Als unser Kunde tot umfiel
Bild muss dem sprichwörtlichen begossenen Pudel sehr geähnelt haben.
„Horst, an dieser Sache kann ich nichts ändern. Was ich aber tun kann, ist dich dabei zu unterstützen, einen neuen Job zu finden“, hörte ich mich sagen. Autsch, das war mehr als holprig. Egal, der Job war getan, jetzt ging es um unsere Freundschaft, und Horst meine Hilfe anzubieten war das Mindeste, was ich in dieser Situation tun konnte.
Horst schaute starr aus dem Fenster. Dann stand er auf, ging ohne ein Wort zur Tür, öffnete sie und sagte beim Rausgehen: „Ich brauche etwas Zeit und muss das erst mal verdauen.“
Mir wurde klar, dass ich nichts hätte sagen können, was unsere Freundschaft in diesem Moment erhalten hätte, und tatsächlich: Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, gab er mir nur noch höflichkeitshalber die Hand zum Abschied. Aus dem Tennisclub ist er umgehend ausgetreten – und zum Skatspielen haben wir uns auch nicht mehr verabredet.
2. „Erst mal anfangen ...“ Planen oder loslaufen?
Was Führungskräfte planen sollten und was nicht
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Na, das hat mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt, sagte ich mir, als mein Chef mir ein neues Projekt vorstellte, dessen Projektleitung ich übernehmen sollte. Mit den Worten: „Sie schaffen das schon“, begleitete er mich zur Tür und ich hätte schwören können, dass da ein süffisantes Lächeln mitschwang. Ich hatte in meiner jungen Karriere als Führungskraft schon einige Projekte geschaukelt, aber das hier hatte im Vergleich dazu epische Ausmaße. Projektziel: Umstrukturierung des Kundenservice. Ich las es auf dem Weg in mein Büro immer wieder durch, als könnte ich es selbst nicht glauben. Im Büro angekommen machte ich mir erst einmal eine starke Tasse Kaffee. Die tat schon mal gut. Wow! Dass mein Chef ausgerechnet mir dieses Projekt anvertraut! Da will ich natürlich schauen, dass ich seine Erwartungen nicht nur erfülle, sondern sogar übertreffe.
Ich machte mich gleich ans Werk. Zuerst ein Blick in meinen Outlook-Kalender. Oha. Die nächsten drei Wochen waren schon so gut wie verplant. Egal, das kriege ich schon irgendwie hin, dachte ich, während ich mir zwischendurch ein paar Zeiten im Kalender blockte. Genau in diesem Moment ploppte eine Terminanfrage auf meinem Monitor auf. Betreff: Präsentation der ersten Zwischenergebnisse im Projekt „Umstrukturierung des Kundenservice“. Datum: 12.9. Teilnehmer: mein Chef, der Chef des Kundenservice, der Personalchef und der Vorstandsvorsitzende.
„Das ist in drei Wochen“, brach es mit einer derart hohen Stimme aus mir heraus, dass ich als Michael-Jackson-Imitator eine gute Chance auf einen Podestplatz gehabt hätte. „Wie soll ich das denn schaffen?“ Nicht erst lange grübeln, sagte ich mir und krempelte die Ärmel hoch. In drei Wochen sollte es ja möglich sein, Ergebnisse zu produzieren. Wo war ich gleich stehen geblieben? Ach ja, Termine machen. Ich legte sofort los mit Analysen. Fleißig wie ein Eichhörnchen im Herbst sammelte ich Daten von anderen Abteilungen. Ich machte eine Bestandsaufnahme und schaute mir an, wie es im Moment im Kundenservice lief. Dann nahm ich mir andere Organisationen vor und besorgte mir deren Kennzahlen über Kosten und Ergebnisse in der Kundenbetreuung. Akribisch erstellte ich Arbeitslisten über Aufgaben, die zu erledigen waren, Entscheidungen, die getroffen werden müssten und Synergien, die gehoben werden sollten.
Zufrieden blickte ich auf die Ergebnisse der vergangenen drei Wochen. Zahlreiche Analysen, Listen über mögliche Veränderungsszenarien und Vorgehensweisen hatte ich in einer umfangreichen Präsentation von 47 Seiten zusammengestellt. Ich bin gut vorbereitet, sagte ich zu mir, als ich die Präsentation noch einmal durchging.
„Sie sind in zehn Minuten dran“, flüsterte mir die Sekretärin meines Chefs zu, als sie aus dem Sitzungszimmer in mein Büro kam. Ich blätterte ein letztes Mal die 47 Seiten der Präsentation durch, die Ergebnisse der vergangenen drei Wochen, und sagte leise zu mir: „Ich bin echt gut vorbereitet.“ Zuversichtlich ging ich auf die Tür des Sitzungszimmers zu.
Als ich den Raum betrat, saßen die vier Herren zusammen und waren noch in eine Unterhaltung vertieft. Ihr Meeting ging schon seit heute Morgen und ich war Punkt Nummer vier auf ihrer Agenda, die ich im Vorbeigehen mit einem Blick erfasste. Ich nickte ihnen zur
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