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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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das seine Lämmer ruft.
    Ebensowenig gab es Zweifel an dem, was er da geäußert hatte. Ich habe es Wort für Wort korrekt wiedergegeben, und zu sagen, daß ich erstaunt war, wäre eine starke Untertreibung. Ich begriff, daß an Madeline Bassetts phantastischer Geschichte möglicherweise doch etwas dran war. Ich meine, wenn Augustus Fink-Nottle es fertigbrachte, Roderick Spode aufzufordern, er solle gefälligst keinen Blödsinn reden, dann war ihm auch zuzutrauen, daß er gesagt hatte, Spode solle sich mit seinen idiotischen Ansichten einsargen lassen.
    Voll stiller Bewunderung betrat ich den Salon.
    Außer einer unscheinbaren Frauensperson, die der Teekanne vorsaß und eine angeheiratete Cousine oder etwas in dieser Größenordnung zu sein schien, waren, von links nach rechts betrachtet, nur Sir Watkyn Bassett, Roderick Spode und Gussie anwesend. Gussie stand breitbeinig auf dem Kaminvorleger und wärmte sich an dem lodernden Feuer, das von Rechts wegen dem Hausherrn zur Erwärmung seines Hinterteils hätte vorbehalten bleiben müssen, und mir wurde schlagartig klar, was Madeline Bassett gemeint hatte, als sie sagte, er habe seine Schüchternheit völlig abgelegt. Noch vom andern Ende des Raumes aus war deutlich zu erkennen, daß sich in puncto Selbstvertrauen sogar Nero ein Scheibchen von ihm hätte abschneiden können.
    Er entdeckte mich gleich, als ich eintrat, und winkte mich mit einer, wie ich fand, verdammt herablassenden Handbewegung herbei. Er stand da wie ein altrussischer Großgrundbesitzer, der gnädig eine Abordnung seiner Kulaken empfängt.
    »Ah, Bertie, du bist also eingetroffen.«
    »Ja.«
    »Komm, tritt näher und nimm dir ein Stück Kuchen.«
    »Danke.«
    »Hast du das Buch mitgebracht, um das ich dich gebeten habe?«
    »Oh, tut mir sehr leid. Ich hab’s vergessen.«
    »Von allen unfähigen Schwachköpfen, die mir je unter die Augen gekommen sind, bist du wirklich der dämlichste. Du kannst gehen. Die andern halten sich zu meiner Verfügung.«
    Er entließ mich mit einer lässigen Geste und verlangte nach einem weiteren Schinkensandwich.
    Die Erinnerung an meine erste Mahlzeit in Totleigh Towers gehört nicht gerade zu meinen glücklichsten. Die erste Tasse Tee nach der Ankunft in einem Landhaus ist etwas, das ich im allgemeinen besonders genieße. Ich liebe die knisternden Scheite im Kamin, das gedämpfte Licht, den Duft von Toast mit Butter, die Atmosphäre der Ruhe und Gemütlichkeit. Es bringt eine Saite im Innersten meines Herzens zum Klingen, wenn die Dame des Hauses mir liebenswürdig zulächelt und wenn der Herr des Hauses mich verstohlen am Ärmel zupft und mir zuraunt: »Lassen Sie uns hier verschwinden und im Jagdzimmer einen kleinen Whisky Soda trinken.« In solchen Augenblicken können Sie Bertram Wooster von seiner besten Seite erleben.
    Aber diesmal kam so ein Gefühl des Wohlbehagens und bien être gar nicht erst auf, und zwar wegen Gussies sonderbarem Benehmen. Er tat ja so, als gehörte ihm dieses Haus. Ich war daher froh, als endlich die Tafel aufgehoben wurde und ich mit ihm unter vier Augen reden konnte. Es gab da ein paar Dinge, denen ich unbedingt auf den Grund kommen mußte.
    Zuerst wollte ich aber mal herausbekommen, wie sich das Verhältnis zwischen ihm und Madeline aus seiner Perspektive darstellte. Sie hatte zwar behauptet, es herrsche wieder eitel Sonnenschein, aber in solchen Fragen kann man gar nicht genügend Auskünfte einholen.
    »Ich habe vorhin mit Madeline gesprochen«, sagte ich. »Nach ihren Worten seid ihr zwei noch immer ein Paar. Stimmt das?«
    »Stimmt genau. Es gab eine kleine Verstimmung, weil ich Stephanie Byng eine Mücke aus dem Auge entfernt hatte, und in meinem ersten Schrecken habe ich dir telegraphiert und dich gebeten herzukommen. Ich dachte, du könntest ein gutes Wort für mich einlegen. Aber das ist gar nicht mehr nötig. Ich habe Madeline mal tüchtig die Leviten gelesen, und jetzt ist alles wieder in schönster Ordnung. Aber da du nun schon mal hier bist, kannst du ruhig ein, zwei Tage bleiben.«
    »Vielen Dank.«
    »Du wirst dich sicher freuen, deine Tante wiederzusehen. Sie trifft, soviel ich weiß, heute abend ein.«
    Ich verstand kein Wort. Tante Agatha lag, wie ich wußte, mit Gallenbeschwerden im Krankenhaus. Erst vor ein paar Tagen hatte ich ihr Blumen hingebracht. Und um Tante Dahlia konnte es sich natürlich auch nicht handeln, denn sie hatte mit keinem Wort etwas davon erwähnt, daß sie beabsichtige, Totleigh Towers unsicher zu

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