Alter Adel rostet nicht
Sir.«
»Und ich schätze ihn nicht.«
»Nein, Sir. Das Entscheidende ist jedoch, daß er eine starke Abneigung gegen Sie hegt und infolgedessen einen schweren Schock erleiden würde, wenn Sie und Miss Byng sich verlobten und die feste Absicht äußerten, den Bund fürs Leben zu schließen.«
»Was denn! Sie wollen, daß ich hingehe und ihm sage, ich hätte es auf Stiffy abgesehen?«
»Ganz recht, Sir.«
Ich schüttelte ablehnend den Kopf.
»Das bringt doch nichts, Jeeves. Für einen Lacher wäre das sicher gut – zu sehen, was der alte Zausel für ein Gesicht macht, meine ich –, aber von praktischem Nutzen wäre es nicht.«
Auch Stiffy schien enttäuscht. Man merkte, daß sie sich mehr erhofft hatte.
»Mir kommt das ziemlich beknackt vor«, sagte sie. »Was hätten wir denn davon?«
»Gestatten Sie mir ein Wort der Erklärung, Miss. Mr. Wooster zufolge würde Sir Watkyns Reaktion recht heftig ausfallen.«
»Er würde an die Decke gehen.«
»Ganz recht, Miss. Ein sehr anschaulicher Ausdruck. Wenn Sie dann aber beteuerten, daß Mr. Woosters Behauptung nicht den Tatsachen entspreche, und hinzufügten, daß Sie in Wahrheit mit Mr. Pinker verlobt seien, wäre er meines Erachtens über diese Mitteilung so erleichtert, daß er Ihrer Verbindung mit diesem Gentleman wohlwollender gegenüberstünde.«
So einen lächerlichen Quatsch hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört, und ich ließ mir das auch anmerken.
Stiffy dagegen war hell begeistert und führte eine kleine Polka auf.
»Das ist ja fabelhaft, Jeeves!«
»Ich denke, dieses Vorgehen könnte sich als effektiv erweisen, Miss.«
»Natürlich wird es das! Es kann gar nicht schiefgehen. Du kannst dir ja denken, Bertie, Schätzchen, wie er schäumen würde, wenn du ihm sagtest, daß ich dich heiraten wollte. Danach könnte ich sogar sagen: ›Nein, keine Sorge, Onkel Watkyn. In Wirklichkeit will ich den Burschen heiraten, der uns jeden Morgen die Schuhe putzt‹, und er würde mich umarmen und versprechen, auf meiner Hochzeit zu tanzen. Aber wenn er erfährt, daß der wahre Auserwählte ein so prächtiger, liebenswerter, einmaliger Mann wie Harold ist, wird alles ein Kinderspiel sein. Jeeves, Sie sind wirklich ein Superstar!«
»Danke, Miss. Es freut mich, wenn Sie mit mir zufrieden sind.«
Ich erhob mich in der Absicht, diesem Treiben den Rücken zu kehren. Es stört mich nicht, wenn Leute in meiner Anwesenheit Blödsinn verzapfen, aber es sollte, bitte schön, kein blühender Blödsinn sein. Ich richtete das Wort an Stiffy, deren Polka immer hektischer geworden war, und schlug dabei einen barschen Ton an.
»Ich möchte jetzt das Notizbuch haben, Stiffy!«
Sie drehte gerade vor dem Kleiderschrank eine Pirouette. Dann machte sie eine kurze Pause.
»Ach so, das Notizbuch … Willst du’s haben?«
»Allerdings. Und zwar subito.«
»Ich geb’s dir, wenn du bei Onkel Watkyn warst.«
»So?«
»Ja. Nicht, daß ich kein Vertrauen zu dir hätte, Bertie, Schätzchen, aber ich wäre viel glücklicher, wenn ich wüßte, daß du weißt, daß ich es noch habe – und du möchtest doch, daß ich glücklich bin? So, und nun trudle mal los und nimm dir Onkel Watkyn vor. Dann sehen wir weiter.«
»Ich werde auch lostrudeln«, sagte ich eisig. »Aber mir Onkel Watkyn vornehmen – nein danke! Ich denke nicht daran.«
Sie machte große Augen.
»Aber Bertielein! Das klingt ja so, als wolltest du mir eine Absage erteilen.«
»So sollte es auch klingen.«
»Du wirst mich doch nicht im Stich lassen?«
»Und ob! Ich werde dich mit Pauken und Trompeten im Stich lassen.«
»Gefällt dir denn der Plan nicht?«
»Nein, kein Stück. Jeeves sagte gerade, es freue ihn, wenn du mit ihm zufrieden bist. Ich bin aber keineswegs zufrieden mit ihm. Meiner Ansicht nach ist die von ihm entwickelte Idee ein ausgemachter Schnokus, und ich muß mich wundern, daß sein Kopf so etwas mitmacht. Und nun, Stiffy, das Notizbuch, wenn ich bitten darf. Expreß!«
Sie schwieg einen Moment. »Ich hab’s ja geahnt«, sagte sie dann, »daß du so reagieren würdest.«
»Und nun weißt du’s mit Sicherheit«, erwiderte ich, nicht auf den Mund gefallen. »Das Notizbuch, wenn’s beliebt.«
»Pustekuchen!«
»Wie du willst. Dann gehe ich jetzt zu Stinker und öffne ihm die Augen.«
»Bitte sehr. Tu’s doch. Aber bevor du auch nur bis auf eine Meile an Harold herangekommen bist, werde ich in der Bibliothek sein und Onkel Watkyn die Augen öffnen.«
Sie warf den Kopf in
Weitere Kostenlose Bücher