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Als unser Kunde tot umfiel

Als unser Kunde tot umfiel

Titel: Als unser Kunde tot umfiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Hinrichsen , Boris Palluch
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diesem Jahr anders.“ „Was meinen Sie?“, fragte ich. „Na, wir stehen jedes Jahr vor demselben Problem, dass unsere gesamte Abteilung rudert, wenn der Jahresabschluss gemacht werden muss.“ „Ja und?“ Jetzt war ich echt gespannt, was Frau Schießer für eine neue Idee hatte. „Wir machen in diesem Jahr einfach die Türen zu und sagen, wir sind nicht zu erreichen – Schotten dicht!“ Sie strahlte mich an, als hätte sie gerade die Lösung zur Energiekrise gefunden. Ich stimmte ihr dennoch zu, denn sie hatte recht. Es war jedes Jahr ein riesengroßer Aufwand und alle Mitarbeiter in der Finanzbuchhaltung waren am Rotieren. Als Geschäftsführer war mir bewusst, dass der Zustand nicht erfreulich war, wollte aber auch nicht in blindem Aktionismus den Kollegen in diesem Bereich vorschreiben, wie sie den Abschluss organisieren sollten. Der Vorschlag von Frau Schießer war daher ein Schritt in die richtige Richtung – dachte ich. „Eine Bitte habe ich noch, Frau Schießer, informieren Sie bitte alle anderen Bereichsleiter über Ihre Maßnahme.“ Sie lächelte und nickte.
    Kurz nach unserem Meeting erhielt ich ein Rund-Mail:
    „ Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist wieder einmal Jahresabschluss. Da wir einen Abgabetermin einhalten müssen, werden wir für die nächsten drei Wochen nicht mehr wie gewohnt zu erreichen sein. Wir bitten um Verständnis. Ihre Finanzbuchhaltung Christa Schießer.“
    Was? Für die nächsten drei Wochen? Ich verschluckte mich an meinem Kaffee. Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich und griff sofort zum Telefonhörer. „Schießer“, kam die Stimme vom anderen Ende der Leitung. „Ja, Frau Schießer, ich habe soeben Ihre Mail bekommen“, sagte ich und versuchte, Ruhe zu bewahren. „Ja“, sagte sie, „so hatten wir es doch besprochen.“ „Das ist richtig“, erwiderte ich, „aber ist es denn wirklich nötig, dass Sie sich fast einen Monat in Ihrer Abteilung einigeln?“ Diesmal schaffte ich es nicht mehr so gut, meine Stimme zu beherrschen. „Wir haben uns für diese drei Wochen entschieden, weil es die übliche Bearbeitungszeit für den Jahresabschluss ist“, sagte Frau Schießer. „Sollen wir das wieder rückgängig machen?“, wollte sie wissen. „Nein, nein belassen Sie es dabei. Ich war nur über die lange Zeit überrascht, die Sie und Ihr Bereich ausfallen werden“, antwortete ich und beendete das Gespräch. Drei Wochen, das wird nicht gut gehen, dachte ich bei mir, widmete mich dann aber wieder dem Tagesgeschäft.
    Am Nachmittag saßen wir mit allen Führungskräften zur Jour-fixe-Runde zusammen. Es ging neben den üblichen aktuellen Themen aus allen Bereichen auch um die Planung der kommenden Verkaufsleitertagung, die in zwei Wochen stattfinden würde. Es ist ein alljährliches Event, bei dem alle Verkaufsleiter unserer Firma für drei Tage zusammenkommen. Nachdem wir die organisatorischen Themen besprochen hatten, ging es um die einzelnen Inhalte. „Ein Punkt auf der jährlichen Konferenz sind die aktuellen Finanzkennzahlen und der Bericht des Controllings“, sagte ich. „Beides wird von Frau Schießer erstellt und auf der Konferenz vorgetragen, wie jedes Jahr, richtig“? Ich blickte in Richtung von Frau Schießer und dachte, dass wir diesen Punkt schnell abhaken und weitermachen konnten. „Das geht in diesem Jahr leider nicht“, sagte Frau Schießer selbstsicher. „Warum denn nicht?“, wollte ich wissen und war etwas verärgert, dass wir nicht schon beim nächsten Agendapunkt waren. „Es ist Jahresabschluss und, wie jeder hier weiß, haben wir keine Zeit, Extraaufgaben zu übernehmen.“ Alle Blicke im Raum waren nun auf mich gerichtet. Ich fühlte mich innerlich wie ein Dampfkochtopf, kurz bevor das Ventil dem Druck nachgibt und mit lautem Zischen den Dampf ablässt. „Frau Schießer“, begann ich und versuchte den Druck gleichmäßig abzulassen. „Ich verstehe sehr gut, dass die Situation bei Ihnen aufgrund des Jahresabschlusses angespannt ist, dennoch ist dieses jährliche Treffen nicht nur für alle Verkaufsleiter, sondern auch für uns im Innendienst ein wichtiger Anlass, bei dem die Leitung der Finanzbuchhaltung ganz sicher nicht fehlen wird.“ „Aber“, wollte Frau Schießer einwerfen. „Das war alles, was ich dazu zu sagen habe“, unterbrach ich sie sofort. Frau Schießer lief rot an und man konnte förmlich sehen, dass sie kurz vor dem Explodieren war, sie sagte aber nichts mehr. Das Meeting dauerte dann noch den ganzen Tag.
    Kurz

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