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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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am Herzen läge und daß er mir das Genick brechen würde, wenn ich sie unglücklich machte. Darauf laufen alle seine finsteren Drohungen hinaus, und das war ein Grund, warum ich es mit der Angst bekam, als Madeline mich mit Stephanie Byng sah und auf einmal so frostig wurde.«
    »Sag mal, Gussie, was hast du eigentlich wirklich mit Stiffy gemacht?«
    »Ich habe eine Mücke aus ihrem Auge entfernt.«
    Ich nickte. Wenn er sich für diese Geschichte entschieden hatte, dann war es wohl am besten, er hielt weiter daran fest.
    »Soviel über Spode. Wir kommen nun zu Sir Watkyn Bassett. Schon bei unserer ersten Begegnung war mir klar, daß ich als Schwiegersohn nicht seinen Vorstellungen entsprach.«
    »Mir auch.«
    »Meine Verlobung mit Madeline fand, wie du weißt, in Brinkley Court statt. Die frohe Botschaft wurde ihm infolgedessen brieflich mitgeteilt, und vermutlich hat die gute Madeline mich dabei so über den grünen Klee gelobt, daß Sir Watkyn zu der Überzeugung kam, ich sei ein Mittelding zwischen Robert Taylor und Albert Einstein. Als ich ihm dann als der Bräutigam seiner Tochter vorgestellt wurde, hat er mich jedenfalls erst wortlos angestarrt und dann gedehnt ›Waaas?‹ gesagt. Völlig entgeistert, verstehst du. So als hoffte er, das Ganze sei nur ein dummer Scherz gewesen und der richtige Mann werde gleich hinter einem Sofa hervorkommen und ›April, April!‹ rufen. Als er schließlich begriff, daß kein Irrtum vorlag, hat er sich stumm in eine Ecke gesetzt und eine Zeitlang das Gesicht in den Händen vergraben. Später bemerkte ich, wie er mich immer wieder über den Rand seines Kneifers ansah. Das hat mich völlig entnervt.«
    Das war verständlich. Weiter oben habe ich ja schon erwähnt, welche Auswirkungen der Bassettsche Blick über den Kneiferrand auf mich gehabt hatte, und ich konnte mir gut vorstellen, daß so ein Blick, wenn er auf Gussie angewandt wurde, den Ärmsten total demoralisiert haben mußte.
    »Außerdem hat er die Nase gerümpft. Und als Madeline ihm erzählte, daß ich mir in meinem Zimmer neben dem Bett ein paar Molche hielte, hat er eine sehr abfällige Bemerkung gemacht – zwar nur leise, aber ich habe sie trotzdem genau gehört.«
    »Du hast also deine vierbeinige Sippschaft mitgebracht?«
    »Selbstverständlich. Ich führe nämlich zur Zeit eine sehr komplizierte Untersuchung durch. Ein amerikanischer Professor hat herausgefunden, daß der Vollmond das Liebesleben zahlreicher Wassertiere beeinflußt, darunter eine Fischgattung, zwei Unterarten der Seesterne, acht Würmersorten und sogar eine Seegraspflanze namens Dictyota. In zwei oder drei Tagen haben wir Vollmond, und dann möchte ich feststellen, ob er auch das Liebesleben der Molche beeinflußt.«
    »Aber was haben denn die Molche schon für ein Liebesleben, wenn man’s mal bei Licht betrachtet? Hast du mir nicht irgendwann erzählt, daß sie in der Paarungszeit mit dem Hinterteil wackeln?«
    »Ganz recht.«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Na, von mir aus. Wenn’s ihnen Spaß macht. Aber ich stelle mir glühende Leidenschaft anders vor. Und der alte Bassett hatte also was gegen die kleinen Kameraden?«
    »Ja. Er hatte überhaupt gegen alles etwas, soweit es mich betraf. Mein Leben wurde dadurch höchst kompliziert und unerfreulich. Und obendrein war da noch Spode. Du kannst dir also denken, warum ich allmählich zum Nervenwrack wurde. Zu allem Überfluß teilte man mir dann ohne vorherige Warnung mit, daß ich beim Hochzeitsempfang eine Rede halten müßte, und zwar vor einem Publikum, zu dem, wie ich schon erwähnte, auch Roderick Spode und Sir Watkyn Bassett gehören würden.«
    An dieser Stelle schluckte er einmal schwer wie ein Pekinese, der eine Pille herunterwürgt.
    »Ich bin nun mal ein schüchterner Mensch, Bertie. Meine Hemmungen sind der Preis, den ich für mein überaus sensibles Wesen bezahlen muß. Und du weißt ja, wie ich schon unter normalen Umständen über das Redenhalten denke. Allein der Gedanke daran ist mir entsetzlich. Als du mich damals zur Teilnahme an der Preisverleihungsfeier in der Schule von Market Snodsbury genötigt hast, lief es mir bereits bei der Vorstellung, vor einer Horde pickeliger Bengels am Rednerpult stehen zu sollen, eiskalt über den Rücken. Ich hatte Alpträume davon. Da kannst du dir ausrechnen, wie elend mir erst zumute war, wenn ich an diesen Hochzeitsempfang dachte. Ich hätte mich ja noch dazu aufraffen können, das Wort an eine Herde Tanten und Cousinen zu richten, aber

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