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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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gehörte zu jenen Landhäusern, die zu einer Zeit gebaut wurden, als die Besitzer solcher bescheidenen Refugien im Grünen glaubten, ein Schlafzimmer müsse so viel Platz bieten, daß darin etwa fünfzig Paare Walzer tanzen könnten, und in diesem Gelaß hätten sich mindestens ein Dutzend Stiffys ausbreiten können. Im fahlen Licht der Deckenfunzel schien sich das Ding meilenweit nach allen Seiten zu erstrecken, und bei dem Gedanken, daß mein Detektiv sich geirrt haben und Gussies Notizbuch irgendwo in dieser unendlichen Weite versteckt sein könnte, überkam mich das eiskalte Grausen.
    Und während ich noch so dastand und innig das Beste hoffte, wurde ich in meinen Meditationen durch ein sonderbares, dumpfes Geräusch unterbrochen, das halb wie eine Störung im Kurzwellenbereich und halb wie entferntes Donnergrollen klang, und es kam, um es ohne lange Umschweife zu sagen, aus der Kehle des Hundes Bartholomew.
    Er stand auf dem Bett und scharrte mit den Vorderpfoten hektisch auf der Bettdecke. Der Blick, den er uns zuwarf, war so unzweideutig, daß unsere Reaktion perfekt synchronisiert ausfiel. Im selben Augenblick, als ich mich wie ein Adler in die Lüfte erhob und auf der Kommode landete, schwang sich Jeeves schwalbengleich auf den Kleiderschrank. Der kleine Kläffer machte einen Satz vom Bett und lief in die Mitte des Raumes, wo er Platz nahm und mit einem seltsam pfeifenden Schnaufen inhalierte. Mißtrauisch starrte er unter seinen buschigen Augenbrauen hervor wie ein alter Schotte, der aufpaßt, daß ihm keiner seine Siebensachen wegnimmt.
    Und dann geschah lange Zeit gar nichts.

8
    Jeeves brach als erster das ziemlich angespannte Schweigen. »Das Notizbuch ist allem Anschein nach nicht hier, Sir.«
    »Wie?«
    »Ich habe mich auf dem Schrank genau umgesehen, Sir, aber ich vermag das Notizbuch nicht zu entdecken.«
    Es mag sein, daß meine Antwort darauf ein wenig gereizt ausfiel, aber nachdem ich diesem reißenden Untier mit seinem gebleckten Gebiß nur um Haaresbreite entkommen war, konnte ich eine gewisse Nervosität nicht verhehlen.
    »Zum Teufel mit dem Notizbuch, Jeeves! Was ist mit diesem Hund?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Was soll das heißen – ›Jawohl, Sir‹?«
    »Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, daß ich Ihre Einschätzung der gegenwärtigen Lage teile, Sir. Das unerwartete Auftauchen des Tieres stellt uns ohne Frage vor ein Problem. Solange es seine momentane Position beibehält, wird es schwer möglich sein, die Suche nach Mr. Fink-Nottles Notizbuch fortzusetzen. Unser Aktionsradius wird dadurch unvermeidlicherweise eingeengt.«
    »Und was sollen wir nun tun?«
    »Das ist schwer zu sagen, Sir.«
    »Haben Sie gar keine Idee?«
    »Nein, Sir.«
    Ich hätte darauf natürlich scharfzüngig reagieren und etwas Sarkastisches sagen können – ich weiß zwar nicht, was, aber halt irgendwas –, doch ich besann mich eines Besseren. Der Mann, dachte ich, ist zwar hochbegabt, aber es wäre doch zuviel verlangt, wenn er für alles und jedes eine Lösung parat haben sollte. Sein genialer Einfall, durch den es mir möglich geworden war, die Mächte des Bösen in Gestalt des R. Spode außer Gefecht zu setzen, hatte vermutlich seine Energien aufgezehrt und eine vorübergehende Schlappheit des Denkapparats bewirkt. Man konnte jetzt nur abwarten und hoffen, daß es in seinem Gehirnkasten bald wieder normal ticken und der IQ auf seine alte Höchstmarke zurückkehren würde.
    Und je schneller das geschah, so überlegte ich, während ich mir den Stand der Dinge vergegenwärtigte, um so besser, denn eins war sicher: Nur durch eine klug geplante und kühn ausgeführte Großoffensive konnte man diese Töle aus ihrer derzeitigen Stellung vertreiben. Noch nie hatte ich einen Köter gesehen, der so sehr den Eindruck erweckte, an einem Fleck angewachsen zu sein und sich bis zum Jüngsten Gericht – oder zumindest bis zur Rückkehr seines Frauchens – nicht mehr von der Stelle rühren zu wollen. Und was ich Stiffy sagen sollte, falls sie mich beim Nachhausekommen auf ihrer Wäschekommode nistend vorfand, war etwas, das ich mir noch nicht einmal in groben Umrissen ausgedacht hatte.
    Der Anblick des Hundeviehs, das dasaß wie Piksieben, ließ allmählich die kalte Wut in mir hochsteigen. Ich mußte an Freddie Widgeon denken, der sich mal während eines Besuchs auf dem Lande vor einem Schäferhund auf die Hutablage der Garderobe rettete und der mir später sagte, er habe das zutiefst entwürdigend gefunden – als

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