Als unser Kunde tot umfiel
Begrüßung zu, steckte den USB-Stick in den Laptop. Präsentation auf. „Und fertig“, sagte ich. Die Chefetage beendete die angefangenen Sätze – und dann schauten mich alle voller Erwartungen an.
„Sehen Sie, diese Analyse hier zeigt genau die aktuellen Probleme“, fing ich an, die Präsentation vorzustellen. „Aus der Ist-Analyse ist zu ersehen, dass in unserem Callcenter die First-Contact-Resolution zu gering ist. Außerdem können wir den angestrebten Service Level nicht einhalten. Also insgesamt sind unsere Kosten pro Kontakt einfach zu hoch, was sich auf den Deckungsbeitrag niederschlägt.“ Obwohl die Gesichter, in die ich blickte, immer länger wurden, blieb ich unbeirrt und legte eine Folie nach der nächsten auf.
Nach gut 15 Minuten fiel mir der Vorstandsvorsitzende ins Wort: „Entschuldigen Sie bitte, ich weiß nicht, wie es meinen Kollegen hier geht, aber ich verstehe nur Bahnhof.“
Es durchzuckte mich wie ein Blitz und ich merkte, wie meine Hände plötzlich eiskalt wurden.
„Was möchten Sie uns eigentlich mit Ihrer Präsentation sagen?“ fuhr der Vorstandsvorsitzende fort. „Ich bin davon ausgegangen, dass Sie uns einen Überblick geben, wie Sie im Projekt vorgehen wollen?“
„Ja, und ich dachte, das hätte ich gerade gemacht“, hörte ich mich stammeln. Mein Chef verdrehte nur die Augen.
„Sehen Sie“, erklärte er weiter, „mir ist wichtig, von Ihnen einen genauen, verständlichen Plan zu bekommen, wie Sie das Projekt aufsetzen wollen.“ Er beugte sich nach vorne. „Es ist ein sehr wichtiges Projekt, an dessen Ausgang nicht nur strukturelle Veränderungen stehen können, sondern auch strategische Anpassungen, Produktinnovationen und auch Investitionen, verstehen Sie das?“ Ich musste so heftig schlucken, dass es im Hals wehtat, und bekam nur ein „Hmm“ heraus.
„Ich bin aber auch der Meinung, dass Sie hier eine zweite Chance verdient haben, da es Ihr erstes Projekt in dieser Größenordnung ist“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Und an der Art, wie er es sagte, merkte ich, dass er es ernst meinte.
„Wie lange brauchen Sie für eine neue Präsentation?“, fragte er mich.
„Eine Woche“ sagte ich sofort und merkte, dass es gut tat, endlich zu wissen, was ich zu tun hatte und woran ich war.
„Gut, wir sehen uns dann in einer Woche“, sagte mein Chef.
„Oh Mann“, stieß ich hervor, als ich endlich wieder in meinem Büro war. Ich ließ mich wie ein nasser Sack in meinen Sessel fallen. Noch einmal ging ich in Gedanken meine Präsentation durch und verglich alles mit den Anforderungen, die mir der Geschäftsführer gegeben hatte. Eigentlich kein Wunder, dass der nur Bahnhof verstanden hat, bei meinen Folien voll mit Tabellen in Schriftgröße zehn.
Palluch vs. Hinrichsen – Warum das Planen so schwer zu planen ist
Hinrichsen: Herzlichen Glückwunsch. Die ganzen Daten für den Papierkorb produziert.
Palluch: Wenn es nur das gewesen wäre! Aber plötzlich stand ich vor der ganzen Chefriege wie der letzte Trottel da. Und ich hatte so fest damit gerechnet, ein dickes Lob einzuheimsen. Schließlich hatte ich alles superordentlich vorbereitet.
H: Und bist dabei über das Ziel hinausgeschossen – mit Kanonen auf Spatzen sozusagen.
P: Das ist ja auch wirklich nicht einfach abzuschätzen, was ich genau plane und was ich eher auf mich zukommen lassen kann. Ich erinnere mich da an eine Situation, in der mir genau das Gegenteil passiert ist. Ich sollte für meinen Chef eine Präsentation vorbereiten und wir hatten einen Termin vereinbart, um darüber zu sprechen. Als ich nur eine grobe Idee vorstellte, hat er mich doch glatt rausgeschmissen und mir vorgeworfen, ich würde mich nie vorbereiten. Er hatte ein fertiges Konzept erwartet, das er nur noch abnicken musste.
H: Das eigentliche Problem ist ja, dass man nur über begrenzte Zeit verfügt. Alles zu planen geht einfach nicht. Allerdings gibt es in der Unternehmenswelt ganz klare Anforderungen an Führungskräfte. Und die werden nicht weniger.
P: Klar, alles ist wichtig und muss gestern erledigt werden. Aber es gibt doch ungefähr eine Million Modelle, die uns den Unterschied zwischen dringlich und wichtig erklären. Also dürfte es doch eigentlich kein Problem sein zu entscheiden, wann was angesagt ist, oder?
H: Naja, das scheitert ja schon an der persönlichen Definition von dringlich und wichtig.
P: Du meinst, der eine bewertet die Kaffeepausenzeit höher als der andere? Aber Spaß beiseite, das stimmt
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