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Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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Bibliothek des alten Nazis entkommen zu sein. Aber wenn dies gerade keinen Spaß gemacht hatte, was dann?«

43. Kapitel
    Nicht viel später, als Lorenz den langen Fußweg vom Kuhlenbusch nach Nideggen herunterschlenderte, klopfte Paul an Lisa Wilkes Zimmertür. Rita und er hatten sich nach dem Frühstück getrennt. Während er die Amerikanerin aufsuchen wollte, um endlich mehr von ihr zu erfahren, versuchte Rita erneut ihr Glück im Krankenzimmer des Hermann Floto, der am gestrigen Tage nicht vernehmungsfähig gewesen war.
    Lisa öffnete Paul die Tür. »Hallo«, sagte sie und ließ ihn eintreten.
    »Morgen«, erwiderte er. Und da er fürchtete, Lisa könnte wieder ein Spiel beginnen, um nicht ihr Wissen mit ihm teilen zu müssen, kam er gleich zur Sache. »Lisa, jetzt bitte nicht wieder das Shirt ausziehen. Raus mit der Sprache: In was war der alte Floto verstrickt, weswegen man ihn erschlagen hat? Sein Sohn liegt ebenfalls halbtot im Krankenhaus. Du weißt doch mehr!«
    Lisa schaute ihn halb ernst, halb belustigt an. »Paul, du willst also doch etwas von mir?«
    »Hör auf damit, Lisa! Was weißt du?«
    »Okay«, sagte sie. »Der große Paul wird böse. Ich kann dir nur Folgendes sagen: Der alte Floto war in eine größere Sache verwickelt, von der sein Sohn vermutlich kaum eine Ahnung hat. Der weiß höchstens von der Illegalität seines eigenen Immobilienbesitzes, nicht aber von anderen Projekten. Und dies ist geheim. Tut mir leid, aber dazu will, darf und muss ich dir nichts sagen, das habe ich von deinen Vorgesetzten sogar schriftlich.«
    »Scheiß drauf«, fluchte Paul. »Was heißt hier illegaler Besitz? Fangen wir doch damit an.«
    »Das ist nicht geheim«, meinte Lisa. »Wilhelm Floto war ein Judenhasser, hat sich während des Dritten Reiches maßgeblich an der Verfolgung der Juden in dieser Gegend beteiligt. An den sogenannten Arisierungen, also der Enteignung der Juden, hat er sich, zumindest aus Sicht eines eher mittellosen Handwerkers und Schlägers, ziemlich bereichern können. Er übernahm das Geschäft des Juden, bei dem er gelernt hatte und angestellt war, quasi für – wie sagt man hier – einen Apfel und ein Ei. Auf ähnliche Weise hat er ein Haus in Nideggen zum Spottpreis erwerben können. Und als er später Stadtrat wurde und Einsicht in die betreffenden Akten erhielt, kam er auf die Idee, die durch Arisierung erworbenen Immobilien zu tarnen, indem das Kaufdatum nach vorne verlegt wurde. So hat er sich zwar nicht jeglichem Verdacht, aber doch der Aufdeckung entzogen. Und das tat er nicht nur für sich, sondern auch für andere alte Kameraden. Zum Beispiel auch für Kellermann. Der war zwar deutlich jünger, hat aber in den Nachkriegsjahren eine Menge Geld mit Immobilien in Nideggen gemacht – auch mit ehemaligem jüdischen Besitz.«
    »Und dann kam Kratz«, bemerkte Paul.
    »Genau. Floto war sich all die Jahre sicher gewesen, dass es keine Zeitzeugen mehr gab. Und das Auftauchen von Jakob Kratz hat ihn nervös gemacht.«
    »Und dann ruft er den Stadtrat Kellermann an und wird eine Stunde später erschlagen. Und kurze Zeit darauf wird Kellermann ebenfalls ermordet – und einer meiner Kollegen, der von alldem vermutlich gar nichts wusste und nur ein paar Fragen hatte.«
    »Das tut mir leid«, sagte Lisa. »Aber Floto, Kellermann und der arme Kommissar – das sind alles nur Bauern in einem viel größeren Spiel. Ich will die mächtigen Figuren dahinter.«
    »Wie diesen Korger zum Beispiel.«
    Lisa schüttelte den Kopf. »Wieso Korger?«
    »Ach, scheiße!«, polterte Paul los. »Du kennst den doch bestimmt. Er war auch auf diesem Foto mit den anderen Nazis. Hör endlich auf zu lügen!«
    Lisa versuchte ein beschwichtigendes Lächeln. »Sorry, Paul. Ich kenne den Mann zwar, aber ich wollte nicht, dass du an den herantrittst. Warte einmal – ich lese etwas nach.« Sie trat an den Tisch, auf dem ein Stapel Akten lag, öffnete ein Dossier und blätterte darin herum. »Hier ist es. Dr. Gernot Korger, Unternehmensberatung in Köln mit diversen Niederlassungen, auch in den USA. Der Mann hat sich an einem Projekt, das ich gerne näher beleuchten würde, als ein Investor unter vielen beteiligt. Korger ist nützlich wegen seiner wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den USA und Deutschland. Er wird benutzt, um Gelder über seine Firma zu transferieren, getarnt als Beratungshonorare. Korger ist kein Drahtzieher, keine wichtige Person. Aber wenn man ihn unter Druck setzt, bekommt er vielleicht kalte

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