ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
heute Abend nicht mit uns gegessen. Nein, ich bin sicher, dass ihr etwas passiert ist!
» Wenn ich dich erwische«, sagte er und starrte auf das unbeholfene Gekrakel, »dann wird dir die Lust schon vergehen, dich an meinen Freunden zu vergreifen.«
Ihm blieb keine Wahl. Er musste sich damit abfinden, dass der Erpresser ihn in der Hand hatte. Ihn und Ambre. Ihr Leben hing von der Gnade eines gefährlichen jungen Pans ab. Matt musste ihm gehorchen.
Um Mitternacht auf dem Friedhof. Allein.
39. Grabsteine und schwarzer Mond
M att wartete, bis Tobias leise schnarchte. Dann stand er auf und zog seine Jeans, sein T-Shirt und nach kurzem Zögern auch seine schusssichere Weste aus Kevlar an, die er unter seinem Pullover und dem knielangen Mantel verbarg. Zuletzt schlüpfte er in seine Wanderschuhe und holte sein Schwert aus dem Schrank. Im Brief steht nichts davon, dass ich ohne Waffe kommen soll, oder? Seine Öllampe zündete er an, sobald er im Freien war. Da raschelte es plötzlich im Gebüsch, und eine große dunkle Gestalt sprang hervor. Matt trat hastig ein paar Schritte zurück, ehe er Plusch erkannte.
»Du hast mir vielleicht einen Schreck eingejagt!«
Als er sie streichelte, hechelte die Hündin selig.
»Ich würde dich zu gern mitnehmen, aber das geht leider nicht. Es ist zu gefährlich. Ich weiß nicht, was mich dort erwartet, und dieser Friedhof ist kein Ort für dich, glaub mir.«
Plusch schloss das Maul, stellte die Ohren auf und starrte ihn an.
»Du brauchst mich gar nicht so anzuschauen. Die Antwort lautet nein. Los, zisch ab. Geh wieder in dein Versteck. Nachts soll man nicht herumstreunen, nun mach schon!«
Die Hündin ließ den Kopf hängen und trottete widerwillig in den Wald.
Matt folgte dem Weg, der hinter dem Kraken und am vermeintlichen Spukhaus vorbeiführte. Wer wollte sich um Himmels willen mitten in der Nacht mit ihm auf dem Friedhof treffen? Dieser Jemand musste lebensmüde sein.
Seit der Begegnung mit Michael Carmichael hatte er immer wieder an die unheimliche Lichtung mit den riesigen Spinnennetzen und den gruseligen Gräbern gedacht. Dieser Teil der Insel wirkte ganz und gar nicht wie ein Täuschungsmanöver, um die Pans auf Distanz zu halten. Dort war es wirklich nicht geheuer. Er dachte an einen Fluch oder eine Verwünschung. War es möglich, dass der Impuls des Sturms auch die Erde, in der die Toten lagen, beeinflusst hatte?
Zu beiden Seiten des Wegs war der Wald undurchdringlich und schwarz. Ein leichter Wind fuhr durch die Baumwipfel, während eine klamme Kälte vom Fluss heraufzog. Matt hatte weder einen Schlachtplan noch die leiseste Spur, der er folgen konnte. Er wollte nur eins: Ambre retten. Selbst wenn er dafür kämpfen musste.
Nach einigen Minuten erkannte er die veränderten Pflanzen zu seiner Rechten wieder. Verkrüppelte Stämme, ausgetrocknetes Moos, sogar die Brombeeren waren pechschwarz. Matt blieb stehen und leuchtete in den Wald hinein. So weit er sehen konnte, wirkte alles wie abgestorben. Er atmete tief ein, um Mut zu schöpfen. Dann schob er die niedrigen Zweige auseinander, die wie Knochen knackten, wenn sie brachen, und schlug sich durch die schwarze Hölle. Als er den seiden schimmernden Schleier erreichte, machte er einen großen Bogen um ihn. Im schwachen Licht der Lampe waren die mumifizierten Kadaver der Nagetiere und Vögel noch unheimlicher als bei Tage. Schaudernd dachte er an Tobias’ Geschichte von den Spinnen, die das Innere eines Menschen mit Gift vollspritzten und ihn dann bei lebendigem Leib aussaugten. Schließlich durchschlug er eine Brombeerhecke mit seinem Schwert und trat auf den Friedhof.
Fünf große Mausoleen erhoben sich vor ihm. Ringsum standen etwa zehn Kreuze mit Aufschriften. Matt bemerkte, dass der Mond am Nachthimmel dunkelrot schimmerte, und glaubte sich zu erinnern, dass man in der Astrologie von einem schwarzen Mond sprach. In Fantasy-Filmen verwandelten sich die Werwölfe immer bei schwarzem Mond.
Ich sollte den Teufel besser nicht an die Wand malen , dachte er bitter.
Eine Weile wanderte er zwischen den Gräbern hindurch und fragte sich, was man von ihm wollte. Es musste bald Mitternacht sein. Milchige Nebelschwaden krochen vom Fluss heran. Wie ein lauerndes Tier schoben sie sich langsam aus dem Gestrüpp und waberten über den Friedhof. Matt lief weiter auf und ab, bis er plötzlich spürte, wie sich der Boden unter seinen Füßen regte.
Dutzende von Maden wanden sich auf der Erde und suchten eine weiche Stelle, in
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