Als unser Kunde tot umfiel
Ich hatte den Auftrag bekommen, als unbeteiligter Gesprächsvermittler die beiden Konfliktparteien dabei zu unterstützen, die Situation zu klären. Der Ausgang des Gesprächs war für alle Beteiligten ungewiss. „Wer möchte denn anfangen?“, fragte ich, nachdem ich das Vorgehen für die nächste Stunde geklärt hatte und Herr Schuller sowie Herr Ernst damit einverstanden waren. Beide blickten sich kurz an. „Von mir aus kann der Kollege beginnen“, sagte Herr Schuller. „Also, wie schon gesagt, ich weiß eigentlich nicht so richtig, was das Ganze hier soll, aber bitte.“ Herr Ernst richtete sich auf und zog an seinem Sakko. Er war der Ältere der beiden Geschäftsführer. „Ich bin jetzt seit sechs Jahren in der Geschäftsführung und hatte immer freie Hand, was die Entscheidungen und die Führung angeht. Das änderte sich, als man mir vor fünf Monaten den Kollegen Schuller an die Seite stellte. Den Grund dafür habe ich nie ganz verstanden. Man hat sich auch nicht besonders viel Mühe gegeben, mir zu erklären, was das Ganze sollte. Ich konnte mir das nur so erklären, dass man für den Kollegen keinen adäquaten Platz im Unternehmen gefunden hat.“ Herr Schuller wurde langsam nervös und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. „Sie sagen, die Tatsache, dass Herr Schuller Verantwortung für Bereiche bekommen hat, die vorher zu Ihren Aufgaben gehörten, sei ein Auslöser der Konflikte zwischen Ihnen?“ „Na sicher, wenn ich alleine wäre, hätte ich keine Konflikte“, sagte Ernst. „Was sagen Sie dazu, wenn Sie das so hören, Herr Schuller?“ „Das ist doch ein Witz. Als ob ich den Job bekommen hätte, nur weil man für mich keine andere Stelle frei hat. Tatsache ist doch, dass es Probleme im Bereich gab, die Herr Ernst selbst nicht zufriedenstellend lösen konnte. Darum habe ich diesen Posten bekommen.“ „Sie sagen, dass Sie nur einen Teil der Abteilung übernommen haben, weil es da Probleme gab, die Sie lösen sollten?“ Schuller nickte: „Das ist richtig.“ „Wenn Sie jetzt hören, warum Herr Schuller hier eingesetzt wurde, wie reagieren Sie darauf, Herr Ernst?“ „Nun, um ehrlich zu sein, bin ich stinksauer. Warum hat keiner mit mir darüber gesprochen, dass man mit meinen Leistungen nicht zufrieden ist? Das ist doch das Allerletzte!“, empörte er sich. Da ist die Einfahrt, um gegenseitiges Verständnis mit den beiden zu erarbeiten, dachte ich und griff den Punkt sofort auf. „Herr Schuller, war Ihnen klar, dass Herr Ernst nicht wusste, warum Sie einen Teil in seiner Abteilung übernommen haben?“ „Nein, das war mir nicht klar. Ich bin davon ausgegangen, das sei alles besprochen worden“, sagte Herr Schuller. Jetzt müssen wir es auf den Tisch bringen, dachte ich. „Können Sie Vermutungen darüber anstellen, wie Herr Ernst die Situation erlebt hat, als Sie einen Teil seiner Aufgaben übernommen haben, ohne dass er den Grund dafür kannte?“, wollte ich von Schuller wissen. „Nun, ich kann mir vorstellen, dass er verwundert und verärgert gewesen sein musste“, sagte er. „War das so, Herr Ernst? „Ja klar, und wie sauer ich war“, antwortete Ernst. Schuller schaute Ernst an und nickte verständnisvoll. „Ich glaube, wir haben hier einen wichtigen Bereich gefunden, der ursächlich zum Entstehen dieser Situation beigetragen hat“, sagte ich und war froh, dass wir so schnell ein erstes Verständnis füreinander aufbauen konnten. Es reichte natürlich noch nicht, um den monatelangen Konflikt von jetzt auf gleich aus der Welt zu schaffen, aber es gelang uns in einem zweiten Meeting, die Situation so zu entspannen, dass wir offen über den verloren gegangenen Auftrag sprechen konnten und Vereinbarungen für die zukünftige Zusammenarbeit trafen. Herr Ernst verließ auf eigenen Wunsch sechs Monate später das Unternehmen und ging vorzeitig in Rente.
13. „Und dann kündigte das komplette Team ...“ Schuld klären oder Verantwortung übernehmen?
Was tun, wenn Mitarbeiter kündigen
Scheiden tut weh – aber muss das sein? Lernen Sie, warum es bei der Mitarbeiterkündigung wichtig ist, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Erfahren Sie, warum es gerade jetzt heißt: Noch einmal alles geben, um einen sauberen Schlussstrich zu ziehen.
„Es ist jedes Jahr das Gleiche“, sagte Frau Schießer, die Chefin der Finanzbuchhaltung in einem gemeinsamen Meeting. Der Jahresabschluss stand wieder einmal vor der Tür. „Aber, wissen Sie was“, setzte sie hinzu, „wir machen es in
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