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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duane Louis
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druckfrisches Exemplar von Marvel Spotlight #2: Werewolf by Night.
    Das Original hatte ich nie besessen. Doch Teile daraus wurden zusammen mit den Seiten späterer Nummern erneut verwurstet und zu einem Buch-und-Schallplatten-Set zusammengestellt, das mir mein Vater 1978 zu Weihnachten schenkte. Er liebte die klassischen Monster - die Draculas, Frankensteins und Werwölfe. Und ich liebte dieses Buch-und-Schallplatten-Set, obwohl es mir eine Scheißangst einjagte.
    Nachdem ich mich eine Weile vor dem Comic-Ständer herumgedrückt hatte, griff ich schließlich nach dem Heft, darauf bedacht, kein Aufsehen zu erregen.
Ich war unsichtbar, das war also zu meinem Vorteil. Niemand konnte mich sehen. Und selbst wenn, was war an einem Typ mittleren Alters vor einem Zeitungskiosk schon verdächtig. Trotzdem war ich so nervös, als würde ich gleich eine Bank überfallen. Ich tastete mit den Fingern nach dem Heft. Doch das glatte Titelblatt rutschte mir einmal, zweimal, dreimal aus der Hand. Kriegte das irgendjemand mit? Den armseligsten Diebstahlversuch der Welt?
    Nach einer weiteren Ewigkeit Herumgestochere, kriegte ich das Ding endlich zu fassen und rannte los.
    Da drüben, Kinder! Seht den unsichtbaren Mann mit dem gestohlenen Werwolf-Comic. Er rennt über die Frankford Avenue und weicht den hellen Scheinwerfern aus, er wirkt wie das personifizierte schlechte Gewissen.
    Zurück im Büro legte ich mich auf den Boden und drückte den Comic mit den Handflächen fest gegen die Brust. Dann schloss ich die Augen und wartete, dass mich das vertraute Schwindelgefühl überkam.
     
    Nachdem ich unsanft erwacht war, griff ich mir mit meinen acht gesunden Fingern sofort an die Brust.
    Der Werwolf-Comic war fort.
    Und mit ihm meine Idee, Comics und Taschenbücher aus der Vergangenheit zu klauen und in der Zukunft mit einem Preisaufschlag von 400 Prozent auf eBay zu verkaufen.

     
    Allerdings fielen mir weitere Verdienstmöglichkeiten ein. So dachte ich kurz daran, als Privatdetektiv zu arbeiten. Ich konnte in der Vergangenheit meine Auftraggeber kontaktieren und dann in der Gegenwart mit Hilfe von Google ihre Fälle »lösen«. Es gab nur ein Problem: In der Vergangenheit konnte mich so gut wie niemand sehen. Nur dieser rothaarige Junge unten im ersten Stock. Sollte ich den zwölfjährigen Burschen etwa zu meiner Velda machen?
    Ich konnte natürlich auch versuchen, in der Gegenwart ein Geschäft aufzuziehen, doch gab es da ebenfalls ein Problem: Wenn ich nicht Dutzende von Leuten ausfindig machen konnte, die brennende Fragen zu den Ereignissen des Februar 1972 hatten, würde es sich nicht wirklich rentieren. Und in diesem Zeitraum hatte sich in Philadelphia nicht mal irgendeine nette Tragödie ereignet, der ich beiwohnen konnte, um ein Buch darüber zu schreiben. Meine Fähigkeiten, durch die Zeit zu reisen, waren so begrenzt, dass sie praktisch wertlos waren.
    Die Pillen taugten offensichtlich nur dazu, durch das Philadelphia meiner ersten Lebensmonate zu spazieren und mich tierisch runterziehen zu lassen.
     
    Meine Mutter wuchs am Rand von Frankford auf, nahe der Bridge Street und der Torresdale Avenue. Das Viertel war heute zwar immer noch voller Leben, doch man merkte, dass es ganz schön was mitgemacht hatte. Irgendwann meinten die Nachbarn, dass es in Ordnung
wäre, überall seinen Müll hinzuwerfen - auf den Gehweg, in den Rinnstein, auf ihre Veranda. Fenster gingen zu Bruch und blieben kaputt. Ein paar Blocks weiter konnte man das unablässige Dröhnen des Interstate-95 hören.
    Allerdings nicht Ende Februar 1972, denn damals war der Interstate-95 noch nicht gebaut.
    Damals existierten auch keine aufgemotzten Geländewagen mit hämmernden Subwoofern, die in den winzigen Straßen spazieren fuhren. Keine leerstehenden Pizzerien oder Lebensmittelläden. Im Rinnstein lag kaum Müll. Es gab nur wenige kaputte Gehwege und zerbröselte Bordsteinkanten. 1972 war dies eine ganze normale Mittelklassegegend bei Nacht.
    Von der anderen Straßenseite aus betrachtete ich das Reihenhaus, in dem meine Mutter aufgewachsen war, vier Häuser, bevor der Block aufhörte. Alle Lichter waren gelöscht, bis auf eins: in der Küche. Irgendwo in diesem Haus machte sich der Vater meiner Mutter, Grandpa Ted, wahrscheinlich einen schönen Samstagabend und hörte sich Polkas im Radio an, während er eine Dose Schaefer nach der anderen leerte und sich durch unzählige Packungen Lucky Strikes brannte. Achtzehn Jahre später sollte Grandpa Ted sterben.

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