Als Oma noch mit Kohlen heizte
mir denkt“, brummte Martin vor sich hin. „Hauptsache, ich bringe die Katze unbemerkt nach oben.“
Und dann war Martin im rotweiß gekachelten Flur.
Schruppschrupp, die Matte. Pschtpscht, der feuchte Aufnehmer. Die paar Schritte bis zur Treppe.
„Ruhig, Martin, ruhig“, sagte er zu sich selbst.
Er stieg die Treppe hinauf ins erste Obergeschoss.
Er atmete erleichtert auf. Frau Krulle hatte nicht einmal die Tür einen Spaltbreit geöffnet, hatte nicht einmal gesagt: „’n Abend, Herr Lohgerber! Ist das ein Wetter heute! Da würde ich ja höchstens ’n Hund rausjagen.“
Aber nichts von alledem. Martin betrat die Küche und zog sorgfältig die Tür ins Schloss.
Warum benimmt sich der Mann so seltsam, dachte Tilla, als sie ihm einen Kuss zur Begrüßung geben wollte. Martin wich vor Tilla zurück. Er öffnete seine Jacke. Die Katze sprang auf den Fußboden.
„Was ist das denn?“, fragte Tilla erschreckt.
„Das ist ...“, fing Martin an und begann zu stottern. Ja, wer war das eigentlich, den er da hergeschleppt hatte? Kurz entschlossen gab er der Katze einen Namen und sagte: „Das ist unsere Julia.“
„Unsere Julia?“ Tilla lachte nervös auf. „Martin“, sagte sie, „Martin, du holst uns den Streit ins Haus. Ich rieche es, das gibt Ärger und Streit.“
Aber Martin sagte, was er von Martin Nummer eins wusste: dass niemand Katzenschritte hören kann, dass kein anständiger Mensch bei solchem Wetter eine Katze einfach im Freien lassen darf, dass ...
„Na ja“, sagte Tilla, „warten wir’s ab.“
Sie ging an den Herd. Hinten auf der Platte stand der Milchtopf. Sie nahm den Deckel vom Topf, tauchte einen Finger in die Milch und hob die Fetthaut heraus. Die schnippte sie auf eine Untertasse und stellte sie auf den Fußboden.
„Komm, Julia, komm!“, lockte sie die Katze.
Die ließ sich nicht lange bitten und schleckte die süße Haut vom Teller. Ganz blank leckte sie die Untertasse.
„Mama!“, sagte Bertha, das jüngste Kind. „Den Teller brauchst du gar nicht mehr zu spülen. Ist ganz sauber.“
„So weit kommt es noch“, sagte Tilla.
Julia schaute sich um und entdeckte neben dem warmen Herd eine hölzerne Kiste. Sie sprang darauf, rollte sich zusammen und legte ihre Schwanzspitze zwischen die Pfoten.
„Sie fühlt sich wohl“, sagte Martin.
„Ich fühle mich gar nicht wohl, wenn ich an Frau Krulle denke“, sagte Tilla.
Es klopfte an die Küchentür.
„Wenn man vom Teufel spricht ...“, flüsterte Tilla.
Scharf beobachtet
Tatsächlich! Mit grimmigem Gesicht trat Frau Krulle in die Küche, ohne auf ein „Herein, bitte!“ zu warten. Sie schaute sich in der Küche um. Sie konnte Julia gar nicht übersehen.
„Aha!“, sagte sie und atmete tief. „Dacht ich’s mir doch! Ein Tier in meinem Haus! Eine Katze unter meinem Dach! Das ist doch ...“
„Liebe Frau Krulle“, versuchte Martin ihr ins Wort zu fallen.
„Ich bin nicht Ihre ‚liebe‘ Frau Krulle. Für eine Familie, die mich schändlich hintergeht, die ihre Abmachungen mit mir schmählich bricht, bin ich nicht die liebe Frau Krulle.“
„Ich wollte Sie doch nur fragen, Frau Krulle, wie sind Sie eigentlich so schnell darauf gekommen, dass Julia hier oben ist?“
Frau Krulle stutzte. Dann sagte sie: „Ich habe Sie rein zufällig von der Arbeit kommen sehen. Sie gingen an meinem Fenster vorbei. Dort stand ich.“
„Rein zufällig“, sagte Martin.
„Jawohl, rein zufällig! Und was sehe ich? Ich traue meinen Augen nicht! Ich sehe doch wahrhaftig ein Stück Katzenschwanz unter Ihrer Jacke hervorschauen. Klothilde Krulle, denke ich, Klothilde, sei wachsam! Wo ein Schwanz ist, da ist auch meistens eine Katze!“
„Sehr scharf beobachtet“, lobte Tilla.
Und dann bot sie der Frau Krulle einen Stuhl an, ganz weit weg von der Katze, am anderen Ende der Küche.
„Wissen Sie, liebe Frau Krulle“, begann sie, „ich habe es meinem Mann auch schon gesagt. Das mit der Julia bringt nur Ärger. Die Katze muss wieder aus dem Haus.“
„Und zwar sehr schnell“, bestätigte Frau Krulle. „Wir wollen doch auch weiterhin in Frieden leben, nicht wahr?“
Tilla nickte heftig. Aber dann sagte sie: „Andererseits, liebe Frau Krulle, es ist bald Weihnachten. Wenn wir den Kindern eine Katze schenken könnten, dann wäre das ein herrliches Weihnachtsgeschenk.“
„Auf keinen Fall!“, sagte Frau Krulle. „Weihnachten hin, Weihnachten her, ich dulde nun mal keine Tiere in meinem Haus.“
„Selbstverständlich
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