ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
vorsichtigen Schritten ging ich weiter.
Schreie zerrissen die Stille und ich schreckte auf. Was war passiert? Ich wollte loslaufen, da hörte ich, wie sich mir jemand von hinten näherte. Mein Arm schnellte zurück und ich konnte mich gerade noch im letzten Moment davon abhalten den Abzug zu betätigen. Es war Radu, der in den Lauf meiner Waffe sah. Er hatte reflexartig die Hände gehoben und den Finger vom Abzug seiner Waffe genommen.
„Ich bin es nur, Milla.“ Sagte er mit beruhigender Stimme. Ich nahm die Waffe wieder runter und entspannte meine Schultern. „Du bist schnell geworden.“ Ließ er mich wissen.
„Das sind auch die Nebenwirkungen.“ Flüsterte ich beiläufig.
„Komm, wir verschwinden von hier.“
„Wie? Das Kraftwerk ist umstellt.“
„Wir haben vorgesorgt. Es gibt einen Fluchttunnel, von dem sie hoffentlich nichts wissen.“ Sagte er etwas nervös.
„Zuerst müssen wir Aljoscha und Anna finden.“
„Als ich sie zuletzt gesehen habe, waren sie bei den anderen in unserer provisorischen Zentrale.“
Radu wollte schon losstürmen, doch ich hielt ihn fest.
„Wir können da nicht hingehen.“
„Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand wird euch ausliefern.“
Genau in diesem Punkt, so vermutete ich stark, irrte er sich gewaltig.
„Ich habe Schreie gehört. Und Schüsse.“ Radu wurde still und schluckte schwer. Jeder Muskel in seinem Kiefer spannte sich an.
„Wann?“
„Jetzt. Eben gerade.“
Ich konnte förmlich sehen, wie sich nach meinen Worten seine Gedanken überschlugen. Dann packte er meine Hand und lief in die Richtung los, aus der wir beide gerade gekommen waren. Wir liefen durch den Schlafraum und die andere Treppe hinauf. Was danach kam, hatte ich vorher noch nicht gesehen. Es war ebenfalls eine gigantische Halle, die sich über drei Ebenen erstreckte. Das wenige Licht, das noch durch die unverdeckten Fenster dran, reichte gerade aus um alles einigermaßen detailliert zu erkennen.
Schmale Durchgänge an den Wänden entlang führten zu diversen Türen. Auch durch die Mitte der Halle zog sich ein schmaler Gang, über den man turbinenartige Konstruktionen in der Mitte erreichen konnte. Dort teilte sich der Durchgang nach links und rechts auf. Es führten aber auch Treppen nach unten. Der Anblick erinnerte mich an einen Gefängniskomplex. Nur gab es hier schwere Maschinen und große Metallrohre, die sich durch die Halle schlangen. Ich sah über das Geländer, das sich an den Durchgängen entlang zog. Meine Höhenangst machte sich wieder bemerkbar, doch zum Glück ging es nicht zu tief nach unten. Das konnte ich schaffen, ich musste mich nur zusammenreißen. Wir nahmen den mittleren Gang direkt vor uns und schafften es gerade zur Mitte des Komplexes, da fielen wieder Schüsse. Die Akustik in der Halle machte es mir unmöglich zu hören, aus welcher Richtung sie kamen, aber sie trafen auf Metall. Reflexartig duckte ich mich weg, doch Radu zog mich weiter hinter sich her. Ich konnte nichts anders tun, als ihm weiter zu folgen, doch er drosselte unerwartet das Tempo und blieb stehen.
„Was ist hier los? Wo sind die anderen?“ Fragte Radu verwirrt. Erst da begriff ich, dass wir nicht mehr alleine waren. Rechts von uns, auf dem seitlichen Durchgang, stand jemand. Es war der Mann mit den eisblauen Augen. Er hielt eine Waffe in seiner Hand.
„PASS AUF!“ Schrie ich und riss die Waffe im selben Moment nach oben wie er. Der Lauf meiner Waffe war genau auf seinen Kopf gerichtet und der Lauf seiner Waffe auf den von Radu. Niemand rührte sich.
„Gaard, was soll das? Wir sind’s. Nimm die Waffe runter.“
„Ich denk ja gar nicht dran.“ Entgegnete er Radu. „Du wirst ihr Leben nicht gegen unseres eintauschen. Die wollen sie, dann sollen sie sie auch bekommen.“ Sagte er hitzig und voller Wut in der Stimme.
„Was redest du da?“
„Wir liefern sie aus. Das haben wir ohne dich beschlossen. Die anderen kümmern sich gerade um den Russen und die andere Frau von der Armee. Wir schaffen uns die drei vom Hals und dürfen dafür weiterleben. Dann haben wir wenigstens noch die Chance etwas für unseren Kontinent zu tun. Wenn du mich fragst, ist das ein fairer
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