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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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ich fertig sei. Kaum war sie gegangen, riß ich den Hörer an mich, ließ mich mit dem Postamt verbinden, und nach einer kurzen Unterhaltung mit einem Menschen, bei dem es sich offenbar um den Dorftrottel handelte, gab ich folgendes durch:
     
    Mrs. Travers
    47 Charles Street
    Berkeley Square
    London
     
    Einen Augenblick dachte ich nach, um meine Gedanken zu ordnen, und dann ging es weiter:
     
    Bedaure sehr, aber völlig unmöglich, Auftrag bezüglich du weißt schon auszuführen. Um mich herum Mißtrauen und Argwohn. Jeder Versuch meinerseits wäre tödlich. Hättest alten Bassett sehen sollen, als er eben von Blutsverwandtschaft mit Onkel Tom erfuhr. Wie Botschafter, der verschleierte Dame um Safe mit Geheimdokumenten herumschleichen sieht. Tut mir leid, aber nichts zu machen.
    Gruß, Bertie
     
    Danach ging ich hinunter in die Halle zu Madeline.
     
    Sie lehnte neben dem Barometer, das eigentlich, wenn es recht bei Trost gewesen wäre, auf »Sturm« und nicht auf »Schön« hätte stehen müssen; und als ich längsseits ging, wandte sie sich um und sah mich mit einem seelenvollen Blick an, der einen Schauder des Entsetzens über den Woosterschen Buckel jagte. Bei dem Gedanken, daß vor mir eine Frau stand, deren Beziehung zu Gussie stark abgekühlt war und die ihm jeden Augenblick den Verlobungsring zurückgeben konnte, packte mich namenlose Angst.
    Wenn daher ein paar Worte eines welterfahrenen Mannes geeignet waren, den Bruch wieder zu kitten, dann, so sagte ich mir, war jetzt der Augenblick, diese Worte zu sprechen.
    »Ach, Bertie«, sagte sie leise mit einer Stimme wie Malzbier, das aus einem Krug tropft, »du hättest nicht kommen dürfen.«
    Nach meiner Unterredung mit dem alten Bassett und Roderick Spode waren mir schon ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen. Mir blieb aber keine Zeit zu erklären, daß ich nicht einfach der Geselligkeit wegen gekommen war und daß ich mich, wenn Gussie nicht seine SOS-Rufe ausgesandt hätte, diesem Ort des Schreckens nicht mal auf fünfzig Meilen genähert hätte. Sie sprach bereits weiter und sah mich dabei an, als sei ich ein Frosch, der sich in Kürze in einen Prinzen verwandeln wird.
    »Warum bist du nur hergekommen? Oh, ich weiß, was du jetzt sagen willst. Du wolltest mich wiedersehen, nur dieses eine Mal, koste es, was es wolle. Es drängte dich nach einem letzten Andenken, das dich in den Jahren der Einsamkeit trösten würde. Ach, Bertie, du erinnerst mich so sehr an Rudel.«
    Der Name war mir unbekannt.
    »Rudel?«
    »An Seigneur Geoffrey Rudel, Prinz von Blaye-en-Saintonge.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Bin ihm leider nie begegnet. Ein Bekannter von dir?«
    »Er lebte im Mittelalter. Ein großer Dichter. Und er verliebte sich in die Frau des Fürsten von Tripolis.«
    Ich wurde unruhig. Hoffentlich war diese Geschichte jugendfrei.
    »Seine heimliche Liebe währte viele Jahre, aber schließlich ertrug er es nicht länger. Er nahm ein Schiff nach Tripolis, und seine Diener trugen ihn an Land.«
    »Fühlte er sich nicht wohl?« fragte ich ahnungslos. »War seine Überfahrt stürmisch gewesen?«
    »Er lag im Sterben. Sein Herz war gebrochen.«
    »Ach so. M-hm.«
    »Man trug ihn auf einer Bahre zur Fürstin Melisande, und mit letzter Kraft streckte er seine Hand aus, um die ihre zu berühren. Dann schied er dahin.«
    Hier gab sie einen Seufzer von sich, der aus den tiefsten Abgründen ihres Zuckergußherzens zu kommen schien, und dann schwieg sie.
    »Ist ja enorm«, sagte ich, da ich fand, daß ein Kommentar angebracht war, aber im Grunde gefiel mir diese Geschichte nicht halb so gut wie die von dem fliegenden Händler und der Pfarrerstochter. Vielleicht sähe es anders aus, wenn man den Mann gekannt hätte.
    Sie seufzte noch einmal.
    »Jetzt kannst du sicher verstehen, warum ich sagte, daß du mich an Rudel erinnerst. Du bist wie er gekommen, um die Frau deines Herzens noch einmal zu sehen. Das war sehr, sehr lieb von dir, Bertie, und ich werde es niemals vergessen. Die Erinnerung daran wird mir bleiben wie der Duft einer gepreßten Blume zwischen den Seiten eines alten Poesiealbums. Aber war es auch klug? Hättest du nicht dem Wunsch widerstehen sollen? Wäre es nicht besser gewesen, du hättest damals, als wir einander in Brinkley Court adieu sagten, endgültig Abschied von mir genommen, anstatt nun alte Wunden wieder aufzureißen? Wir waren einander begegnet, du warst in Liebe zu mir entbrannt, aber ich mußte dir sagen, daß mein Herz bereits einem

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