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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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den Nacken wie ein Mädchen, das annimmt, einen Volltreffer gelandet zu haben, und als ich mir durch den Kopf gehen ließ, was sie da gesagt hatte, mußte ich mir eingestehen, daß sie einen ebensolchen gelandet hatte. Diese Möglichkeit hatte ich doch tatsächlich ganz übersehen. Ich schluckte. Die schlagfertigste Retourkutsche, die mir einfiel, war ein perplexes »Hm«. Es läßt sich nicht leugnen: Bertram war baff.
    »Na, was sagst du nun?«
    Es ist nie sehr angenehm, wenn man die ganze Zeit den Supermann markiert hat und dann auf einmal gezwungen ist, die Rolle zu wechseln und kniefällig um etwas zu bitten, aber was wollte ich machen. Meine Stimme, die bis dahin fest und resolut geklungen hatte, zitterte leicht.
    »Na, hör mal, Stiffy! Das kannst du mir doch nicht antun.«
    »Und wie ich das kann, wenn du nicht zu Onkel Watkyn gehst und schön Wetter für uns machst.«
    »Aber wie stellst du dir das denn vor? Schön Wetter machen! Stiffy, erspar mir doch diese entsetzliche Begegnung.«
    »Nichts zu machen. Und was ist schon so entsetzlich daran? Er wird dich ja nicht fressen.«
    »Möglich, aber das ist auch das einzig Positive.«
    »Es wird nicht schlimmer sein als ein Gang zum Zahnarzt.«
    »Es wird so schlimm sein wie sechs Gänge zu sechs Zahnärzten.«
    »Aber denk nur mal, wie froh du sein wirst, wenn alles vorüber ist.«
    Das war ein sehr schwacher Trost. Ich sah sie scharf an in der Hoffnung, ein Anzeichen des Nachgebens zu entdecken, aber da war nichts. Sie war so hart gewesen wie ein altes Stück Brot, und sie blieb so hart wie ein altes Stück Brot. Der alte Nietzsche hatte schon recht. Wenn du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht. Nichts dran zu rütteln.
    Ich versuchte es ein letztes Mal.
    »Würdest du eventuell doch noch deine Meinung ändern?«
    »Keinen Deut!«
    »Obwohl ich dir – wenn ich das mal beiläufig erwähnen darf
    - neulich ein opulentes Mahl spendiert und dabei weder Kosten noch Mühe gescheut habe?«
    »Nein.«
    Ich zuckte mit den Schultern, wie es ein römischer Gladiator
    - einer von denen, die sich gegenseitig zusammengeknotete Bettlaken überwarfen – getan hätte, dem der Inspizient sagt, er sei jetzt gleich mit seinem Auftritt dran.
    »Na schön«, sagte ich.
    Sie schenkte mir ein mütterliches Lächeln.
    »Siehst du, so ist’s recht, mein tapferer Kleiner.«
    Hätte ich in diesem Augenblick nicht andere Sorgen gehabt, dann wäre die Bezeichnung »mein tapferer Kleiner« für mich Anlaß zu einer scharfen Replik gewesen, aber in dieser schweren Stunde kam es mir nicht darauf an.
    »Wo finde ich deinen Schreckensonkel?«
    »Vermutlich ist er zur Zeit in der Bibliothek.«
    »Gut. Dann gehe ich jetzt zu ihm.«
    Ich weiß nicht, ob man Ihnen als Kind auch mal die Geschichte von dem Mann erzählt hat, dessen Hund das unersetzliche Manuskript eines Buches, an dem er gerade schrieb, auffraß. Die Pointe des Ganzen war, wie Sie sich vielleicht erinnern, daß er seinen Köter tiefbetrübt ansah und sagte: »Au weia, Diamond« – oder vielleicht war es auch: »Traun fürwahr, Diamond« –, »du hast ja keine Ahnung« – oder: »du ermissest nicht –, was du mir angethan!« Als kleiner Knirps habe ich das zum erstenmal gehört, und ich habe es nie vergessen können. Ich erwähne das deshalb, weil ich Jeeves in diesem Augenblick genauso ansah. Die dazugehörigen Worte sprach ich zwar nicht laut aus, aber ich glaube, er wußte, was in mir vorging.
    Es wäre mir lieber gewesen, wenn Stiffy nicht »Auf in den Kampf, Torero!« gepfiffen hätte, als ich zur Tür hinausging. Unter den gegebenen Umständen erschien es mir unpassend und geschmacklos.

9
    Es ist von Leuten, die Bertram Wooster näher kennen, zu Recht behauptet worden, er besitze erstaunliche Kraftreserven, die es ihm erlauben, in besonders widrigen Situationen über sich hinauszuwachsen. Fast immer behalte ich den Kopf oben und sehe der Gefahr unerschrocken ins drohende Auge. Aber ich muß unumwunden zugeben, daß ich diesmal, als ich der Bibliothek entgegenschritt, um mich meines schrecklichen Auftrags zu entledigen, die Hosen … na, Sie wissen schon. Meine Füße waren, wie man so sagt, bleischwer, als ich dahinschlapfte.
    Stiffy hatte das bevorstehende Rencontre mit einem Gang zum Zahnarzt verglichen, aber als ich mich meinem Reiseziel näherte, fühlte ich mich eher wie früher in der Schule, wenn ich genötigt war, den Direktor in seinem Arbeitszimmer aufzusuchen. Ich habe Ihnen ja schon erzählt, wie ich

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