Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
machen.
    »Das muß wohl ein Irrtum sein«, sagte ich.
    »Nein, Irrtum ausgeschlossen. Ich habe selbst das Telegramm gesehen, das sie Madeline heute früh geschickt hat und in dem sie fragt, ob sie nicht für ein oder zwei Tage herkommen kann. Es war in London aufgegeben worden, so daß ich annehme, sie hat Brinkley Court bereits verlassen.«
    Ich glotzte ihn ungläubig an.
    »Redest du etwa von meiner Tante Dahlia?«
    »Von wem denn sonst?«
    »Und du meinst, Tante Dahlia kommt heute abend hierher?«
    »So ist es.«
    Das waren allerdings katastrophale Neuigkeiten, und mit unverhohlener Besorgnis nagte ich an meiner Unterlippe. Dieser plötzliche Entschluß, mir nach Totleigh Towers zu folgen, konnte nur eins bedeuten, nämlich daß Tante Dahlia inzwischen Zweifel an meiner kriminellen Energie gekommen waren und daß sie es für sicherer hielt, in der Nähe zu sein und aufzupassen, daß ich mich ja nicht um die Erfüllung ihres Auftrags drückte. Und da ich finster entschlossen war, mich zu drücken, war abzusehen, daß es Konflikte geben würde. Man mußte damit rechnen, daß sie mit einem unfolgsamen Neffen ähnlich verfahren würde wie in ihren Halali-Tagen mit einem Jagdhund, der sich weigerte, die Beute zu apportieren.
    »Sag mal«, erkundigte sich Gussie, »wie ist sie denn zur Zeit bei Stimme? Ich frage nur, weil ich ihr gehörig den Marsch blasen müßte, falls sie es sich einfallen ließe, mich mit ihren Jagdrufen zu nerven, solange sie hier ist. Seit meinem Besuch bei ihr in Brinkley habe ich genug davon.«
    Ich hätte mir gerne noch ein Weilchen den Kopf über die Bredouille zerbrochen, in der ich steckte, aber Gussies Worte erinnerten mich wieder an die Dinge, denen ich auf den Grund kommen wollte.
    »Was ist denn nur los mit dir, Gussie?« fragte ich.
    »Wieso?«
    »Seit wann bist du so?«
    »Wie denn?«
    »Na, daß du zum Beispiel davon redest, Tante Dahlia den Marsch blasen zu wollen. In Brinkley hättest du dich vor ihr am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Und dann hast du zu Spode gesagt, er solle gefälligst keinen Blödsinn reden. Übrigens, worüber hat er denn Blödsinn geredet?«
    »Weiß ich nicht mehr. Er redet ziemlich viel Blödsinn.«
    »Ich brächte es einfach nicht fertig, zu Spode zu sagen, er solle keinen Blödsinn reden«, gestand ich freimütig.
    Er erwiderte Offenheit mit Offenheit.
    »Na ja, um ehrlich zu sein, Bertie«, sagte Gussie und rückte endlich mit der Sprache heraus, »bis vor einer Woche hätte ich es auch nicht fertiggebracht.«
    »Und was ist vor einer Woche passiert?«
    »Ich wurde ein neuer Mensch. Dank Jeeves. Er ist ein toller Bursche, Bertie!«
    »Aha.«
    »Wir sind doch wie Kinder, die sich im Dunkeln fürchten, und Jeeves ist die kluge Kinderfrau, die uns bei der Hand nimmt und …«
    »… das Licht anknipst?«
    »Ganz recht. Soll ich dir erzählen, wie es war?«
    Ich versicherte ihm, ich sei gespannt wie ein Flitzebogen. Dann lehnte ich mich im Sessel zurück, zündete mir eine Orient an und erwartete seine Enthüllungen.
    Eine Weile stand Gussie schweigend da. Man sah förmlich, wie er seine Gedanken ordnete. Schließlich nahm er seine Brille ab und polierte die Gläser.
    »Vor etwa einer Woche, Bertie«, begann er, »spitzten sich die Dinge für mich plötzlich dramatisch zu. Ich sah mich zu etwas gezwungen, das mir das Leben vergällte und verfinsterte. Man sagte mir nämlich, ich würde beim Hochzeitsempfang eine Rede halten müssen.«
    »Klar. Das ist ja so üblich.«
    »Ich weiß, aber irgendwie hatte ich nicht daran gedacht, und als ich davon hörte, war ich wie vom Donner gerührt. Und weißt du auch, weshalb mich bei der Vorstellung, am Hochzeitsmorgen eine Rede halten zu sollen, das nackte Entsetzen packte? Weil Roderick Spode und Sir Watkyn Bassett unter den Anwesenden sein würden. Kennst du Sir Watkyn näher?«
    »Eigentlich nicht. Er hat mir nur mal in seinem Polizeigericht eine Strafe von fünf Pfund aufgebrummt.«
    »Na, ich kann dir sagen, er ist ein unangenehmer Kunde und hat etwas dagegen, daß ich sein Schwiegersohn werde. Erstens, weil er es lieber sähe, wenn Madeline diesen Spode heiratete – der sie – nebenbei bemerkt, schon liebt, seit sie ungefähr so groß war …«
    »Was du nicht sagst«, sagte ich, wobei ich diplomatisch verschwieg, daß nach meiner festen Überzeugung nur jemand, der nicht mehr alle Nadeln an der Tanne hatte, sich aus freien Stücken in dieses Mädchen verlieben konnte.
    »Ja. Aber abgesehen davon, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher