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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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mal eines Nachts auf der Suche nach Plätzchen in die Höhle von Hochwürden Aubrey Upjohn schlich und mich plötzlich Aug’ in Auge mit dem alten Ekel konfrontiert sah, ich mit einem gestreiften, kochfesten Schlafanzug, er mit einem Tweedanzug und einem finsteren Ausdruck im Gesicht. Bevor wir damals auseinandergingen, verabredeten wir uns für den nächsten Tag halb vier am selben Ort, und meine Gefühle waren jetzt fast identisch mit denen an jenem längst vergangenen Nachmittag, als ich an die Tür klopfte und eine kaum noch menschlich zu nennende Stimme mich aufforderte hereinzukommen.
    Der einzige Unterschied bestand darin, daß Hochwürden allein gewesen war, während Sir Watkyn Bassett anscheinend Besuch hatte. Als mein gekrümmter Zeigefinger sich zögernd der Eichentür näherte, war mir, als hörte ich drinnen Stimmen, und beim Eintreten stellte ich fest, daß ich mich nicht geirrt hatte. Papa Bassett saß hinter seinem Schreibtisch, und neben ihm stand Wachtmeister Eustace Oates.
    Ich war ja sowieso schon voll Zag und Zauder gewesen, und dieser Anblick gab mir endgültig den Rest. Ich weiß nicht, ob man Sie schon mal vor ein Hohes Gericht gezerrt hat, aber wenn ja, dann werden Sie mir bestätigen können, daß man so ein Erlebnis nicht so schnell vergißt, und wenn man sich danach mal einem sitzenden Friedensrichter und einem neben ihm stehenden Polizeibeamten gegenübersieht, stellen sich Assoziationen ein, die einem die Knie weich werden lassen.
    Der durchbohrende Blick, den mir der alte B. zuwarf, trug auch nicht dazu bei, meinen rasenden Puls zu beruhigen.
    »Ja, Mr. Wooster?«
    »Ach … äh … könnte ich Sie vielleicht einen Augenblick sprechen?«
    »Mich sprechen?« Ich merkte, daß er mit sich kämpfte. Einerseits widerstrebte es ihm, sein privates Refugium durch einen Wooster entweiht zu sehen, andererseits besann er sich auf seine Gastgeberpflichten. Nach einem kurzen, aber heftigen Schlagabtausch zwischen Pflicht und Neigung obsiegte die erstere. »Na ja … Eigentlich … Wenn es unbedingt … Aber natürlich. Bitte nehmen Sie Platz.«
    Ich setzte mich und fühlte mich gleich besser. Als Angeklagter muß man bekanntlich stehen. Der alte Bassett warf mir schnell noch einen Blick zu, um sich zu vergewissern, daß ich auch keinen seiner Teppiche beiseite schaffte, und wandte sich dann wieder dem Dorfbobby Oates zu.
    »Ich denke, das wär’s dann, Oates.«
    »Jawohl, Sir Watkyn.«
    »Sie wissen, was Sie zu tun haben?«
    »Jawohl, Sir Watkyn.«
    »Und was die andere Angelegenheit betrifft, so werde ich dem nachgehen und die Verdachtsmomente, die Sie vorgetragen haben, besonders berücksichtigen. Es wird eine schonungslose Untersuchung durchgeführt werden.«
    Der diensteifrige Schutzmann tapste hinaus, und der alte Bassett fummelte einen Augenblick mit den Papieren auf seinem Schreibtisch herum. Dann sah er mich an.
    »Das war Wachtmeister Oates, Mr. Wooster.«
    »Ja.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe ihn schon mal gesehen.«
    »Wann war das?«
    »Heute nachmittag.«
    »Seither nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Sind Sie da ganz sicher?«
    »Absolut sicher.«
    »Hm.«
    Wieder fummelte er mit den Papieren auf seinem Schreibtisch herum. Dann wechselte er das Thema.
    »Wir haben es alle sehr bedauert, daß Sie uns nach dem Abendessen nicht Gesellschaft geleistet haben, Mr. Wooster.«
    Das war mir natürlich ein bißchen unangenehm. Als feinfühliger Mensch gibt man seinem Gastgeber nicht gern zu verstehen, daß man ihn meidet wie die Pest.
    »Man hat Sie sehr vermißt.«
    »Ach ja? Tut mir leid. Ich hatte leichte Kopfschmerzen und habe mich deshalb in mein Zimmer zurückgezogen.«
    »Aha. Und dort sind Sie geblieben?«
    »Ja.«
    »Sie haben nicht zufällig einen kleinen Spaziergang durch die frische Luft gemacht, damit Ihre Kopfschmerzen vergehen?«
    »Nein, nein. Ich blieb zurückgezogen in meinem Zimmer.«
    »Aha. Sonderbar. Meine Tochter Madeline sagte mir, sie sei nach Beendigung des Abendessens zweimal in Ihrem Zimmer gewesen und habe es jedesmal leer gefunden.«
    »Ach, wirklich? War ich nicht da?«
    »Nein, Sie waren nicht da.«
    »Dann muß ich woanders gewesen sein.«
    »Daran hatte ich auch schon gedacht.«
    »Jetzt fällt’s mir wieder ein. Ich war zweimal ein bißchen spazieren.«
    »Aha.«
    Er nahm einen Bleistift, mit dem er an seinen linken Zeigefinger klopfte, und beugte sich vor.
    »Irgend jemand hat heute abend Wachtmeister Oates den Helm gestohlen«, sagte er und wechselte damit

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