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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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den Kopf.
    »Er hat sie fallen lassen.«
    »Und warum?«
    »Vor Schreck. Als ich ihm sagte, es sei aus zwischen uns.«
    »Was!«
    »Ja.« In ihren Augen glitzerte es, als ob sie im Geiste noch einmal diese Szene durchmachte, und ihre Stimme klang hart und metallisch wie die meiner Tante Agatha, wenn ich ihr begegne. Ihre Mattigkeit verschwand, und plötzlich sprach sie mit jugendlichem Temperament. »Ich ging zu Harold nach Hause, und nachdem wir ein Weilchen über dieses und jenes geplaudert hatten, fragte ich: ›Und wann wirst du Eustace Oates den Helm klauen, mein Schatz?‹ Darauf hat er mich doch wahrhaftig ganz erbärmlich und wie ein geprügelter Hund angesehen und gesagt, er habe mit seinem Gewissen gerungen in der Hoffnung, es werde ihm grünes Licht geben, aber sein Gewissen habe gesagt, nein, ein Helmdiebstahl komme gar nicht in die Tüte, und deshalb werde nichts aus der Sache. ›So?‹ habe ich darauf ganz spitz gesagt. ›Es wird also nichts draus? Dann wird eben auch nichts aus unserer Heirat!‹ Und da hat er zwei Händevoll Lichtbilder vom Heiligen Land fallen lassen, und ich bin weggerannt.«
    »Das darf doch nicht wahr sein!«
    »Ist es aber doch. Und ich finde, daß ich noch mal mit einem blauen Auge davongekommen bin. Wenn er mir nicht mal den kleinsten Wunsch erfüllen will, dann kann ich von Glück sagen, daß ich das gerade noch rechtzeitig herausgefunden habe. Ich bin richtig froh, daß es so gekommen ist.«
    Und mit einem Schniefen, das so klang, als hätte man ein Stück Stoff zerrissen, vergrub sie ihr Lockenköpfchen in den Händen und brach in das aus, was man gewöhnlich als hemmungsloses Schluchzen bezeichnet.
    Na, mir tat das natürlich leid und alles – ja, man könnte fast behaupten, es habe mich gerührt, sie so bekümmert zu sehen. Wahrscheinlich gibt es im ganzen Londoner Westend keinen zweiten Mann, dem das Leid einer Frau so nahegeht wie mir. Wenn ich ein bißchen näher dran gewesen wäre, hätte ich ihr womöglich den Kopf gestreichelt. Aber die Woosters sind nicht nur weichherzig, sondern auch praktisch, und so dauerte es nicht lange, bis ich dieser Angelegenheit etwas Gutes abgewann.
    »Tja, dumme Sache, das«, sagte ich. »Es blutet einem das Herz. Stimmt’s, Jeeves?«
    »Ganz entschieden, Sir.«
    »Jawohl, es blutet einem wie wild, aber man muß wohl darauf vertrauen, daß die Zeit, die schon so manche Träne getrocknet hat, auch über diese Wunde Gras wachsen läßt. Da du nun unter den gegebenen Umständen für das Notizbuch keinerlei Verwendung mehr haben dürftest, sei doch so nett und rück’s heraus.«
    »Hm?«
    »Ich sagte, da deine Verbindung mit Stinker doch ins Wasser gefallen ist, wird dir an Gussies Notizbuch sicher nichts mehr gelegen sein.«
    »Ach, laß mich doch jetzt mit deinem Notizbuch in Ruhe.«
    »Ja, du hast völlig recht. Ich will dich auch ganz in Ruhe lassen. Ich mehre nur, wenn du bei Gelegenheit – zu einer Zeit, die dir angenehm ist – das Ding aushändigen könntest …«
    »Na schön, also gut. Ich kann’s dir aber nicht sofort geben. Es ist nicht hier.«
    »Nicht hier?«
    »Nein. Es befindet sich … Nanu, was war das denn?«
    Was sie veranlaßt hatte, ihre Ausführungen just an der Stelle abzubrechen, wo sie anfingen, besonders interessant zu werden, war ein plötzliches Klopfgeräusch. Es hörte sich an wie »Tock-tock-tock« und kam vom Fenster her.
    Ich vergaß zu erwähnen, daß Stiffys Zimmer nicht nur mit einem Himmelbett, wertvollen Gemälden, üppig gepolsterten Sesseln und allerhand anderem Zeug ausstaffiert war, das mir viel zu kostbar erschien für ein herzloses kleines Luder, das mir zum Dank dafür, daß ich sie zu Mittag bewirtet hatte, nichts als Scherereien bereitete – vor dem Fenster ihres Zimmers befand sich auch ein Balkon. Von diesem Balkon kam das Klopfen, woraus ich messerscharf schloß, daß jemand draußen stand.
    Daß auch der Hund Bartholomew zu diesem Schluß gelangt war, erkannte man an der affenartigen Geschwindigkeit, mit der er zur Balkontür fegte und versuchte, sich hindurchzubeißen. Bis zu diesem Augenblick hatte er den Eindruck eines eher reservierten Hundes gemacht, der sich damit begnügte, still dazusitzen und einen anzustarren, aber jetzt auf einmal keifte er wie ein Fischweib. Und wie ich seinen aufgerissenen Rachen sah und hörte, was ihm da alles über die Lippen kam, war ich, offen gestanden, heilfroh, mich hurtig wie ein Voltigeur auf die Kommode gerettet zu haben. Dieser Bartholomew

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