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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duane Louis
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Handy, und jedes Mal griff ich nach oben und drehte es in meine Richtung, nur um zu sehen, dass Mom schon wieder anrief. Hatte sie immer noch nicht kapiert, dass ich so gut wie nie ans Telefon ging, dass ich sie stets auf die Mailbox sprechen ließ? Sie war davon jedoch nicht zu bremsen, fragte, wann ich Grandpa besuchen und was meine Jobsuche machen würde oder ob ich zum Essen käme - drei Dinge, die ich nicht in allzu naher Zukunft in Angriff nehmen würde.
    Meine Mom kapierte nicht, dass sie, wenn sie mich bedrängte, eine genauso starke Gegenreaktion provozierte. Oder es war ihr klar, und sie hoffte, dass ich irgendwann durchdrehte und die Kräfte sich umkehrten, wie der Nord- und der Südpol nach einer gewaltigen Entmagnetisierung.
    Also ignorierte ich sie einfach.
    Außerdem rief Meghan zweimal an, doch ich konnte mich nicht dazu durchringen, ihre Nachrichten abzuhören. Es war immer noch gut möglich, dass ich in einer Abwärtsspirale des Wahnsinns gefangen war, und ich wollte sie nicht mit in die Tiefe reißen. Schließlich war dies mein Verlorenes Wochenende auf Pillen. Nur ich und die Pillen, etwas Erdnussbutter, mehrere Sixpacks Golden Anniversary und eine Menge LPs, die mal einem inzwischen toten Hippiemusiker gehört hatten. Menschen, die man mag, nimmt man nicht auf so einen Trip mit.
    Und überhaupt, was bildete ich mir eigentlich ein -
dass wir eine gemeinsame Zukunft hätten? Ihre Anrufe waren eine freundschaftliche Geste. Nichts Weltbewegendes. Früher oder später würde Meghan sich anderen Sachen zuwenden. Ich hatte schon erlebt, wie so was passierte. Nein, ich musste diesen Weg alleine beschreiten.
    Tagsüber ernährte ich mich also von Erdnussbutter und Äpfeln. Wenn es dann spät genug am Nachmittag war, trank ich ein paar Golden Anniversaries. Sie schmeckten gar nicht so übel, man musste sie nur schnell genug runterkippen.
    Und nachts geisterte ich durch die frühen 1970er.
     
    Je mehr Erfahrung ich sammelte, desto gezielter konnte ich zu Werke gehen. Der menschliche Geist ist zu allerlei erstaunlichen Kunststücken fähig. Etwa wenn man sich vor dem Schlafengehen sagt, dass man morgens zu einer bestimmten Zeit aufwachen möchte. Meistens wacht man genau zu diesem Zeitpunkt auf - und sticht sogar den Wecker aus, den man sich zur Sicherheit gestellt hat.
    Jedes Mal wenn ich also eine Pille einwarf, oder ein kleines Stück davon, konzentrierte ich mich auf das Datum, zu dem ich reisen wollte.
    24. Februar.
28. Februar.
10. März.
30. März.
    Und so weiter.

    Egal, wie sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nicht weiter als bis zum Tag meiner Geburt zurückgehen - dem 22. Februar 1972. Das schien die vorgegebene Grenze zu sein, und das war enttäuschend. Der Journalist in mir träumte davon, zum 22. November 1963 zurückzureisen, um den Grashügel in Dallas im Auge zu behalten und diese fast fünfzig Jahre alte Geschichte zu einem Abschluss zu bringen. Lieber Oliver Stone, würde meine E-Mail beginnen …
    Doch nichts zu machen. Wenn ich mich auf den 21. Februar 1972 konzentrierte - oder irgendeinen Tag davor - landete ich automatisch am 22. Februar 1972.
    Ich konnte auch nicht zu einem Zeitpunkt zurückreisen, den ich bereits besucht hatte. Vielleicht war das eine eingebaute Schutzfunktion, um mich davon abzuhalten, die Struktur der Wirklichkeit zu beschädigen oder etwas in der Art.
    Jedenfalls funktionierte es.
     
    Ich konnte auch nicht weit über das Jahr 1972 hinaus reisen. Am Samstagabend wollte ich mir die Feiern zum zweihundertsten Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung anschauen, und wie mein Dad mit seiner Band in der Nähe von Penn’s Landing ein Konzert gab. Das war eine meiner frühesten Erinnerungen: ich unten am Flussufer; der Anblick der großen Schiffe; die roten, weißen und blauen Luftschlangen; und mein Vater, Anthony Wade, der vor einem Restaurant auf seiner Gitarre spielte - einer von Dutzenden Musikern,
die an diesem Tag von der Stadt engagiert worden waren. Irgendwann ging ich verloren und marschierte mit meiner Tante, die nur neun Monate älter war, zu einem nahe gelegenen Restaurantboot. Ein Polizist gabelte uns zum Glück auf, und alles war gut. Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn er uns nicht gefunden hätte. Wenn wir verschwunden geblieben wären. Es war wohl diese Mischung aus Angst und Erregung, die diesen Tag für immer in mein Gedächtnis gebrannt hatte.
    Also warf ich vier Pillen ein und dachte fest an jenen Abend am 4. Juli 1976. Ich

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