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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Na, sonst würde ich sie ja auch nicht heiraten wollen?«
    Das schien ihm einzuleuchten. Er verfiel in ein dumpfes Brüten und stöhnte von Zeit zu Zeit leise. Mir fiel noch eine originelle Formulierung ein.
    »Sie verlieren ja Ihre Nichte nicht, sondern bekommen noch einen Neffen dazu.«
    »Aber ich will gar keinen Neffen haben, zum Donnerwetter!«
    Tja, wenn das so war …
    Er stand auf, wobei er etwas murmelte, das wie »Ogottogott« klang, ging zum Kamin und läutete mit kraftloser Hand. Dann setzte er sich wieder und stützte den Kopf in die Hände, bis der Butler sich präsentierte.
    »Butterfield«, sagte er mit matter, heiserer Stimme, »gehen Sie zu Miss Stephanie und sagen Sie ihr, daß ich sie sprechen möchte.«
    Danach trat eine Sendepause ein, die aber kürzer ausfiel als erwartet. Schon nach ungefähr einer Minute erschien Stiffy auf der Bildfläche. Vermutlich hatte sie irgendwo in der Nähe auf der Lauer gelegen und auf diese Vorladung gewartet. Strahlend kam sie hereingeschwappt.
    »Du hast mich rufen lassen, Onkel Watkyn? Ach, hallo, Bertie.«
    »Hallo.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß du hier bist. Hast du dich mit Onkel Watkyn nett unterhalten?«
    Der alte Bassett, der inzwischen wieder im Koma versunken war, hob den Kopf und gab einen Laut von sich, der wie das letzte Röcheln einer verendenden Ente klang.
    »Nett«, sagte er, »würde ich unsere Unterhaltung nicht gerade nennen!« Er fuhr sich mit der Zunge über die bleichen Lippen. »Mr. Wooster hat mir soeben mitgeteilt, daß er dich heiraten möchte.«
    Ich muß zugeben, daß die Vorstellung, die Stiffy nun gab, sehr überzeugend wirkte. Erst starrte sie ihn an. Dann starrte sie mich an. Dann faßte sie sich ans Herz. Ich glaube, sie brachte es sogar fertig zu erröten.
    »Aber Bertie!«.
    Der alte Bassett zerbrach den Bleistift. Das hatte ich kommen sehen.
    »Ach, Bertie, jetzt fühle ich mich aber sehr geschmeichelt!«
    »Geschmeichelt?« Ich glaubte, aus der Stimme des alten Bassett eine gewisse Fassungslosigkeit herauszuhören. »Sagtest du ›geschmeichelt‹?«
    »Na, das ist doch das schönste Kompliment, das ein Mann einer Frau machen kann. Keine Frage. Ich fühle mich wahnsinnig geehrt und … na ja, und so weiter. Aber Bertielein, es ist leider unmöglich. Tut mir sehr leid.«
    Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß es irgendwas geben könnte, das einem auch nur halb so schnell die Trübsal austreiben könnte wie Jeeves’ berühmte Muntermacher, aber diese Worte wirkten bei dem alten Bassett sogar noch prompter und belebender. Bis dahin hatte er kraftlos und zusammengesunken in seinem Sessel gehockt, ein völlig gebrochener Mann. Jetzt richtete er sich auf, seine Augen leuchteten, und um seine Lippen zuckte es. Man sah, daß er Hoffnung schöpfte.
    »Unmöglich? Willst du ihn denn nicht heiraten?«
    »Nein.«
    »Er hat es aber behauptet.«
    »Da muß er mich mit irgendwem verwechselt haben. Nein, Bertielein, es ist ausgeschlossen. Ich liebe nämlich einen anderen.«
    Der alte Bassett zuckte zusammen. »Was? Wen?«
    »Den wunderbarsten Mann von der Welt.«
    »Hat er auch einen Namen?«
    »Harold Pinker.«
    »Harold Pinker …? Pinker … Ich kenne nur einen Pinker, und der ist …«
    »Unser Kaplan. Richtig. Das ist er.«
    »Du liebst unsern Kaplan?«
    »Und wie!« sagte Stiffy und rollte dabei mit den Augen wie Tante Dahlia, als sie von den Segnungen der Erpressung sprach. »Wir sind schon seit Wochen heimlich verlobt.«
    Man sah es dem alten Bassett an, daß diese Mitteilung für ihn nicht unter der Überschrift »Frohe Botschaften« kam. Seine Stirn war gefurcht wie die eines Feinschmeckers, der sich in einem Drei-Sterne-Lokal über ein Dutzend Austern hermacht und gleich bei der ersten feststellt, daß sie ungenießbar ist. Stiffy hatte gute Menschenkenntnis bewiesen – falls man in diesem Fall von Menschenkenntnis sprechen kann –, als sie sagte, daß man dem Mann viele gute Worte würde geben müssen, bevor man mit der Neuigkeit herausrücken konnte. Es war offensichtlich, daß er die allgemein verbreitete Ansicht teilte, wonach ein Kaplan als Schwiegersohn kein Anlaß für ein Brillantfeuerwerk war.
    »Du hast doch diese Pfarrstelle zu vergeben, Onkel Watkyn. Wir dachten uns, wenn du sie Harold geben würdest, dann könnten wir gleich heiraten. Mal abgesehen davon, daß ihm das mehr Bares einbrächte, wäre es für ihn ein weiterer Schritt nach oben. Bisher waren Harold immer die Hände gebunden. Als Kaplan hat

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