Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
sicher sehr müde.«
    »Nein, gar nicht.«
    »Na, jedenfalls gibt es gleich Tee. Wie ich sehe, hast du dich mit Papa schon bekannt gemacht.«
    »Allerdings.«
    »Und mit Mr. Spode.«
    »Und mit Mr. Spode.«
    »Ich weiß leider nicht, wo Augustus ist, aber zum Tee wird er sicher wieder da sein.«
    »Ich kann es kaum erwarten.«
    Während wir diese Artigkeiten austauschten, hatte der alte Bassett wie benommen dabeigestanden und ab und zu nach Luft geschnappt wie ein Fisch, den man aus seinem heimischen Teich gehievt hat und dem die Umstellung auf die neuen Gegebenheiten sehr zu schaffen macht. Es war unschwer zu erraten, was sich in seinen Gehirnwindungen abspielte. Für ihn war Bertram ein Krimineller, der Handtaschen und Schirme stahl und sich, was erschwerend hinzukam, dabei auch noch dämlich anstellte. Kein Vater sieht es gern, wenn sein Herzblatt mit so einer Kreatur freundschaftlichen Umgang pflegt.
    »Soll das etwa heißen, daß du diesen Menschen kennst?« fragte er.
    Madeline Bassett ließ ihr silberhelles Lachen vernehmen, das sie bei normalen Menschen so unbeliebt macht.
    »Aber Papa, du Dummerchen! Natürlich kenne ich ihn. Bertie Wooster ist ein alter und ganz, ganz lieber Freund von mir. Ich habe dir doch erzählt, daß er heute kommen würde.«
    Der alte Bassett schien nicht ganz mitzukommen, und auch Spode konnte ihr kaum folgen.
    »Das ist doch wohl nicht dein Freund Mr. Wooster?«
    »Doch, das ist er.«
    »Aber er ist ein Handtaschenräuber!«
    »Und ein Schirmdieb«, ergänzte Spode, als wäre er der Souffleur des Königlichen Schauspielhauses.
    »Ja, und ein Schirmdieb«, bestätigte der alte Bassett. »Und er verübt am hellichten Tag Überfälle auf Antiquitätengeschäfte.«
    Hier kam auch Madeline Bassett nicht mehr mit, so daß sie schon zu dritt waren.
    »Aber Papa!«
    Der alte Bassett blieb bei seiner Darstellung.
    »Du kannst es mir glauben. Ich habe ihn selbst dabei ertappt.«
    »Ich habe ihn dabei ertappt!« sagte Spode.
    »Wir haben ihn gemeinsam dabei ertappt«, korrigierte der alte Bassett. »Mehrmals. Wohin man in London auch geht, überall stößt man auf diesen Kerl, wie er gerade eine Handtasche oder einen Schirm stiehlt. Und jetzt auch noch im Herzen von Gloucestershire!«
    »So ein Unsinn!« sagte Madeline.
    Ich fand, daß es an der Zeit war, diesem Quatsch ein Ende zu machen. Allmählich hatte ich es satt, als Handtaschenklau bezeichnet zu werden. Natürlich kann man nicht verlangen, daß ein Polizeirichter sich in allen Einzelheiten an seine Kunden erinnert – es war ja schon beachtlich, daß er seine Klientel überhaupt wiedererkannte –, aber so etwas will man sich denn doch nicht andauernd nachsagen lassen.
    »Selbstverständlich ist das Unsinn!« tönte ich. »Das Ganze ist nichts als ein lächerliches Mißverständnis.«
    Ehrlich gesagt hatte ich mir die Wirkung meiner Erklärung etwas anders vorgestellt. Ich hatte erwartet, daß nach einer kurzen Richtigstellung der Fakten allgemeine Heiterkeit ausbrechen würde, gefolgt von Worten der Entschuldigung und der Versöhnung. Aber wie die meisten Polizeirichter war auch der alte Bassett ein Mann, den man nur schwer überzeugen konnte. Ihr Beruf wirkt sich ungünstig auf die Gewohnheiten dieser Polizeirichter aus. Immer wieder unterbrach er mich, stellte mißtrauische Fragen und warf mir dabei durchbohrende Blicke zu. Sie wissen sicher, was ich meine: Fragen vom Kaliber »Was meinen Sie mit …« und »Haben Sie nicht vorhin behauptet …« und »Sie wollen uns also einreden, daß …« Er ging mir damit gewaltig auf die Nerven.
    Mit viel Mühe und Geduld gelang es mir schließlich, die Sache mit dem Schirm richtigzustellen, und er gab zu, daß er mich in dieser Angelegenheit falsch beurteilt haben könnte.
    »Aber was ist mit den Handtaschen?«
    »Ich habe nie etwas mit Handtaschen zu tun gehabt.«
    »Wegen irgend etwas habe ich Sie aber mal verurteilt. Das weiß ich genau.«
    »Weil ich einem Bobby den Helm geklaut hatte.«
    »Das ist doch genauso schlimm wie Handtaschenraub.«
    An dieser Stelle schaltete sich unerwartet Roderick Spode ein. Während des vorangegangenen – na, man muß schon sagen, hochnotpeinlichen Verhörs hatte er nur dagestanden, gedankenverloren an der Mündung seiner Flinte gelutscht und dabei ein Gesicht gemacht, als halte er meine Ausführungen für ganz und gar unglaubwürdig. Jetzt aber huschte ein fast menschlicher Ausdruck über seine versteinerten Züge.
    »Nein«, sagte er. »So streng darf

Weitere Kostenlose Bücher