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Als ploetzlich alles anders war

Als ploetzlich alles anders war

Titel: Als ploetzlich alles anders war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Dierks
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ihr Fee und Hatice deshalb nichts gesagt oder sie hatten nie wirklich damit gerechnet, dass Louisa zurück in die alte Klasse kam. Vielleicht wäre ihnen das sogar lieber gewesen, weil sie Louisa gar nicht dabeihaben wollten, die ihnen in einer Stadt, in der es so unglaublich viele Treppen gab, nur zur Last fallen würde. Die Erkenntnis traf Louisa mit voller Wucht und entfesselte einen wahren Sturm von Gefühlen. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet– dass sie gleich am ersten Tag etwas so umhauen konnte.
    » Machen Sie sich mal keinen Kopf, Frau Fuchs, ich will gar nicht mitfahren«, erklärte Louisa und versuchte, das Zittern zu ignorieren. Sie brachte es sogar fertig, ihre Lider sekundenlang offen zu lassen und dem Blick der Lehrerin unbewegt zu begegnen, bis Frau Fuchs als Erste die Augen senkte.
    » Nein?«, fragte die Lehrerin verwirrt. » Aber es gäbe Möglichkeiten… ich meine… wir könnten etwas finden.«
    Verlogenes Getue, Louisa spürte doch, wie erleichtert sie war. Und ihre Mitschüler? Ihre Freundinnen? Sie schwiegen alle.
    » Nein«, rief Louisa. » Ich sagte doch schon, ich w i l l nicht, oder ist das Mitfahren Pflicht?«
    Nun hatte sie das Zittern wieder unter Kontrolle. Sie war mehr frustriert als traurig. Sie hatte ganz viel Hoffnung auf diesen ersten Schultag gesetzt, hatte gebüffelt wie verrückt und war zwischen zaghafter Freude und Bangigkeit ständig hin- und hergeschwankt, sodass sie sich jetzt einfach bloß noch müde und leer fühlte. Wie jemand, der in einem Kampf alles gegeben und doch verloren hatte.
    » Gut, dann will ich dich nicht drängen«, erwiderte Frau Fuchs.
    Sie öffnete ihre Tasche, nahm ein paar Ordner und das Klassenbuch heraus, legte alles auf den Tisch und sagte, dass sie jetzt den angekündigten Englisch-Vokabeltest schreiben würden.
    » Du musst natürlich nicht mitschreiben, Louisa«, sagte sie.
    » Ich will aber«, sagte Louisa.
    Nach der wochenlangen Büffelei würde sie doch jetzt nicht vor einem läppischen Vokabeltest kapitulieren.
    Dann fiel es ihr aber doch viel schwerer, als sie gedacht hatte. Nicht nur, dass sie beim Schreiben plötzlich einen Krampf bekam und ihre Schrift ganz krakelig wurde, sie wusste jetzt selbst die Bedeutung solcher Wörter nicht mehr, die sie früher im Schlaf hätte herunterbeten können. Sie war in Englisch immer eine der Besten gewesen, hatte nicht nur spielend die Strukturen der fremden Sprache erfasst, sondern auch eine tadellose Aussprache gehabt, für die Frau Rust sie häufig gelobt hatte.
    I am Louisa, I come from Berlin and I am a really gut figure-skater. (Ich bin Louisa, ich komme aus Berlin und ich bin eine wirklich gute Eisläuferin.)
    Das war einmal. Wie im Märchen. Nur dass im Märchen am Ende alles gut wird und es in ihrem Leben genau umgekehrt war. Alles verschlimmerte sich nur. Sie würde nie wieder richtig laufen können, reichte das denn nicht? Nein, es gab immer neue Hürden, überall lauerten Hindernisse, Mauern, Schwierigkeiten.
    Anfangs hatte sie sogar Wörter verwechselt und war schnell nervös geworden, wenn viele Leute im Raum durcheinandersprachen, dann hatte es manchmal einen richtigen Wortsalat gegeben, aber das hatte sie mit Hilfe der Logopädin allmählich wieder in den Griff gekriegt.
    Jetzt hatte sie plötzlich wieder das Gefühl, nicht wirklich sicher zu sein, welche Bedeutung ein bestimmtes Wort hatte.
    Zu Hause war ihr das Lernen während der letzten Monate zwar auch nicht leichtgefallen, doch Louisa hatte gedacht, das läge an dem Stress, den sie seit dem Unfall gehabt hatte.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, jetzt grundsätzliche Schwierigkeiten beim Lernen zu haben, und sich so in die Büffelei reingehängt, bloß um mental fit zu bleiben, weil es das einzig lohnenswerte Ziel war, das sie noch hatte.
    Früher hatte sie nie verstanden, wie sich manche Mitschüler bestimmte Sachen einfach nicht merken konnten und nicht mal in der Lage gewesen waren, etwas richtig vorzulesen, geschweige denn ein Gedicht auswendig zu lernen und es vorzutragen.
    Und jetzt gehörte sie selbst dazu, würde belächelt oder verspottet werden. Papa würde nie wieder sagen, wie stolz er in jeder Hinsicht auf seine Tochter war.
    » Ist mit dir alles okay, Louisa?« Die Stimme der Fuchs wie aus weiter Ferne. Louisa schrak aus ihren Gedanken und blinzelte die Lehrerin an.
    » Alles okay«, sagte Louisa.
    * Die Grundschulzeit beträgt in Berlin sechs Jahre.

Louisas Lachen
    Teresa brannte darauf, zu erfahren, wie

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