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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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noch ein ganzes Stück gewachsen zu sein und maß jetzt an die vier Meter. Wäre der Tip, wie ich ihn kleinkriegen könnte, nicht aus absolut zuverlässiger Quelle gekommen, dann hätte er wahrscheinlich angsteinflößend gewirkt. Aber schon seit Jahren hatte ich mich daran gewöhnt, Jeeves stets aufs Wort zu glauben, und deshalb sah ich jetzt Spode seelenruhig an.
    Leider muß ich sagen, daß Gussie mein grenzenloses Vertrauen nicht teilte. Vielleicht lag es daran, daß ich ihm die Einzelheiten nicht genauer erklärt hatte, vielleicht auch daran, daß ihm die Nerven versagten, als er Spode in voller Größe vor sich sah. Jedenfalls wich er zur Wand zurück und versuchte allem Anschein nach, rückwärts hindurchzugelangen. Als er das nicht schaffte, sah er aus, als hätte ihn ein geschickter Präparator ausgestopft. Ich für meinen Teil wandte mich inzwischen Spode zu und warf ihm einen durchdringenden Blick zu, in dem zu etwa gleichen Teilen Erstaunen und Antipathie lagen.
    »Nun, Spode«, sagte ich, »was wollen Sie denn diesmal?«
    Dem letzten Wort gab ich einen ziemlich scharfen Drall, um mein Mißfallen zum Ausdruck zu bringen, aber an diesem Menschen prallte das ab. Er überhörte meine Frage einfach und schob sich langsam heran, wobei sein Blick starr auf Gussie gerichtet war. Mir fiel auf, daß seine Kiefer mahlten wie damals, als er mich dabei erwischte, wie ich mir an Sir Watkyn Bassetts Silberkollektion zu schaffen machte. So wie er aussah, mußte man jeden Augenblick damit rechnen, daß er sich dröhnend auf die Brust trommelte wie ein emotional aufgewühlter Gorilla.
    »Ha!« sagte er.
    Ich war natürlich nicht gewillt, so mit mir reden zu lassen. Dieser blödsinnigen Angewohnheit, bei jeder Gelegenheit »Ha!« zu sagen, mußte ein Ende gemacht werden, und zwar sofort.
    »Spode!« sagte ich streng, und ich glaube, daß ich dabei sogar auf den Tisch geschlagen habe.
    Erst jetzt schien er mich überhaupt zu bemerken. Er blieb einen Augenblick stehen und warf mir einen bösen Blick zu.
    »Was wollen Sie denn?«
    Ich runzelte die kühne Stirn.
    »Was ich will? Na, Sie machen mir Spaß. Aber wenn Sie mich schon fragen, Spode: Ich will zum Beispiel gerne wissen, wie zum Teufel Sie dazu kommen, hier ungebeten einzudringen und sich breitzumachen, während ich mich ungestört mit einem persönlichen Freund unterhalten möchte. Ständig wird man in diesem Haus belästigt. Man kommt sich ja fast vor wie eine Nachtclubtänzerin! Sie haben doch wohl Ihr eigenes Zimmer? Also verschwinden Sie dorthin und bleiben Sie auch da, Sie Fettkloß!«
    Ich konnte es mir nicht verkneifen, Gussie einen raschen Blick zuzuwerfen, um zu sehen, wie das bei ihm ankam, und zu meiner Genugtuung bemerkte ich in seinem Gesicht einen Ausdruck der Bewunderung, wie er auch das Antlitz eines in Bedrängnis geratenen Burgfräuleins geziert haben könnte, das einen wagemutigen Rittersmann dabei beobachtet, wie er den bösen Drachen zur Schnecke macht. Ich merkte, daß ich für ihn wieder Wooster der Verwegene war wie einst im Mai, und zweifellos schämte er sich in Grund und Boden, daß er so schnöde über mich gespottet hatte.
    Auch Spode schien ziemlich beeindruckt zu sein, allerdings nicht so positiv. Er glotzte mich fassungslos an wie einer, der von einem Stallhasen gebissen worden ist. Anscheinend konnte er es gar nicht glauben, daß ich mit dem bibbernden Nägelbeißer identisch sein sollte, mit dem er sich auf der Terrasse unterhalten hatte.
    Er begehrte zu wissen, ob ich ihn eben als Fettkloß bezeichnet hätte, und ich bestätigte es ihm.
    »Also wirklich als Fettkloß?«
    »Jawohl, als Fettkloß. Es ist höchste Zeit«, fuhr ich dann fort, »daß mal jemand die Zivilcourage aufbringt, Ihnen zu sagen, was für ein Stinktier Sie sind. Wissen Sie, Spode, Sie bilden sich wer weiß was darauf ein, daß es Ihnen gelungen ist, ein paar Schwachköpfe um sich zu scharen, die mit ihren schwarzen Shorts das Londoner Stadtbild verschandeln. Und wenn diese Bagage ›Heil Spode!‹ kräht, bilden Sie sich ein, die Stimme des Volkes zu hören. Aber da sind Sie auf dem Holzweg! Wenn Sie mal richtig hinhören, sagt die Stimme des Volkes nämlich: ›Seht euch bloß diesen behämmerten Spode mit seinen Halbmasthosen an! Der hat doch ’n Schatten auf der Morelle!‹«
    Er führte etwas auf, das man als Ringen nach Worten zu bezeichnen pflegt.
    »So?« sagte er endlich. »Ha! Na, Sie nehme ich mir nachher noch vor.«
    »Aber ich«, gab ich schlagfertig

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