ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
Anna das Tablet aus der Hand und Aljoscha hob mich vom Beifahrersitz. Ich fühlte noch, wie er mich auf den Rücksitz legte und der Motor des Wagens wieder ansprang, danach driftete ich binnen Sekunden weg in eine Art Wachkoma. Ganz so, wie es Aljoscha es beschrieben hatte. Meine Augen waren zwar geschlossen und ich fühlte mich müde, unfähig auch nur die kleinste Bewegung auszuführen, doch ich bekam noch immer alles um mich herum mit. Ich spürte das Rütteln des Wagens und hatte den Geruch von Ruß und Schweiß in der Nase. Ich hörte mich sogar selbst Atmen, ich war nur unfähig von selbst wieder die Augen zu öffne. Mein Verstand war träge und ich spürte nach wie vor die Erschöpfung, nur riss sie mich einfach nicht in den Schlaf.
Obwohl sie sehr leise sprachen, nahm ich auch Annas und Aljoschas Stimmen war.
„Du wirst also bei ihr bleiben.“ Anna stellte keine Frage. Sprachen sie über mich? Ich konnte nicht richtig denken.
„Da das keine Frage war, brauchst du wohl auch keine Antwort.“ Ein Lächeln in seiner Stimme.
„Nein… wirklich nicht. Ich weiß wie du sprichst und dich verhältst, wenn dir jemand wichtiger ist als alles andere.“
„Musst du es so dramatisch klingen lassen? Außerdem weißt du so gut wie ich, dass es für mich nach dieser Mission keinen Platz mehr in der Armee gibt.“
Eine wahre Untertreibung.
„… Du weißt, ich kann dich beschützen.“
„Nein, das kannst du nicht. Du möchtest es gerne, aber wir wissen beide, das würde nicht lange gut gehen. Außerdem habe ich es so satt wie ein Ding behandelt zu werden. Ich kann mehr und ich will mehr.“
„Ich habe dich nie so behandelt.“
Fühlte sie sich angegriffen? Es klang so.
„Anna, sag was du zu sagen hast, aber wärm die Vergangenheit nicht wieder auf. Ich will jetzt nicht ‚Ich hab nicht-du hast nicht‘ spielen.“
„Zwischen uns ist damals vieles schief gelaufen, aber-„
„Du tust es schon wieder!“
War er wütend? Er klang nicht wütend, aber er lachte auch nicht.
„Nein,… nein. Bitte lass mich ausreden. Was ich… was ich sagen wollte ist: Ich verstehe dich. Du hast dich entwickelt, aber das habe ich auch. Es macht mich krank von Menschen umgeben zu sein, die mich unterschätzen und keinen meiner Erfolge anerkennen, weil mein Vater jemand wichtiges ist. Was hat das mit mir zu tun?“
„Du denkst ich kann dir folgen, aber ernsthaft… das kann ich nicht. Worauf willst du hinaus?“
„Ich will euch begleiten.“
„Begleiten wohin? Und wen meinst du mit ‚euch‘?“
„Jetzt stell dich nicht dumm. Das ist nicht fair von dir. Ich weiß, du wirst mit Milla zusammen weggehen. Ihr werdet untertauchen, weil euch jetzt bereits diverse Leute nach dem Leben trachten und du willst sie jetzt beschützen, weil sie dein Blut in den Andern hat.“
…Was?
„Du irrst dich.“ Ein leises Lachen von Aljoscha „Das interessiert mich nicht im Geringsten. Mir ist bewusst, dass es eine großartige Chance ist dieses ‚Erbe‘ der Heilung zu bewahren, aber Milla kann nur schwer damit umgehen und ich werde keinen Druck auf sie ausüben.“
„…Ich verstehe.“
Anna klang traurig. Warum klang sie wieder so traurig?
„Wenn du uns begleiten willst, dann werde ich dich nicht davon abhalten. Ich will nur, dass eines ganz klar ist: Ich will die Vergangenheit ruhen lassen und ein neues Leben beginnen. Zu verschwinden ist die beste Entscheidung… für mich. Du hast nichts zu befürchten. Wenn du jedoch mit uns fliehst, dann bist du eine Verräterin und Deserteurin. Man wird alles tun, um dich zu stellen.“
„Ich habe so vieles in meinem Leben falsch gemacht. Ich will… doch nur einmal alles richtig machen.“
„Anna…“ Ein lautes Seufzen. „Tu dir selbst einen Gefallen und hör auf dir das einzureden. Das Leben ist ein riesiger Berg falscher Entscheidungen. Aber irgendwann trifft man auch mal die Richtigen. Und von da an kann man sich weiter orientieren. Und ganz nebenbei: Du hast auch viele gute Entscheidungen getroffen. Du bist eine gute Person. Ich konnte mich immer auf dich verlassen.“
„An dir ist wirklich ein schlechter Philosoph verloren
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