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Als ploetzlich alles anders war

Als ploetzlich alles anders war

Titel: Als ploetzlich alles anders war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Dierks
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gewordenen, fast verkümmert wirkenden Beinen in einem Rock einfach verboten aus. Sie trug jetzt lieber unauffällige, bequeme Klamotten. Pullover oder Jacken mit Kapuzen, weite Baggy-Jeans, auch das lange Haar hatte sie sich inzwischen abschneiden lassen, weil sie ohne Hilfe kaum noch eine Frisur richtig gut hinbekam, keine Zöpfe mehr flechten konnte und nicht mal mehr einen zerzausten Knoten zustande brachte.
    Irgendwann einmal würde sie sich die Haare vielleicht wachsen lassen und sich dann bestimmt auch wieder mehr wie ein Mädchen fühlen. Momentan war es ihr fast lieber, wenn man sie für einen Jungen hielt. Von einem Jungen erwartete man nicht unbedingt Grazie und Vollkommenheit. Manchmal dachte Louisa sogar, sie hätte die Behinderung als Junge möglicherweise leichter weggesteckt.
    Lärmige Pop-Musik schallte über den Platz, als Teresa den Rollstuhl aus dem Einkaufscenter ins Freie schob. Ein Song, den Louisa kannte und früher mal richtig gut gefunden hatte. Die Musik kam von der Eisbahn, die sie seit einigen Jahren in jedem Winter hier aufmachten. Louisa war aber selten dort, sondern lieber in ihrem Club gelaufen, weil die Bahn dort viel größer war.
    » Lass uns mal rübergehen«, sagte Louisa.
    » Zur Eisbahn?«, fragte Teresa verblüfft.
    » Ja, oder ist das ein Problem?«
    » Nein… natürlich nicht… ich dachte nur… ach, is’ auch egal, was ich dachte.«
    Louisa war froh, dass Teresa es nicht ausgesprochen hatte. Immer waren sie alle viel zu sehr darum bemüht, keine Erinnerungen zu wecken, damit Louisa auch ja keine wehmütigen Gedanken dachte. Als wenn das auch nur ansatzweise möglich gewesen wäre. Manchmal waren es nur Kleinigkeiten, die mit einem Erlebnis verknüpft waren, und schon war alles wieder da. Ob man sich nun erinnern wollte oder nicht. Das passierte ganz automatisch.
    Louisa griff nun selbst in die Räder und rollte dicht an die Bande heran. Das scharfe, schabende Geräusch der Schlittschuhkufen auf dem Eis löste ein leichtes Zittern in ihr aus. Bunte Spots waren auf die Eisfläche gerichtet, überschnitten sich und zauberten farbige Kreise auf die Bahn. Ein bisschen von der Stimmung, die da herrschte, griff nun auch auf Louisa über. Die Musik, die Gerüche, Gelächter, Kreischen. Louisa spürte ein Prickeln auf der Haut, hatte Schmetterlinge im Bauch wie früher, bevor sie aufs Eis gegangen war.
    Ein Mädchen mit knallroten Strickstulpen und schwarzen Schlittschuhen fuhr dicht an der Bande vorbei. Das hätte sie sein können, Louisa Eisprinzessin vor einem Jahr, unbekümmert und ahnungslos. Wenn man immer wüsste, was einem passieren würde, ob man dann vorsichtiger wäre? Oder war das ganze Leben auf irgendeine sonderbare Weise vorbestimmt und es war völlig egal, ob man aufpasste oder nicht?
    Während Louisa so gedankenverloren ihre Blicke über die Eisbahn schweifen ließ, entdeckte sie plötzlich Hatice, Fee und Niki, die in einer Dreierkette mit Niki in der Mitte lachend an ihr vorbeiliefen. Sie kreischten, weil sie wegen Niki, die sich kaum auf den Beinen halten konnte, gefährlich ins Schwanken gerieten. Sie liefen untergehakt, so wie sie früher mit Louisa zusammen gelaufen waren.
    » Sind das nicht…«, rief Teresa und brach mitten im Satz ab, weil Louisa plötzlich so heftig an den Rollstuhlrädern zerrte, dass die kleinen vorn neben dem Fußbrett befestigten Vorderräder blockierten und Louisa deshalb nicht einen Zentimeter weiterkam, dafür aber fast aus dem Rollstuhl geflogen wäre, weil sie nicht angeschnallt war. Da war es längst zu spät, denn Niki hatte sie entdeckt und rief ihren Namen. Dieser verdammte Rollstuhl war natürlich nicht zu übersehen– Louisa spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte, ihre Beine zuckten und sie dachte kurz darüber nach, einfach aufzustehen und loszuhumpeln. Aber wie hätte das erst ausgesehen.
    Die Drei kamen nun langsam auf sie zugelaufen. Fee stieß als Erste an die Bande, atmete heftig und strich mit ihren hellblau behandschuhten Händen ein paar blonde Locken aus dem geröteten Gesicht.
    » Wir haben uns ganz spontan zum Eislaufen entschlossen«, sagte sie schuldbewusst.
    » Wegen mir«, rief Niki. » Wollte es unbedingt mal versuchen. Aber du, ich hab echt zwei linke Füße, die nicht so… also ich bin… ja doch irgendwie sehr ungeschickt…« Niki wurde rot und verstummte. Sie war sportlich eine absolute Niete. Sie fände » Sport « für ihr Leben völlig überflüssig hatte sie mal gesagt, sie würde lieber

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