Als Mutter verschwand
Zement hat sie gemischt. Ein Haus nimmt den Charakter seiner Bewohner an und wird je nachdem ein gutes Haus oder ein verkommenes Haus. Wenn der Frühling kommt, musst du bitte im Garten Blumen pflanzen und die FuÃböden wischen und das Dach reparieren lassen, das der Schnee eingedrückt hat.
Vor ein paar Jahren hat dich mal, als du betrunken warst, jemand gefragt, wo du wohnst. Du hast gesagt, in Yokchon-dong. Obwohl Hyong-Chol und seine Familie da schon seit zwanzig Jahren nicht mehr in diesem Viertel von Seoul wohnten und ich mich kaum noch dran erinnern konnte. Du warst nie jemand, der seine Gefühle gezeigt hat. Aber als Hyong-Chol sein erstes eigenes Haus in Yokchon-dong hatte, hast du zwar auch nicht viel gesagt, doch ich glaube, in der Tiefe deines Herzens warst du mächtig stolz. Deshalb hast du wohl in deinem betrunkenen Zustand nicht dieses Haus hier genannt, sondern das, wo wir nur drei-, viermal im Jahr zu Besuch waren und höchstens zwei Nächte geblieben sind. Ich wollte, du wärst auf dieses Haus hier auch stolz. Um dieses Haus herum sind jedes Jahr kleine Blumen gekommen, in allen Winkeln vom Hof und vom Garten, ohne dass ich sie pflanzen musste, und haben Schönheit verbreitet, bis sie dann wieder verwelkt sind. Im Hof, unterm Maru und hinten im Garten war immer ein lebendiges Kommen und Gehen, sind Wesen geboren worden und gestorben. Vögel haben sich auf der Wäscheleine niedergelassen und gezwitschert und spektakelt, als ob sie über die Wäsche diskutieren würden. Ich glaube, ein Haus sagt viel über die Leute, die drin wohnen. Wären sonst die Enten im ganzen Hof herumspaziert und hätten überall Eier gelegt? Würde ich mich sonst so deutlich erinnern, wie ich an sonnigen Tagen ein Tablett mit dünn geschnittenem getrocknetem Rettich oder gekochten Tarostängeln auf die Lehmmauer gestellt habe? Sähe ich sonst das Bild vor mir, wie die frisch gewaschenen weiÃen Tennisschuhe meiner jüngeren Tochter in der Sonne trocknen? Und die Ãltere hat immer so gern beobachtet, wie sich der Himmel dort drüben im Brunnen spiegelt. Ich seh sie regelrecht, die Ellbogen auf dem Brunnenrand und das Kinn in die Hände gestützt.
Leb wohl ⦠ich verlasse jetzt dieses Haus.
Im Sommer, als ich plötzlich allein in der U -Bahn des Hauptbahnhofs von Seoul stand, konnte ich mich nur an Sachen aus der Zeit erinnern, als ich drei Jahre alt war. Da ich alles andere vergessen hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als einfach in irgendeine Richtung zu gehen â ich wusste ja nicht mal, wo ich war. Es war alles ein einziger Nebel. Aber der Hof, in dem ich mit drei Jahren immer gespielt hatte, stand deutlich vor mir. Das war die Zeit, als mein Vater wieder nach Hause kam, nachdem er nach Gold und Kohle gegraben hatte. Ich ging, so weit ich konnte. An Apartmenthochhäusern, grasbewachsenen Hügeln, einen FuÃballplatz entlang bin ich immer weitergegangen. Wo wollte ich hin? Zu dem Hof, wo ich als Dreijährige gespielt hatte? Als Vater wieder zu Hause war, ging er jeden Morgen zur Arbeit auf der Baustelle für den neuen Bahnhof, zehn Ri von unserem Haus entfernt. Was ist dort passiert? Was war das für ein Unfall, bei dem er ums Leben kam? Die Leute sagten, als die Nachbarinnen kamen, um Mama das mit Vaters Unfall zu sagen, bin ich im Hof herumgetollt. Ich habe weitergespielt, als ich sah, wie Mama aschfahl wurde und von den Nachbarinnen davongeführt wurde. Jemand hat mir einen Klaps aufs Hinterteil gegeben und gesagt: »Du lachst, dummes Kind, du weiÃt gar nicht, dass du gerade deinen Vater verloren hast.« Das war meine einzige Erinnerung, während ich immer weiterging, bis ich vor Erschöpfung zusammenbrach.
Da drüben.
Mama sitzt auf dem Maru des düsteren Hauses, in dem ich geboren worden bin.
Sie hebt den Kopf und schaut mich an. Bei meiner Geburt hatte meine GroÃmutter einen Traum. Eine Kuh mit glänzend braunem Fell stemmte sich aus dem Liegen hoch. Meine GroÃmutter sagte, weil ich genau in dem Moment geboren wurde, als die Kuh aufstand, würde ich sehr viel Energie haben und anderen viel Freude schenken, und sie gab meiner Mutter Ratschläge, wie sie mich behandeln sollte. Mama schaut auf meinen FuÃ, wo sich der Riemen der blauen Plastiksandale tief eingeschnitten hat. Durch die Wunde sieht man den Knochen. Mamas Gesicht verzieht sich vor Kummer. In so ein Gesicht habe ich gesehen, als
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