Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
der Verleihung der Schulpreise in Market Snodsbury mit ungefähr drei Litern diverser Alkoholika vollgetankt hatte, aber dann fiel mir ein, daß das vielleicht eine unpassende Bemerkung war. Das Schauspiel, das der Mann ihres Herzens bei seiner Rede in Market Snodsbury geboten hatte, gehörte zweifellos zu den Dingen, an die sie nicht gern erinnert wurde.
    »Stell dir vor«, sagte sie, »heute morgen hat er sogar Roderick Spode scharf zurechtgewiesen.«
    »Im Ernst?«
    »Ja. Sie hatten eine Meinungsverschiedenheit, und da sagte Augustus zu ihm, er solle sich doch mit seinen idiotischen Ansichten einsargen lassen.«
    »Donnerwetter!«
    Selbstverständlich glaubte ich ihr kein Wort. Na, hören Sie mal! Ich meine Roderick Spode, das war doch ein Mann, in dessen Gegenwart sich sogar ein Preisboxer genau überlegt hätte, was er sagte. So was gab es doch gar nicht.
    Aber ich konnte ihre Motive verstehen. Sie wollte das Image ihres Bräutigams ein bißchen aufpolieren, und wie alle Mädchen übertrieb sie dabei gewaltig. Dasselbe habe ich schon bei jung verheirateten Frauen erlebt, die einem einreden wollen, daß ihr Herbert oder George oder wie er auch heißen mag verborgene Qualitäten besitzt, die dem oberflächlichen Betrachter bisher entgangen sind. Frauen wissen in solchen Fällen nie, wann die Grenze der Glaubwürdigkeit erreicht ist.
    Ich kann mich noch erinnern, wie Bingo Littles Frau mir kurz nach ihrer Heirat einmal erzählte, Bingo habe zu ihr bei einem Sonnenuntergang Worte von lyrischer Schönheit gesagt. Dabei wußte ich als sein bester Freund natürlich ganz genau, daß dieser Stiesel in seinem Leben noch keinem Sonnenuntergang Beachtung geschenkt hatte, und wenn er es zufällig doch einmal täte, dann würde ihm dazu nicht mehr einfallen, als daß er ihn an eine Scheibe Roastbeef, medium gebraten, erinnerte.
    Aber man kann ja zu einem Mädchen nicht einfach sagen, daß sie lügt. Also sagte ich, wie schon erwähnt: »Donnerwetter!«
    »Das war das einzige, was ihm noch zur Vollkommenheit gefehlt hatte. Manchmal, Bertie, frage ich mich, ob ich einer so edlen Seele überhaupt würdig bin.«
    »Ach, so einen Quatsch würde ich mich an deiner Stelle aber nicht fragen«, sagte ich in meiner offenen Art. »Selbstverständlich bist du’s!«
    »Es ist lieb von dir, daß du das sagst.«
    »Keine Ursache. Ihr beiden paßt zusammen wie Kümmel und Kohl. Das sieht doch der Dümmste, daß ihr ein Dings seid
    … ein ideales Paar. Ich kenne Gussie schon seit unserer Kindheit, und ich habe von Anfang an gesagt, daß für ihn einmal nur ein Mädchen wie du in Frage käme.«
    »Wirklich?«
    »Wenn ich’s dir sage! Und als ich dir begegnete, wußte ich sofort: Die oder keine! Die paßt zu ihm wie die Faust aufs Auge! Wann soll denn die Hochzeit sein?«
    »Am dreiundzwanzigsten.«
    »Warum nicht schon früher?«
    »Früher?«
    »Na klar! Bringt’s hinter euch, dann braucht ihr euch deswegen keine Sorgen mehr zu machen. So einen wie Gussie kann man gar nicht früh genug heiraten. Ein prima Kerl. Ein Pfundskerl. Ich kenne keinen, den ich lieber mag. Einen Menschen wie Gussie gibt’s nur einmal. Er ist wirklich einsame Klasse.«
    Sie griff sich meine Hand und drückte sie. Besonders angenehm war mir das natürlich nicht, aber ich bewahrte Haltung.
    »Ach, Bertie, du bist immer so edelmütig.«
    »I wo! Ich sage nur, was ich denke.«
    »Es macht mich ja so glücklich zu wissen, daß diese … diese Dinge in der Vergangenheit nichts an deiner Freundschaft zu Augustus geändert haben.«
    »Aber woher denn!«
    »Andere Männer in deiner Lage wären sicher verbittert.«
    »Dumm von ihnen.«
    »Aber du stehst über so etwas. Du kannst auch jetzt noch so wundervoll von ihm sprechen.«
    »Na klar.«
    »Bertie, du bist ein Schatz!«
    Und so schieden wir in beiderseitigem Einvernehmen. Sie ging, um sich irgendwo im Haushalt zu schaffen zu machen, und ich steuerte in der Hoffnung auf eine Tasse Tee den Salon an. Sie selbst, erklärte sie, trinke keinen Tee, da sie eine Diät mache.
    Gerade hatte ich den Salon erreicht und wollte schon der Tür, die nur angelehnt war, einen leichten Schubs geben, da hörte ich von drinnen eine Stimme. Und diese Stimme sagte:
    »Reden Sie gefälligst keinen Blödsinn, Spode!«
    Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, wem diese Stimme gehörte. Seit seiner frühesten Jugend besaß Gussies Stimme ein unverwechselbares Timbre, das einen teils an entweichendes Gas und teils an ein Mutterschaf erinnerte,

Weitere Kostenlose Bücher