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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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und dann hast du zugeschlagen, als er sich nichtsahnend auf einen Zaun oder irgendwas setzte, um sich auszuruhen?«
    Stinker starrte vor sich hin ins Leere und machte nach wie vor ein bekümmertes Gesicht.
    »Er saß nicht auf dem Zaun, sondern lehnte sich nur daran. Nachdem du mich verlassen hattest, Stiffy, machte ich einen Spaziergang, um nachzudenken, und gerade hatte ich Plunketts Wiese überquert und wollte über den Zaun in das angrenzende Feld steigen, da entdeckte ich etwas Dunkles vor mir, und da war er.«
    Ich nickte, denn ich konnte mir die Szene genau vorstellen.
    »Du hast doch«, fragte ich, »hoffentlich daran gedacht, daß man den Helm erst nach vorne schubsen muß, bevor man ihn anhebt?«
    »Das war gar nicht nötig. Er hatte den Helm nicht auf dem Kopf. Er hatte ihn abgesetzt und neben sich auf den Boden gelegt. Ich brauchte mich nur anzuschleichen und ihn zu schnappen.«
    Kritisch zog ich die Augenbrauen hoch.
    »Das ist aber gegen die Regeln, Stinker.«
    »Ist es nicht!« rief Stiffy hitzig. »Ich finde das sehr raffiniert von ihm.«
    Aber ich ließ mich von meinem Standpunkt nicht abbringen. Im Drones Club nehmen wir es in solchen Dingen sehr genau.
    »Es gibt eine richtige Art, einen Polizeihelm zu klauen, und eine falsche«, erklärte ich mit Nachdruck.
    »So ein Blödsinn!« sagte Stiffy. »Ich finde, du warst großartig, Liebster.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Was meinen Sie dazu, Jeeves?«
    »Ich möchte mich in dieser Angelegenheit eines Votums enthalten, Sir.«
    »Richtig«, sagte Stiffy. »Und du solltest dich lieber auch eines Votums enthalten, Bertram Wooster, du Pickelgesicht-. Was bildest du dir eigentlich ein?« fragte sie dann ziemlich temperamentvoll. »So holterdipolter in das Schlafzimmer einer jungen Frau einzudringen und ihr Vorträge über die richtige und falsche Art des Polizeihelmklauens zu halten! Dabei bist du doch selbst eine ziemliche Pfeife, wenn man bedenkt, daß du dabei hopsgenommen worden bist und im Polizeigericht Bosher Street vor Onkel Watkyn im Staub kriechen mußtest, um mit einer Geldstrafe davonzukommen.«
    Das ließ ich nicht auf mir sitzen.
    »Ich bin vor dem alten Bazillus nicht im Staub gekrochen! Meine Haltung während der gesamten Verhandlung war ruhig und würdevoll wie die Winnetous am Marterpfahl. Und was die Geldstrafe betrifft …«
    Hier unterbrach mich Stiffy mit der Aufforderung, die Luft anzuhalten und nicht soviel Wind zu machen.
    »Ich wollte ja nur sagen, daß mich das Strafmaß umgehauen hat. Eigentlich wäre doch eine Verwarnung völlig ausreichend gewesen. Aber das gehört nicht zur Sache. Tatsache ist, daß Stinker sich vorhin nicht an die Spielregeln gehalten hat. Ich finde das genauso regelwidrig, wie wenn er auf einen Fasan geschossen hätte, der noch am Boden sitzt. Davon gehe ich nicht ab.«
    »Und ich gehe nicht davon ab, daß du in meinem Zimmer nichts verloren hast. Was machst du überhaupt hier?«
    »Ja, darüber habe ich mich auch schon gewundert«, sagte Stinker, der damit zum ersten Mal auf diesen Punkt zu sprechen kam. Es war natürlich begreiflich, daß er erstaunt war, in einem Raum, den er bis dahin für das private Schlafgemach seiner Herzliebsten gehalten hatte, die reinste Volksversammlung zu finden.
    Ich sah sie streng an.
    »Du weißt doch genau, was ich hier mache. Ich hab’s dir schon gesagt. Ich wollte …«
    »Ach ja. Bertie wollte sich ein Buch ausleihen, Liebling. Aber« – und bei diesen Worten begegneten ihre Augen den meinen mit einem kalten, drohenden Blick – »leider kann ich es ihm im Augenblick noch nicht geben. Ich bin damit noch nicht fertig. Übrigens«, fuhr sie dann fort und sah mich dabei immer noch starr an, »Bertie sagt, er wird uns bei der Sache mit dem Sahnekännchen gerne helfen.«
    »Wirklich, alter Junge?« fragte Stinker begeistert.
    »Selbstverständlich«, sagte Stiffy. »Er hat mir eben noch versichert, daß es ihm ein Vergnügen ist.«
    »Und es macht dir auch nichts aus, wenn ich dir eins auf die Nase haue?«
    »Es macht ihm überhaupt nichts aus.«
    »Es muß Blut fließen, verstehst du? Ohne Blut geht es nicht.«
    »Natürlich, natürlich, natürlich«, sagte Stiffy. Sie wirkte ungeduldig. Anscheinend wollte sie die Szene schleunigst beenden. »Das versteht er vollkommen.«
    »Wann würde es dir denn passen, Bertie?«
    »Heute nacht würde es ihm sehr gut passen«, sagte Stiffy. »Nur nicht lange gezögert. Warte um Mitternacht vor dem Haus, Liebling. Um diese Zeit

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