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Alter Adel rostet nicht

Alter Adel rostet nicht

Titel: Alter Adel rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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man ja keine Entfaltungsmöglichkeiten. Aber wenn er erst seine eigene Pfarre hat, dann sollst du mal sehen! Für diesen Jungen ist kein Gipfel zu hoch, wenn er in die Hände spuckt und sich an den Aufstieg macht.«
    Sie bebte vor mädchenhafter Begeisterung, aber im Mienenspiel des alten Bassett zeigte sich keinerlei mädchenhafte Begeisterung. Na ja, das war natürlich auch nicht möglich, aber ich meine, es war keine zu sehen.
    »Lachhaft!«
    »Wieso?«
    »Ich denke nicht im Traum daran …«
    »Und warum nicht?«
    »Erstens bist du viel zu jung …«
    »Unsinn! Drei von den Mädchen, die mit mir auf der Schule waren, haben letztes Jahr geheiratet. Ich bin schon eine Oma im Vergleich zu einigen von diesen jungen Dingern, die man heutzutage zum Traualtar trippeln sieht.«
    Der alte Bassett schlug mit der Faust auf den Schreibtisch, wobei er zu meiner heimlichen Freude das Tintenfaß traf. Der physische Schmerz gab seinem Ton besonderen Nachdruck.
    »Das Ganze ist absurd und kommt gar nicht in Frage! Ich will nichts mehr davon hören.«
    »Aber was hast du nur gegen Harold?«
    »Ich habe, um deine Worte zu gebrauchen, nichts gegen ihn. Er scheint seine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und ist beliebt in der Gemeinde …«
    »Er ist ein Lämmchen!«
    »Zweifellos.«
    »Er hat in der Rugby-Nationalmannschaft gespielt.«
    »Schon möglich.«
    »Und im Tennis ist er unschlagbar.«
    »Mag ja sein. Aber das ist alles kein Grund, weshalb er meine Nichte heiraten sollte. Wieviel Geld bekommt er, abgesehen von seinem monatlichen Salär?«
    »Ungefähr fünfhundert Pfund im Jahr.«
    »Pah!«
    »Ich finde das gar nicht schlecht. Fünfhundert sind doch eine Menge Kies. Außerdem ist Geld nicht das Wichtigste.«
    »Aber es ist sehr wichtig.«
    »Also so denkst du darüber?«
    »Natürlich. Man muß realistisch sein.«
    »Schön. Dann werde ich auch realistisch sein. Wenn du willst, daß ich des Geldes wegen heirate, dann werde ich des Geldes wegen heiraten. Bertie, die Sache ist perfekt. Laß dir schon mal die Hochzeitshosen schneidern.«
    Ihre Worte riefen hervor, was man eine kleine Sensation nennt. Das »Wie war das?« des alten Bassett und mein »He! Moment mal!« kamen ungefähr zeitgleich heraus und kreuzten sich irgendwo in der Luft, wobei mein Schreckensschrei vermutlich mit ein paar mehr Atü herauskam als seiner. Ich war schlicht und einfach entsetzt. Aus Erfahrung wußte ich, daß junge Mädchen unberechenbar sind, und folglich schien es nicht ausgeschlossen, daß sie ihre furchtbare Drohung demonstrativ in die Tat umsetzen würde. Mit demonstrativen Akten kannte ich mich bestens aus. Letzten Sommer in Brinkley Court hatte es davon gewimmelt.
    »Bertie hat Geld wie Heu, und du sagst ja selbst, daß es ein Fehler wäre, sich die Woosterschen Millionen durch die Lappen gehen zu lassen. Bertie, mein Schatz, ich heirate dich natürlich nur, um dir einen Gefallen zu tun. Nie könnte ich dich so lieben wie meinen Harold. Aber da Onkel Watkyn eine so unüberwindliche Abneigung gegen ihn …«
    Der alte Bassett schlug noch einmal auf das Tintenfaß, aber diesmal schien er es gar nicht zu bemerken.
    »Mein liebes Kind, nun rede doch keinen Unsinn! Das ist ein Irrtum. Du hast mich völlig mißverstanden. Ich hege durchaus keine Abneigung gegen den jungen Pinker. Ich schätze ihn sogar sehr, und wenn du glaubst, daß du nur mit ihm glücklich werden kannst, dann bin ich der letzte, der dir im Weg stehen will. Heirate ihn nur. Die Alternative …«
    Mehr sagte er nicht, aber er sah mich vielsagend und mit einem Schauder an. Dann, als sei ihm mein Anblick unerträglich, wandte er sich ab, um mir gleich darauf noch einen kurzen, durchbohrenden Blick zuzuwerfen. Darauf schloß er die Augen und lehnte sich in seinem Sessel zurück, wobei er wie ein Walroß schnaufte. Da mich nun nichts mehr hielt, schlich ich auf sachten Socken hinaus. Als ich mich noch einmal umdrehte, sah ich, wie er ohne sonderliche Begeisterung die Umarmung seiner Nichte über sich ergehen ließ.
    Wenn man jemanden wie Sir Watkyn Bassett zum Onkel hat, sieht man als Nichte wahrscheinlich zu, daß man das mit der Umarmung möglichst fix hinter sich kriegt. Jedenfalls verging höchstens eine Minute, bevor Stiffy aus dem Zimmer kam und gleich wieder mit ihrer Polka anfing.
    »Ein toller Mann! Ein toller Mann! Ein toller Mann! Ein toller Mann! Ein toller Mann!« rief sie, wobei sie mit den Händen fuchtelte und alles in allem Gaudium und Ausgelassenheit

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