor so langer Zeit von seinem ersten Lohn gekauft hatte, lag auch im Schrank, noch mit den Etiketten dran. Als ich sie verbrannte, fühlte sich mein Kopf an, als würde er gleich zerspringen. Ich habe alles verbrannt bis auf die Decken und Kissen, die die Kinder noch benutzen konnten, wenn sie an Festtagen nach Hause kommen. Ich verbrannte die Baumwolldecken, die mir meine Mutter aus selbst gepflückter Baumwolle zur Hochzeit gemacht hatte. Ich nahm auch die ganzen Gerätschaften heraus, die mich so lange Zeit begleitet haben, und schaute sie noch mal an: die, die ich nie benutzt hatte, weil ich sie schonen wollte, das Geschirr, das ich gesammelt habe, um es meiner älteren Tochter in die Ehe mitzugeben. Wenn ich geahnt hätte, dass sie immer noch unverheiratet ist, obwohl ihre jüngere Schwester schon drei Kinder hat, hätte ich es der Jüngeren gegeben. Aber ich dummes Ding hatte gedacht, ich müsste es Chi-Hon geben, weil ich es nun mal für sie gekauft hatte. Ich habe ein Weilchen gezögert, dann alles Geschirr nach drauÃen gebracht und zerschmissen. Ich wusste â eines Tages würde ich mich an gar nichts mehr erinnern. Und bevor es so weit war, wollte ich alles loswerden, was ich je benutzt hatte. Ich wollte nichts zurücklassen. Die Unterschränke in der Küche sind auch alle leer. Ich habe alles, was sich zerschlagen lieÃ, zerschlagen und dann vergraben.
Das Einzige, was noch in diesem zugefrorenen Schrank hängt, ist wohl der schwarze Nerzmantel, den mir meine jüngere Tochter gekauft hat. In dem Jahr, in dem ich fünfundfünfzig wurde, wollte ich nicht essen und nirgends hingehen. Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass mir die Haut vom Gesicht abgescheuert wurde. Wenn ich den Mund aufmachte, glaubte ich meinen schlechten Atem zu riechen. Einmal habe ich zehn Tage lang
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